Deutschlands Kirchen: Mehr Mut zu Europa

Die beiden großen Kirchen in Deutschland wünschen sich in einem am Donnerstag veröffentlichten ökumenischen Papier der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) und der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) mehr Miteinander in der EU.

„Der Mut zu europäischen Lösungen und der politische Wille, auch gegen Widerstände und Uneinigkeit für die gemeinsame Sache zu streiten, sind heute verpflichtender denn je.“ Die EU sei „mehr als die Summe ihrer Mitgliedsstaaten“, heißt es in der gemeinsamen Erklärung des DBK-Vorsitzenden Kardinal Reinhard Marx und des EKD-Ratsvorsitzenden Heinrich Bedford-Strohm.

Soziales Profil schärfen

„Eine engere Zusammenarbeit wäre in vielen Bereichen dringend geboten. So brauchen wir eine faire Handels-, eine solidarische Flüchtlings- und eine abgestimmte Außen- und Sicherheitspolitik“, schreiben die Spitzenvertreter. Gleichzeitig solle die EU ihr soziales Profil schärfen und den Bürgern besser vermitteln, „dass sie zur Verbesserung ihrer Lebensverhältnisse beiträgt“.

Marx und Bedford-Strohm äußerten sich mit Blick auf die Unterzeichnung der „Römischen Verträge“ vor 60 Jahren am 25. März 1957. Sie gelten als Keimzelle der EU. „Nur zwölf Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde hiermit die Grundlage für ein Zusammenwachsen Europas gelegt, das bis heute Frieden und Wohlstand für Europa garantiert und zu einem Symbol freiheitlichen Lebens in der Welt geworden ist“, betonen sie. Gerade Christen seien deswegen zu einem „tatkräftigen Bekenntnis“ zur EU aufgerufen.

Europa in tiefer Krise

Gleichzeitig räumen der Münchner Kardinal und der bayerische Landesbischof ein, dass das gemeinsame Projekt Europa sich derzeit in einer tiefen Krise befinde. Die Kirchen wollten zur „Überwindung innereuropäischer Gräben“ beitragen, so wie sie einen „wichtigen Beitrag“ bei der Überwindung der Grenzen im Jahr 1989 geleistet hätten.

In Erinnerung an den christlichen Hintergrund der europäischen Gründerväter Konrad Adenauer, Robert Schuman und Alcide De Gasperi appellieren Marx und Bedford-Strohm auch an die politisch Verantwortlichen, „die hieraus erwachsende besondere moralische Verantwortung Europas in der Welt wahrzunehmen“.

Europa darf sich „nicht selbst genügen“

Die Erklärung schließt mit den Worten: „Deshalb sind wir froh darüber, dass Europa ein Ort ist, an dem Menschen auf der Flucht vor Krieg und Verfolgung Schutz erfahren und wir treten dafür ein, dass es so bleibt.“ Auch in der Krise dürfe sich Europa nicht selbst genügen, „sondern muss für eine Entwicklung der ganzen Welt in Frieden und Gerechtigkeit Sorge tragen“.

Kardinal Marx hatte am Mittwoch in einem Interview mit der italienischen katholischen Presseagentur SIR betont, dass die Krise Europas auch eine Chance ist. Angesichts der zahlreichen Krisen der vergangenen Jahrzehnte habe man zwar zu oft davon gesprochen, dass solche Negativphasen auch eine Chance sein könnten, „aber in der aktuellen Situation Europas scheint dies tatsächlich zutreffend zu sein“, so der Kardinal. Europa müsse sich nun entscheiden, welche Richtung es einschlagen wolle, wie es zu den EU-Verträgen stehe, und wie es deren Vorgaben künftig verwirklichen wolle.

Marx, der gleichzeitig DBK-Vorsitzender und Vorsitzender der Kommission der Bischofskonferenzen der EU (COMECE) ist, warb für die EU. Sie sei der beste Rahmen um die wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen der Globalisierung zu meistern. Es sei gut, wenn die europäischen Staaten sich bewusst darüber seien, dass der gemeinsame Weg der beste sei. Aber es müsse auch konkret geprüft werden, ob die Staaten auch bereit seien, die Konsequenzen daraus zu ziehen.

religion.ORF.at/KAP/KNA

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