Russland: Verhandlung über Verbot von Jehovas Zeugen

Der Oberste Gerichtshof in Russland prüft ein Ansuchen der Regierung, die religiöse Gruppe Jehovas Zeugen zu verbieten und sie zu einer extremistischen Organisation zu erklären.

Das berichtete die BBC am Mittwoch. Das Justizministerium habe ihre Zentrale nahe St. Petersburg bereits auf eine Liste mit extremistischen Gruppen gesetzt. Das Ziel sei, sie ganz aufzulösen. Etwa acht Millionen Menschen gehören weltweit der auf dem Christentum basierenden Gemeinschaft an. In Russland leben 175.000 Anhänger von Jehovas Zeugen (auch als Zeugen Jehovas bekannt), mit 395 Zentren landesweit.

Mit Prozessbeginn am Mittwoch in Moskau reichten die Verteidiger der Gemeinschaft eine Gegenklage ein. Das Oberste Gericht solle ihre Mitglieder zu Opfern politischer Repression und das Vorgehen des Justizministeriums für rechtswidrig erklären. Der Fall wurde auf Donnerstag vertagt.

Vorwurf: Schüren von Hass

Das Ministerium argumentierte, dass die Aktivitäten von Jehovas Zeugen Russlands Extremismus-Bekämpfungsgesetz verletzten und dass ihre Broschüren Hass gegen andere Gruppen schüren würden. Zeugen-Vertreter Jaroslaw Siwulski sagte der BBC, dass die Bewegung nichts mit Extremismus zu tun habe. Er klagte, das Gericht höre nicht richtig auf ihre Argumente.

Taufzeremonie von Jehovas Zeugen in Minsk, Belarus

Reuters/Vasily Fedosenko

Taufzeremonie von Jehovas Zeugen in Minsk, Belarus

Jehovas Zeugen gingen aus der Internationalen Vereinigung „Ernster Bibelforscher“ hervor, die im ausgehenden 19. Jahrhundert in den USA von Charles Taze Russell gegründet wurde. Während der Zeit des Sowjet-Regimes waren sie für ungesetzlich erklärt worden, Tausende ihrer Mitglieder wurden nach Sibirien deportiert. Andere christliche Gruppen wurde ebenso verfolgt.

Als die Sowjetunion zusammenbrach, fand ein Wiederaufleben des Christentums in Russland statt, das Verbot von Jehovas Zeugen wurde 1991 aufgehoben. In letzter Zeit veränderte sich die öffentliche Haltung gegenüber der Gemeinschaft. 2004 etwa wurde eine Gruppe mit dem Vorwurf, Kinder rekrutiert zu haben und Gläubige von medizinischer Hilfe abgehalten zu haben, verboten.

„Repressive Kampagne“

Der Menschenrechtsverein Sova gab bekannt, dass eine „offizielle repressive Kampagne“ seit Jahren gegen die Gemeinschaft laufe; viele ihrer Mitglieder seien physischen angegriffen worden.

Jehovas Zeugen nehmen den Großteil der Bibel wörtlich und verweigern zum Beispiel die Annahme von Bluttransfusionen. In Österreich sind sie seit Mai 2009 eine gesetzlich anerkannte Religionsgemeinschaft.

religion.ORF.at

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