Papst: Flüchtlingszentren gleichen KZs

Papst Franziskus hat am Samstag in Rom die Aufnahmezentren für Flüchtlinge in Griechenland mit Konzentrationslagern verglichen. Das Internationale Auschwitz-Komitee (IAK) bezeichnete den Vergleich als legitim.

Mit Blick auf die sogenannten Hotspots, etwa auf der Insel Lesbos, sagte er: „Viele Flüchtlingslager sind Konzentrationslager - wegen der Menge an Menschen darin.“ Seine Worte fielen bei einer Zeremonie zum Gedenken an moderne christliche Märtyrer.

Auschwitz-Komitee: Vergleich legitim

Das IAK bezeichnete den Vergleich als legitim. „Ich halte das nicht für empörend“, sagte der Exekutiv-Vizepräsident des Zusammenschlusses von Überlebenden des KZ Auschwitz, Christoph Heubner, am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Papst Franziskus habe es in guter Absicht gesagt. „Er überzeichnet, um Herzen in Bewegung zu bringen. Das ist legitim.“

Papst Franziskus

APA/AP/Maurizio Brambatti

Papst Franziskus am Samstag bei einer Zeremonie zum Gedenken an moderne christliche Märtyrer

Franziskus habe ungewöhnlich emotional gewirkt, als er auf eine Christin zu sprechen kam, die wegen ihres Glaubens vor den Augen ihres muslimischen Ehemanns ermordet worden war, berichtete die Nachrichtenagentur AFP.

Emotionale Rede

Er habe den Mann der Toten im vergangenen Jahr beim Besuch eines Flüchtlingslagers auf der griechischen Insel Lesbos getroffen, sagte Franziskus, ohne die Herkunft des Mannes oder seiner Frau zu nennen. Der Flüchtling habe ihm berichtet, wie seiner Frau die Kehle durchgeschnitten worden sei, als sie sich geweigert habe, ihr Kreuz abzulegen, das sie um den Hals trug.

„Ich weiß nicht, was aus ihm geworden ist, ob er es aus seinem Konzentrationslager heraus geschafft hat“, sagte der Papst. An anderer Stelle während der Zeremonie in der römischen Bartholomäuskirche sprach der 80-jährige Papst von „diesen Konzentrationslagern - es gibt so viele, volle Konzentrationslager ... weil internationale Abkommen anscheinend wichtiger sind als Menschenrechte“.

Bei dem Gottesdienst sprach auch die Schwester des im vergangenen Jahr von Islamisten ermordeten französischen Priesters Jacques Hamel, Roselyne Hamel. Sie sei sicher, dass die Liebe ihres Bruders für die Menschheit sich sogar bis auf seine Mörder erstreckt hätte, sagte sie. Unter den Anwesenden war zudem Karl Schneider, Sohn von Paul Schneider, einem protestantischen Pfarrer, der im NS-Konzentrationslager Buchenwald ermordet wurde.

Lage angespannt

Die Lage in den griechischen Registrierzentren - die sogenannten Hotspots auf den Ägäis-Inseln - ist angespannt. Die meisten der knapp 14.000 Flüchtlinge und Migranten dort warten bereits seit vielen Monaten auf die Bearbeitung ihrer Asylanträge. Manche Lager sind heillos überfüllt, etwa der Hotspot auf Samos, wo für 1.800 Migranten nur 850 Plätze zur Verfügung stehen.

Immer wieder kommt es in den beengten Verhältnissen zu Auseinandersetzungen von Migranten untereinander oder mit der Polizei. Erst am Wochenende traten auf Lesbos zwölf syrische Flüchtlinge in den Hungerstreik; griechische Medien berichteten, die Betreffenden warteten bereits acht Monate auf einen Asylentscheid.

Flüchtlingspolitik „Selbstmord“

Hilfsorganisationen kritisieren, dass die Menschen auf Basis des Flüchtlingspaktes der EU mit der Türkei auf den Inseln eingekerkert würden. Die meisten Flüchtlinge wollen weiter nach Mitteleuropa reisen oder wenigstens zum griechischen Festland gelangen. Dort leben aktuell knapp 50.000 Flüchtlinge.

Papst Franziskus rügte auch grundsätzlich die Flüchtlingspolitik der Europäischen Union. Einwanderung sei im Interesse Europas, sagte er. Die Europäer bekämen immer weniger Kinder, schlössen aber zugleich die Türen für Migranten. „Das nennt sich Selbstmord“, sagte das Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche.

religion.ORF.at/dpa

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