Suu Kyi und Papst besiegeln Errichtung von Botschaften

Die myanmarische De-facto-Regierungschefin und Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi ist am Donnerstag von Papst Franziskus in Audienz empfangen worden.

Das Gespräch zwischen der 71-jährigen Politikerin und dem 80-jährigen Oberhaupt der katholischen Kirche dauerte laut anwesenden Journalisten gut 20 Minuten. Am Nachmittag wollte Suu Kyi mit Italiens Regierungschef Paolo Gentiloni zusammentreffen.

Aufnahme diplomatischer Beziehungen

Wie das Presseamt des Heiligen Stuhls im Anschluss an die Begegnung mitteilte, wollten der Vatikan und Myanmar die wechselseitige Freundschaft der Länder stärken. Beiden Seiten hätten der Aufnahme diplomatischer Beziehungen auf Ebene einer Apostolischen Nuntiatur sowie auch einer Vertretung Myanmars im Vatikan zugestimmt.

Myanmars Regierungschefin Aung San Suu Kyi bei Papst Franziskus

APA/AFP/Tony Gentile

Aufbau diplomatischer Beziehungen: Myanmars Regierungschefin Aung San Suu Kyi bei Papst Franziskus

Suu Kyi brachte dem Papst als Gastgeschenk eine traditionelle myanmarische Alabaster-Arbeit mit. Franziskus revanchierte sich mit einer Medaille, die einen aufblühenden Dornstrauch zeigt, und mit seinen drei Lehrschreiben „Amoris laetitia“, „Evangelii gaudium“ und „Laudato si“.

Bürgerkrieg dauert an

Die politische Beendigung des seit rund 70 Jahren andauernden Bürgerkrieges ist das ehrgeizigste Ziel der Regierung von Aung San Suu Kyi. Die Friedensnobelpreisträgerin ist jedoch bisher bei dem Versuch gescheitert, den Konflikt zu beenden. Seit mehr als sieben Jahrzehnten wird das Land von bewaffneten Konflikten zwischen der Armee und ethnischen Minderheiten gepeinigt. Und auch ein Jahr nach der Ämterübernahme Suu Kyis ist Myanmar von Frieden weiter entfernt denn je.

Kardinal zieht ernüchternde Bilanz

Kardinal Charles Bo, Erzbischof von Rangun, hatte zuletzt in einer Osterbotschaft eine ernüchternde Bilanz über die Fortschritte in Myanmar seit dem Ende der Militärjunta gezogen. Vieles habe sich in den vergangenen fünf Jahren zum Besseren gewendet, sagte Kardinal Bo, „aber die Botschaft der Auferstehung hat noch nicht alle erreicht. Da sind der Krieg, die Konflikte und Vertreibungen in den Teilstaaten Kachin und Rakhine. Es gibt Tausende Flüchtlinge.“

Mit zwei Monaten Verspätung soll es Ende Mai wieder eine Friedenskonferenz geben. Regierung und Armee hätten sich zusammen mit den acht ethnischen Unterzeichnergruppen auf den 24. Mai als Beginn für die auf fünf Tage angesetzte Konferenz geeinigt. Auf der Konferenz sollen Grundlagen für eine Friedenspolitik sowie für den politischen Dialog mit den elf ethnischen Armeen gelegt werden, die bisher ihre Unterschrift unter das Nationale Waffenstillstandsabkommen (NCA) verweigern.

Armeeoffensive gegen Rohingya

Der vorherige Versuch zu einer Einigung war kurzfristig abgesagt worden. Grund war das Beharren aller Parteien auf Maximalpositionen, die Kämpfe zwischen ethnischen Milizen und der Armee in Kachin und Teilen des Shan Staates, die Armeeoffensive gegen die muslimische Minderheit der Rohingya in Rakhine und der Streit über die Integration der Milizen, die nicht das Waffenstillstandsabkommen unterschrieben haben.

Aung San Suu Kyi war Franziskus bereits in den ersten Monaten von dessen Amtszeit - im Oktober 2013 - begegnet, als sie noch Galionsfigur der Opposition war. Die Friedensnobelpreisträgerin suchte damals in Europa nach Unterstützern für eine neue Verfassung ihres Landes. Schon damals würdigte der Papst nach Vatikan-Angaben Suu Kyis Einsatz für Demokratie und Frieden.

Erhebliche Erweiterung der Beziehungen

Die nunmehrige Vereinbarung der Aufnahme des Botschafteraustauschs zwischen Myanmar und dem Vatikan stellt eine erhebliche Erweiterung der diplomatischen Beziehungen dar: Bisher vertrat der Vatikan seine Interessen dem ostasiatischen Land sowie auch im benachbarten Laos durch einen Apostolischen Delegaten mit Sitz in Thailand, der auch für Kambodscha zuständig war. Der südkoreanische Erzbischof Paul Tschang In-Nam bekleidet derzeit diesen Posten.

religion.ORF.at/KAP