Kardinal Müller: „Werde weiter Glauben verkünden“

„Ich werde weiter den Glauben verkünden und für seine Wahrheit eintreten, sei es gelegen oder ungelegen“, sagte Ludwig Müller, dessen Amtszeit als Präfekt der Glaubenskongregation von Papst Franziskus nicht verlängert wird.

Einen Tag nach Bekanntwerden seines Ausscheidens als Präfekt der Glaubenskongregation im Vatikan zelebrierte der deutsche Kardinal Gerhard Ludwig Müller ein Pontifikalamt im Mainzer Dom. Es habe keine Auseinandersetzung mit dem Papst gegeben, das Verhältnis sei gut, sagte Müller nach dem Gottesdienst am Sonntag.

Der Papst habe ihm die Entscheidung am Freitag mitgeteilt. „Eine neue Aufgabe ist noch nicht bestimmt“, sagte Müller. Er sei aber auch nicht nach Rom gegangen, um in der Kurie Karriere zu machen, sondern für die Glaubenskongregation, erklärte Müller. „Rom bleibt mein Standort. An Arbeit wird es nicht mangeln, ich werde weiter den Glauben verkünden und für seine Wahrheit eintreten, sei es gelegen oder ungelegen“, sagte Müller.

Kardinal Ludwig Müller

APA/dpa/Armin Weigel

Kardinal Ludwig Müller

Unterschiedliche Ansichten

Am Samstag hatte der Vatikan bekanntgegeben, dass die Amtszeit Müllers als Präfekt der Glaubenskongregation in Rom nach fünf Jahren endet und nicht verlängert wird. Gründe wurden nicht genannt. Allerdings war bekannt, dass Franziskus und Müller nicht immer auf gleicher Linie lagen.

Müller gehörte der Glaubenskongregation seit 2007 an. 2012 wurde er von Papst Benedikt XVI., Franziskus’ Vorgänger, an deren Spitze berufen. Vor der Berufung an den Heiligen Stuhl war Müller zehn Jahre lang Bischof von Regensburg. Nachfolger Müllers wird der bisherige Sekretär der Kongregation, der spanische Erzbischof Luis Francisco Ladaria Ferrer. Der 73-Jährige ist wie Papst Franziskus Jesuit.

Konservativer Kritiker

Während Müller als konservativer Hardliner gilt, der grundlegende Reformen in der katholischen Kirche ablehnt, wird Ladaria im Vatikan als „gemäßigter Konservativer“ bezeichnet. Der Spanier ist schon seit einigen Jahren so etwas wie die „rechte Hand“ von Papst Franziskus.

Papst Franziskus hatte Müller am Freitag getroffen, um ihm die Entscheidung persönlich mitzuteilen. Der Papst habe beschlossen, ab sofort nur noch Amtszeiten von fünf Jahren zuzulassen, sagte Müller der Mainzer „Allgemeinen Zeitung“. „Ich war der Erste, bei dem er das umgesetzt hat.“ Müllers letzter Arbeitstag war der Samstag.

Der 69 Jahre alte deutsche Kardinal gilt als führender Kritiker des Papst-Schreibens über Familie und Liebe, „Amoris Laetitia“. Darin hatte der Pontifex 2016 angeregt, dass es geschiedenen und wiederverheirateten Menschen unter gewissen Umständen erlaubt sein soll, an der Kommunion teilzunehmen.

Zeitung: „War kein Gesprächspartner“

Die italienische Zeitung „Corriere della Sera“ schreibt am Montag dazu: „Es wird sich zeigen, ob Franziskus von jetzt an wirklich (wie von Müller behauptet) alle fünf Jahre die Chefs der Kongregationen austauscht: Es scheint ein wenig glaubwürdiger Vorschlag. Im Vatikan heißt es, der Papst wollte dem Kardinal andere Ämter unterbreiten. Aber es sieht so aus, als ob Müller ihm nicht mal zuhören wollte. Auch eine Rückkehr als Bischof einer Diözese nach Deutschland war undenkbar. (...)“

" (...) Mit dem Wechsel von Müller zu dem Spanier Ladaria wird es Neuigkeiten geben, aber keine sofortigen und lärmenden. Ladaria ist eine sehr zurückhaltende Person und so wird er auch in seiner neuen Rolle sein. Aber in ihm hat Franziskus einen Gesprächspartner, während Müller das für ihn nicht war."

Plattform: Möglichkeit zur Neuorientierung

Für die deutsche Kirchenvolksbewegung „Wir sind Kirche“ bedeutet ein Wechsel in der Glaubenskongregation „die wertvolle Möglichkeit einer Neuorientierung“. "Kardinal Müller hat sich immer wieder durch seine Belehrungen und Interpretationen des Papstamtes, zuletzt in seinem Buch „Der Papst", zum Lehrmeister über den Papst erhoben“, hieß es in einer in München verbreiteten Mitteilung. Doch auch die theologischen Auffassungen seien zu unterschiedlich gewesen. Als wichtigen Aufgabenbereich, für den der Glaubenspräfekt zuständig ist, nannte die Bewegung die Verfolgung sexueller Gewalt durch Priester.

Im März hatte eines der Missbrauchsopfer katholischer Geistlicher, Marie Collins, Müllers Kongregation beschuldigt, sich der Arbeit der päpstlichen Kommission zum Schutz von Kindern zu widersetzen. Dieses „beschämende“ Verhalten sei der Grund, warum sie die Kommission verlassen habe, sagte die Irin damals dem Jesuiten-Magazin „America“. Müller hatte Ende Februar den Vorwurf systematischer Vertuschung von Kindesmissbrauch in der katholischen Kirche zurückgewiesen.

Vorwurf der Vertuschung

Dem Vatikan und der katholischen Kirche wird immer noch vorgeworfen, nicht hart genug gegen Kindesmissbrauch vorzugehen und teils pädophile Geistliche zu decken. Zur Amtszeit von Franziskus’ Vorgänger Benedikt XVI. war herausgekommen, dass katholische Geistliche weltweit über Jahrzehnte unzählige Kinder missbraucht oder misshandelt hatten und die Fälle unter den Teppich gekehrt wurden.

Erst am Donnerstag hatte der australische Kardinal Pell nach Kindesmissbrauchs-Vorwürfen sein Amt vorübergehend niedergelegt und sich beurlauben lassen. Er wolle in seiner Heimat seine Unschuld beweisen, hatte der 76-Jährige gesagt - mehr dazu in Missbrauchsvorwürfe: Kardinal Pell legt Amt nieder.

religion.ORF.at/dpa/APA

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