Ägypten: Kirchen sagen Aktivitäten wegen Terror ab

Angesichts der prekären Sicherheitslage haben Ägyptens christliche Kirchen beschlossen, ihre Sommeraktivitäten im Juli abzusagen. Erst vor wenigen Tagen hatte es noch Warnungen gegeben, es könne neuerlich zu Angriffen auf christliche Kirchen kommen.

In Alexandria attackierte am Samstag ein Angreifer einen Sicherheitsmann vor einer koptischen Kirche mit einem Messer. Die Kirche war bereits im Jänner 2011 Ziel eines schweren Terroranschlages mit vielen Toten und Verletzten geworden.

Der Wachmann der Al-Qiddissine-Kirche in Alexandria hatte am Samstag laut Medienberichten die Tasche des 24-jährigen Muslimen kontrollieren wollen, der in die Kirche hineingehen wollte. Der Mann stach ihm daraufhin laut Medienberichten in den Nacken, dem Wachposten gelang es allerdings, den Angreifer zu überwältigen.

Versammlungen abgesagt

Der koptische-katholische Papst Patriarch Tawadros II. hatte daraufhin alle Versammlungen auf öffentlichen Plätzen vor Kirchen und Klöstern sowie Konferenzen und öffentliche Kundgebungen abgesagt, wie Radio Vatikan am Montag berichtete.

Koptenpapst Tawadros II.

APA/AP/Amr Nabil

Papst Patriarch Tawadros II. sagte die Sommeraktivitäten der Kirche vorerst ab

Jugendliche gefährdet

Die Tatsache, dass aus Sicherheitsbedenken kirchliche Sommeraktivitäten abgesagt worden seien, gehe vor allem zu Lasten der kirchlichen Jugendarbeit, sagte der koptisch-katholische emeritierte Bischof von Gizeh, Antonios Aziz Mina. Denn wenn Schulen und Universitäten geschlossen seien, versammelten sich die jungen Menschen normalerweise zu Freizeitaktivitäten, die etwa von Kirchen organisiert werden.

Diese Programme seien jetzt wegen terroristischer Bedrohungslage ausgesetzt worden: „Wenn die Leute derartige Tätigkeiten organisieren, dann nutzen sie alle Kommunikationsmittel, die sie zur Verfügung haben: sie rufen sich gegenseitig an, schreiben sich auf Facebook, um zu organisieren, Zeiten auszumachen, die Namen der Teilnehmer auszutauschen. Und so liefern sie unfreiwillig auch denjenigen, die ein Attentat gegen sie vorbereiten wollen, Informationen.“

Angriffe auch auf Touristen verschärfen Lage

Neben den gezielten Angriffen auf koptische Kirchen sorgen auch Angriffe auf Touristen in Ägypten für Sorge. Der Anschlag auf den Wachmann vor der Kirche in Alexandria ereignete sich nur wenige Tage nach dem Angriff auf Touristen am Strand von Hurgada, dem zwei deutsche Frauen zum Opfer fielen. Vier weitere Touristen wurden durch die Messerstiche verletzt, mit denen ein junger Mann, der schwimmend von einem Nachbarstrand aus das Touristenzentrum erreicht hatte, offensichtlich Ausländer treffen wollte.

Trauerfeier um beim Anschlag auf Kirchen am Palmsonntag getötete Kopten in Alexandria, Ägypten

APA/AP/Samer Abdallah

Trauerfeier um beim Anschlag auf Kirchen am Palmsonntag getötete Kopten

Auch am Palmsonntag hatte ein schwerer Doppelanschlag die koptische Gemeinschaft erschüttert: Islamisten verübten Sprengstoffattentate auf die Markus-Kathedrale von Alexandria und die Georgs-Kirche von Tanta. Im Mai waren 29 christliche Pilger in einem Bus von Terroristen des Islamischen Staates getötet worden.

Derartige Anschläge verfolgten ein klares Ziel, erklärte im „Radio Vatikan“-Interview der koptisch-katholische emeritierte Bischof von Gizeh, Antonios Aziz Mina: „Es handelt sich hierbei um eine Aktion, die Teil einer Kampagne ist, die Wirtschaft Ägyptens zu zerstören, das Land zu destabilisieren, Unsicherheit zu schüren und den Frieden zu stören.“

Bischof warnt vor Generalverdacht

Verantwortlich für die Anschläge sieht Bischof Mina Sympathisanten der Dschihadisten des Islamischen Staates (IS). Was allerdings nicht heiße, dass alle Muslime mit der Gewalt einverstanden seien, so Mina weiter.

Der Bischof warnte vor einem Generalverdacht und pauschalen Verurteilungen: „Die Mehrheit der Muslime ist friedlich, aber es genügen ein, zwei Prozent, um die Ruhe und den Frieden in der ganzen Welt zu stören, nicht nur in Ägypten. Die Terroristen können schwache, verzweifelte und ignorante Menschen beeinflussen, aber auch Menschen, die davon überzeugt sind, mit diesen Taten Gott zu dienen.“

religion.ORF.at/KAP

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