Kirchenglocken läuten gegen Hunger in Ostafrika

Um auf das Schicksal von Millionen Menschen in Ostafrika, die vom Hungertod bedroht sind, aufmerksam zu machen, werden in einer österreichweiten Aktion am Freitag um Punkt 15.00 Uhr die Kirchenglocken für fünf Minuten läuten.

Es sei eine „außergewöhnliche Aktion für eine außergewöhnliche Situation“, so die Caritas am Donnerstag. 22,9 Millionen Menschen in Ostafrika sind auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen, besonders betroffen sind die Länder Äthiopien, Kenia, Somalia, Sudan, Uganda, Burundi und Dschibuti. Mit der Aktion - ein gemeinsamer Beschluss mit der Österreichischen Bischofskonferenz - soll ein Zeichen gegen den Hunger gesetzt werden.

Lebensstil kritisch hinterfragen

Es solle Menschen dazu bewegen, „innezuhalten, an die Menschen in Afrika zu denken und vielleicht den eigenen Lebensstil kritisch zu hinterfragen“, erklärte Caritas-Präsident Michael Landau vor Journalisten. Zwischen 2.000 und 3.000 römisch-katholische Pfarren werden sich laut Landau an der Aktion beteiligen. Mit dem „Kirchenglocken gegen den Hunger“-Projekt läutet die Caritas gleichzeitig ihre traditionelle Augustsammlung ein.

„Skandal an die große Glocke hängen“

Weltweit stirbt alle zehn Sekunden ein Kind an Hunger. „Wir müssen diesen Skandal an die große Glocke hängen“, so Landau. Denn eigentlich sei der Kontinent Afrika fähig, sich selbst zu ernähren. Durch falsche Handelspolitik des Westens, Klimawandel und kriegerische Auseinandersetzungen sei dies aber in vielen Teilen, vor allem in Subsahara-Afrika, nicht möglich, betonten Landau und Caritas-Generalsekretär Christoph Schweifer.

Spendenhinweis

Caritas-Spendenkonto: BAWAG P.S.K.: IBAN AT92 6000 0000 0770 0004; BIC: BAWAATWW; Kennwort: Hungerhilfe

Schweifer führte aus, „was Hunger für den konkreten Menschen bedeutet“. „Wir alle kennen Hunger, aber wir kennen den Hunger kurz vor dem Mittagessen“, so der Generalsekretär. Hunger habe irreversible negative Auswirkungen auf die körperliche und geistige Entwicklung von Kindern: Chronisch unterernährte Kinder seien zu klein für ihr Alter, die Gehirnentwicklung sei gehemmt, Lernschwierigkeiten und Entwicklungsstörungen seien die Folge.

„Gespenstische Stille“

Eine kleine Schale Maisbrei am Tag oder noch seltener muss nach Schweifer für viele der betroffenen Kinder und Erwachsenen ausreichen. Das führt dazu, dass in den Dörfern, die nichts zu essen haben - oftmals ist selbst die nächste Wasserstelle bis zu 50 Kilometer entfernt - eine „gespenstische Stille“ herrsche. Die Hungernden hätten „keine Kraft mehr für die alltäglichen Dinge“, so Schweifer.

Trockenheit in Afrika: Skelett einer Ziege auf ausgetrocknetem Boden nahe Bandar Beyla, Somalia

APA/AP/Ben Curtis

Starke Dürreperioden suchen Ostafrika heim

„Wir sind das viertreichste Land der Welt und spielen in der Regionalliga“, mahnte er. Österreich verwende jährlich 20 Millionen Euro für humanitäre Hilfe, rechnete er vor. Zum Vergleich: In Finnland sind es 60 bis 70, in Schweden 409 Millionen Euro. An dieser Stelle dankte Präsident Landau Außenminister Sebastian Kurz für die Aufstockung des Auslandskatastrophenfonds.

Klimawandel, Kriege, Handelspolitik Ursachen

Eigentlich sei der Kontinent Afrika fähig, sich selbst zu ernähren. Durch falsche Handelspolitik des Westens, Klimawandel und kriegerische Auseinandersetzungen sei dies aber in vielen Teilen, vor allem in Subsahara-Afrika, nicht möglich, betonten Landau und Schweifer.

Bei der Pressekonferenz war außerdem Wolfgang Wagner vom Institut für Geodäsie und Geoinformation der Technischen Universität (TU) Wien anwesend. Geodäsie ist die Wissenschaft von der Ausmessung und Abbildung der Erdoberfläche. Wie Wagner ausführte, suchte die letzte Dürre Afrika erst zwischen 2015 und 2016 heim. Bewohner der betroffenen afrikanischen Dörfer berichten, dass so starke Dürreperioden, wie sie aktuell herrschen, früher maximal einmal in jeder Generation stattgefunden haben, später etwa alle sieben Jahre. Inzwischen sei Afrika in Drei- bis Fünfjahresintervallen davon betroffen.

Regenzeiten fast ausgeblieben

Besonders schwer heimgesucht werde aktuell Kenia. Im Norden des Landes gebe es normalerweise jährlich zwei Regenzeiten. „Im vergangenen Jahr sind laut unseren Satellitendaten beide Regenzeiten fast ausgeblieben“, so der Professor. Laut ihm ist es nicht möglich, eine wissenschaftlich eindeutige Ursache für die derzeitige Dürre in Kenia anzugeben.

Zwar habe der Klimawandel dazu geführt, dass die weltweite Durchschnittstemperatur in den letzten Jahrzehnten um etwa ein Grad Celsius gestiegen sei, wodurch die afrikanische Erde stärker austrockne, es seien aber auch die Wetterphänomene „El Nino“ und „La Nina“ einzubeziehen. Zusätzlich spielten noch nicht klar bestimmbare andere Faktoren eine Rolle.

„Es ist ein Aufruf zum gemeinsamen Handeln, über den kirchlichen Rahmen hinaus“, sagte Landau. Er hoffe, „dass es die Menschen wachrüttelt und jene, die sich bereits engagieren, ermutigt“. In Österreich gibt es rund katholische 3.000 Pfarrgemeinden, alle sind zur aktiven Teilnahme aufgerufen. Es ist die erste Aktion dieser Art in Österreich. 15.00 Uhr ist auch die Todesstunde Jesu.

religion.ORF.at/APA/KAP

Mehr dazu:

Link: