Buch von kirchlichem Missbrauchsopfer erschienen

Mit einem Vorwort von Papst Franziskus ist am Donnerstag die deutsche Ausgabe des Lebensberichts von Daniel Pittet erschienen. Der Autor beschreibt darin, wie ihn ein katholischer Priester und Kapuzinerpater über vier Jahre hinweg vergewaltigte.

In dem buch mit dem deutschen Titel „Pater, ich vergebe Euch! Missbraucht, aber nicht zerbrochen“ beschreibt Pittet, wie der damalige Jugendpfarrer den aus dem schweizerischen Fribourg stammenden Buben von 1968 bis 1972 auf brutalste Weise missbrauchte und die Missbrauchstaten fotografierte. In dem Buch kommt auch der Täter in einem Interview aus dem Jahr 2016 zu Wort.

Obwohl der Pater jahrelang auch andere Kinder missbrauchte, begann erst in den 1990er Jahren eine Aufarbeitung. Nach schweizerischen Medienberichten wurden Anklagen gegen den Priester wegen Verjährung fallengelassen. Insgesamt habe er mehr als 20 Kinder missbraucht, wurde berichtet.

Der Schweizer Autor Daniel Pittet, der den  jahrelangen Missbrauch durch einen Kapuzinerpater in einem Buch verarbeitet hat

APA/AFP/Bertrand Guay

Autor Daniel Pittet

Späte Entlassung aus Klerikerstand

2012 wurde der Pater in einem weiteren Verfahren zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Erst nach der Veröffentlichung von Pittets Buch wurde der Mann in diesem Jahr aus dem Klerikerstand und dem Kapuzinerorden entlassen. Er ist heute 77 Jahre alt.

Im Vorwort des Buches, das zuvor auch auf Französisch und Italienisch erschienen ist, bittet Papst Franziskus die Opfer von Missbrauch durch katholische Priester um Vergebung. Zugleich kündigt er an, hart gegen Missbrauch und dessen Vertuschung vorzugehen. Dies gelte auch für Bischöfe oder Kardinäle, „wenn sie diese Priester - wie es in der Vergangenheit wiederholt geschehen ist - unter ihren Schutz gestellt haben“. Missbrauch sei eine „absolute Ungeheuerlichkeit und schreckliche Sünde“, so der Papst.

Systematischer Missbrauch

Pittet beschreibt, wie der pädophile und sexsüchtige Pfarrer ihn systematisch missbrauchte: Auf der Schultoilette, im Ferienlager, im Kloster oder im Elternhaus des Paters. Das Umfeld im Kloster, aber auch seine eigene Familie habe weggeschaut, so Pittet. Erst nach einer mehr als 15 Jahre dauernden Therapie sei er in der Lage gewesen, über die Taten zu sprechen. Inzwischen habe er dem Pater „vergeben“, was aber nicht bedeute, dass das Leid überwunden wäre.

Pittet berichtet auch, wie er trotz allem seinen Glauben nicht verloren habe. Erschreibt von seinem Kampf ums Überleben, um die Anerkennung durch die Kirche sowie von seiner Suche nach einem Leben im Glauben. „Nach einer Vergewaltigung fühlt man sich immer zutiefst beschmutzt. Es bleibt eine unauslöschliche Spur zurück. Für immer“, so Pittet. Inzwischen sei es ihm jedoch gelungen, sich endgültig von dem Missbrauch und dem Täter „zu befreien“.

Durch Vergebung nicht mehr vom Täter abhängig

Wörtlich schreibt er: „Die Vergebung hat nichts mit der menschlichen Justiz zu tun und auch nicht mit der Entschuldigung, die das Problem verkennt. Die Vergebung heilt weder die Wunde noch löscht sie das zugefügte Leid aus. Mit dieser Vergebung fühle ich mich nicht mehr an ihn gebunden, ich bin nicht mehr von ihm abhängig. Ihm zu vergeben, hat es mir ermöglicht, die Ketten zu sprengen, die mich an ihn fesselten und die mich daran gehindert hätten zu leben.“

Pittet arbeitet heute in Fribourg als Bibliothekar und ist Vater von sechs Kindern. Das Buch „Pater, ich vergebe Euch! Missbraucht, aber nicht zerbrochen“ ist im Herder-Verlag erschienen.

religion.ORF.at/KAP/KNA

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