Hospiz in Jerusalem: Schönborn stellt Anspruch klar

Der Wiener Erzbischof Kardinal Christoph Schönborn hat auf einen aktuellen ungarischen Regierungsbeschluss bezüglich möglicher Ansprüche Ungarns auf das Österreichische Hospiz in Jerusalem reagiert.

„Seit 1895 hat der Erzbischof von Wien kraft Entscheidung des Heiligen Stuhles die alleinigen Eigentumsrechte und somit die Verantwortung für das Österreichische Hospiz in Jerusalem“, so Schönborn am Mittwoch in einer Stellungnahme. Demnach soll eine von der Regierung eingesetzte Kommission die Rolle des ungarischen Staates in Zusammenhang mit dem Österreichischen Hospiz zur Heiligen Familie und die Möglichkeit eines Eigentumserwerbs der Immobilie zugunsten des ungarischen Staates prüfen, wie Kathpress berichtete. „Dieser Regierungsbeschluss ist einseitig erfolgt und nicht mit dem Erzbischof von Wien akkordiert“, so Schönborn.

Das Österreichische Hospiz in Jerusalem, Außenansicht

Fotolia/wemm

Das Österreichische Hospiz in Jerusalem

„Wichtigste Institution im Heiligen Land“

Das Pilgerhospiz sei „die wichtigste Institution der katholischen Kirche in Österreich für heimische Pilger im Heiligen Land“, das „ein offenes Haus für alle Pilger“ sei. Dazu zähle die seit der Wende steigende Zahl von Pilgern aus dem Raum der ehemaligen Habsburgermonarchie. „Sie finden dort eine geistliche Heimat und beleben diese einzigartige Institution im Herzen der Jerusalemer Altstadt“, so der Kardinal, der deswegen festhält, dass es „bereits Gespräche des Wiener Erzbischofs mit ungarischen Bischöfen über eine verstärkte Zusammenarbeit zum Wohl der Pilger“ gebe.

Hospiz-Rektor weist ungarische Ansprüche zurück

Markus Bugnyar, Rektor des Hospizes, nahm in einem Interview in der deutschen „Tagespost“ zu dem Ansinnen Ungarns Stellung. Auch er wies darauf hin, dass die alleinige Verantwortung und Eigentümerschaft seit 1895 beim Erzbischof von Wien liegt. Seit Beginn dieses Jahres gebe es allerdings Gespräche über einen Beitrag Ungarns zum aktuellen Bauprojekt der Errichtung der Casa Austria auf dem Grundstück des Hospizes, so Bugnyar, aber „nicht auf dem Hintergrund etwaiger historischer Rechtsansprüche auf Eigentumsanteile, sondern auf Basis einer freundschaftlichen Kooperation, die auf gemeinsame Zukunft ausgerichtet ist, ohne deshalb die gemeinsame Vergangenheit leugnen zu wollen“.

Kooperationspartner wäre Kirche

Die ungarische Regierung habe vor einiger Zeit ein Staatssekretariat zum Schutz der Christen im Nahen Osten eingerichtet. Bugnyar: „Ein ausgesprochen löbliches und einzigartiges Anliegen!“ Dieses Ressort würde sich gegebenenfalls mit einer finanziellen Zuwendung an die ungarische Kirche an einem gemeinsamen Bausteinprojekt zur Instandhaltung des Österreichischen Hospizes beteiligen, so der Rektor. Freilich: „Unser erster Kooperationspartner auf ungarischer Seite wäre immer die Kirche des Landes.“ Über den aktuellen Beschluss der ungarischen Regierung habe er hingegen nur aus dem Amtsblatt der ungarischen Kirche erfahren.

Einzigartige Gründungsgeschichte

Zur Frage, wer Träger und Eigentümer des Österreichischen Hospizes ist, wies Bugnyar darauf hin, dass das Hospiz als gemeinsames Projekt Kaiser Franz Josephs I. und des Wiener Erzbischofs Joseph Othmar Rauscher eine einzigartige Gründungsgeschichte vorweise. Bugnyar: „Aus unserem Hausarchiv geht eindeutig hervor, dass seit 1895 die alleinige Verantwortung und Eigentümerschaft beim jeweiligen Erzbischof von Wien liegt.“ Es stimme allerdings, dass einige Detailfragen noch im Dunkel mancher Archive ruhen könnten, „auf die wir bislang keinen Zugriff hatten“, räumte der Rektor ein.

Kardinal Christoph Schönborn am 8. November 2007 vor der Mariazeller Marienstatue im Österreichischen Hospiz in Jerusalem

APA/Roland Schlager

Kardinal Christoph Schönborn am 8. November 2007 vor der Mariazeller Marienstatue im Hospiz in Jerusalem

1895 habe der Heilige Stuhl in einem Streit zwischen dem Generalkommissariat der Franziskaner für das Heilige Land, das in Österreich eine Sonderstellung in der Monarchie genoss, und dem Erzbischof von Wien entschieden, dass das Hospiz dem Erzbischof alleine zugesprochen wird, dafür würden die Franziskaner bei der Verteilung der Kollekten für das Heilige Land im Gebiet der Monarchie bevorzugt.

„Getrübte“ Rechtslage

In seinen Amtsgeschäften bezüglich des Hospizes habe der Erzbischof von Wien zudem immer Rücksprache mit der österreichischen Bischofskonferenz gehalten. Allerdings sei hier bis 1918 auch Böhmen und Mähren mitgemeint gewesen. Gelder und Personal gelangten sogar noch nach 1918 aus den Nachfolgegebieten der Monarchie nach Jerusalem. „Ebendas trübt die Rechtslage und öffnet den heutigen Avancen Türen“, räumte Bugnyar ein.

Akten gebe es in Wien, Jerusalem, Amman, London und Istanbul. Bugnyar: „Wir dürfen nicht vergessen, dass seit der Gründung des Hospizes 1856 vier politische Entitäten hier das Sagen hatten und sich unsere Aktenlandschaft entsprechend verstreut.“ In all diesen Staaten habe es immer die Frage nach Grundbucheintragungen und Eigentumsnachweisen und Steuererleichterungen gegeben. „Der Orient eben“, so Bugnyar, „ein Orient, in dem Christen - und damit deren Einrichtung - nicht immer Bürger auf Augenhöhe sind.“

Beteiligung an Casa Austria

Bugnyar wies im „Tagespost“-Interview auch auf die derzeit im Bau befindliche Casa Austria hin: „Neue Zimmer für die nächste Generation von Pilgern. Daran kann sich gerne jeder beteiligen. Für mich als Burgenländer sehr gerne auch die Ungarn.“

Die Casa Austria umfasst 13 Wohneinheiten für Gäste und freiwillige Mitarbeiter des Hospizes, weiters u. a. ein Archiv zur historischen Erforschung der Hausgeschichte und Flächen zur Auslagerung von Werkstatt und Waschküche aus dem Hauptgebäude. Die Fertigstellung ist für den Sommer 2018 angedacht. Die Kosten belaufen sich laut Bugnyar auf 3,5 Millionen Euro.

Die heimische Bischofskonferenz habe bereits 300.000 Euro zur Casa Austria beigetragen, 1,2 Millionen Euro könne die Stiftung des Österreichischen Hospizes aus eigener Kraft beisteuern. Die fehlenden zwei Millionen müssten aus einem Kredit bzw. Spenden beigesteuert werden.

Ältestes nationales Pilgerhaus

Das Hospiz ist das älteste nationale Pilgerhaus im Heiligen Land und liegt an der Via Dolorosa. Das Grundstück für das Hospiz wurde 1855 nach einem Besuch von Erzherzog Ferdinand Maximilian - später Kaiser Maximilian von Mexiko - erworben. Acht Jahre später konnte der großzügig dimensionierte Neubau eingeweiht werden. Das Hospiz wurde dem Erzbischof von Wien unterstellt. Bis 1918 war das Hospiz Schwerpunkt der österreichischen Präsenz im Orient. Es diente auch als Residenz des österreichischen Konsuls in Jerusalem.

Im Ersten Weltkrieg konfiszierten die Briten nach der Einnahme von Jerusalem das Gebäude. Es wurde in ein Waisenhaus für einheimische Kinder umgewidmet, aber im Sommer 1919 zurückgegeben. Einen Höhepunkt seiner Wirksamkeit erlangte das Haus, als während der Zwischenkriegszeit der damalige Rektor Franz Fellinger zum Generalvikar und Weihbischof des Lateinischen Patriarchen von Jerusalem aufstieg.

1939 wurde das Haus von den Briten als „deutsches Eigentum“ beschlagnahmt, 1948 wurde das Hospiz von den Jordaniern als Lazarett und Krankenhaus für die arabische Bevölkerung eingerichtet. Das Hospiz wurde 1985 von Israel seinem österreichischen kirchlichen Eigentümer zurückgegeben. Es ist heute eine Stiftung der katholischen Kirche in Österreich mit dem jeweiligen Wiener Erzbischof - aktuell Schönborn - als Protektor.

religion.ORF.at/KAP

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