Ex-Erzbischof Tutu fordert Schutz für Rohingya

Der emeritierte anglikanische Erzbischof und Friedensnobelpreisträger, Desmond Tutu, fordert einen besseren Schutz von Muslimen in Myanmar. Der 85-Jährige kritisierte die Regierungschefin des asiatischen Landes, Aung San Suu Kyi.

Wie die deutsche Katholische Nachrichten-Agentur KNA am Freitag unter Berufung auf südafrikanische Medien berichtete, warf Tutu Suu Kyi Untätigkeit angesichts der Gewalt gegen die Minderheit der Rohingya vor. Auch Suu Kyi ist Trägerin des Friedensnobelpreises. 1991 war sie für ihren Kampf gegen das Regime in Myanmar ausgezeichnet worden.

Verbesserung der Minderheitenrechte erwartet

„Meine liebe Schwester: Wenn Schweigen der politische Preis für deinen Aufstieg in das höchste Amt Myanmars ist, dann ist dieser Preis ganz klar zu hoch“, so der frühere anglikanische Erzbischof von Kapstadt in einer Aussendung. Bei Suu Kyis Entlassung aus dem Hausarrest 2012 habe Tutu eine Verbesserung der Minderheitenrechte erwartet. „Aber das, was manche ethnische Säuberungen oder einen langsamen Genozid nennen, geht weiter - und wurde jüngst schlimmer.“

Der anglikanische Ex-Erzbischof Desmond Tutu

Reuters/Mike Hutchings

Desmond Tutu

Gewalt durch die Armee

Seit Oktober 2016 geht die Armee Myanmars wegen angeblicher Angriffe auf Grenzposten im nordwestlichen Bundesstaat Rakhine gegen die muslimische Minderheit der Rohingya vor. Zuletzt eskalierte die Lage, als Kämpfer der Rebellengruppe Arakan Rohingya Salvation Army (ARSA) etwa 30 Polizei- und Militärposten überfielen. Armee und Rohingya-Rebellen liefern sich seither schwere Kämpfe. Augenzeugen berichten von Gewalt gegen Frauen und Kinder sowie der Niederbrennung von Dörfern durch die Armee. Staatsrätin Suu Kyi und das Militär weisen hingegen die Vorwürfe von Menschenrechtsverletzungen zurück.

UNO-Sonderberichterstatter Yanghee Lee vermutete am Freitag, dass bei den jüngsten Kämpfen bereits mehr als tausend Menschen getötet worden sein könnten. Nach UNO-Angaben sind seit Ende August mehr als 160.000 Menschen über die Grenze nach Bangladesch geflohen.

Seit Jahrzehnten Konflikte

Die Rohingya gelten als eine der am meisten verfolgten Minderheiten der Welt. Weite Teile der buddhistischen Mehrheit in Myanmar betrachten sie als illegale, staatenlose Einwanderer aus Bangladesch, obwohl viele der Rohingya schon seit Generationen in Myanmar leben.

Tatsächlich reichen die Wurzeln des Konflikts historisch weit zurück. Während der britischen Kolonialherrschaft kamen viele Inder ins Land, vor allem ins fruchtbare Irrawaddy-Delta, wo sie große Landbesitzer wurden. Das führte später zu sozialen Spannungen. Da die meisten eingewanderten Inder zudem Muslime waren, bauten sich auch religiöse Spannungen auf. Schon im 19. Jahrhundert gab es immer wieder Zusammenstöße zwischen den buddhistischen Birmanen und muslimischen wie auch christlichen Minderheiten. Bis heute wirkt auch die Zeit des Zweiten Weltkriegs, als die Minderheitsbevölkerung vor allem auf Seiten der britischen Kolonialarmee stand, während die buddhistischen Bewohner mit der japanischen Armee kämpften.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Mynamar unabhängig. Die Rohingya waren seither immer wieder Pogromen durch die Armee ausgesetzt. In dem 1982 von der damaligen Militärjunta erlassenen Staatsbürgerrecht sind sie nicht unter den 135 offiziell anerkannten ethnischen Gruppen des Landes aufgeführt.

ÖBR verurteilte Gewalt

Der Präsident der Österreichischen Buddhistischen Religionsgesellschaft (ÖBR), Gerhard Weißgrab, verurteilte in dieser Woche die jüngste Gewalt an den Rohingya in einer Aussendung. Es sei „sehr bedauerlich“, dass Nationalismus und Machtinteressen im buddhistisch dominierten Myanmar stärker wirkten als „die Kraft der buddhistischen Lehre“. Gleichzeitig verwies Weißgrab auf die Komplexität des Konfliktes. Diese mache es „kaum bis gar nicht möglich, sich ein halbwegs richtiges Urteil zu bilden“, schrieb er - mehr dazu in Österreichs Buddhisten verurteilen Gewalt an Rohingya.

Heikler Papstbesuch

Der vom Vatikan bereits offiziell bestätigte Besuch von Papst Franziskus in Myanmar und Bangladesh Ende November wird ob der aktuellen Eskalation umso mehr zu einem diplomatischen wie auch innerkirchlichen Ritt auf der Rasierklinge. Franziskus erklärte in den vergangenen Jahren mehrfach seine Solidarität mit den muslimischen Rohingya. Erst Ende August versicherte er ihnen etwa öffentlich seine „ungeteilte Nähe“ und forderte „volle Rechte“ für sie ein.

Deutlich zurückhaltender agiert derweil die Ortskirche. So haben die katholischen Bischöfe von Myanmar den Papst nach eigenen Angaben gebeten, bei seinem Besuch auf den Begriff „Rohingya“ zu verzichten. „Wir haben gesagt, dass das Wort Rohingya im Land immer noch ein sensibler Punkt ist und daher während der Reise besser nicht benutzt wird“, sagte Erzbischof Alexander Pyone Cho, dessen Diözese Pyay auch Rakhine umfasst, nach Angaben des Pressediensts „Ucanews“ vor wenigen Tagen.

religion.ORF.at/KAP

Mehr dazu:

Link: