Millionen feierten „Friedensfest“ mit dem Papst in Kolumbien

Papst Franziskus hat Kolumbien nach Jahrzehnten der Gewalt zu einem Neubeginn aufgerufen. „Jede Friedensbemühung ohne die ehrliche Verpflichtung zur Versöhnung wird scheitern“, sagte er am Freitag bei einer Heiligen Messe in der früheren Konfliktregion Villavicencio mit rund 600.000 Gläubigen.

Die meisten waren ganz in weiß gekleidet, die Reise wirkt wie ein großes Fest des Friedens. „Sich versöhnen heißt allen Menschen, welche das Drama des Konflikts erlebt haben, eine Tür zu öffnen“, betonte der 80 Jahre alte Papst.

Papst Messe Kolumbien Villavicencio

REUTERS/Stefano Rellandini

Zu Beginn der Messe unter freiem Himmel sprach der Papst zwei Märtyrer selig, die im kolumbianischen Bürgerkrieg ermordet worden waren

Seligsprechung von Märtyrern

Franziskus sprach den Bischof Jesus Emilio Jaramillo und den Priester Pedro Maria Ramirez selig. Jaramillo war Bischof der Stadt Arauca, als er 1989 von der ELN-Guerilla entführt und ermordet wurde. Ramirez war bereits im Jahr 1948 ermordet worden.

Papst Kolumbien Catama

REUTERS/Federico Rios

Papst Franziskus begrüßt die Gläubigen bei einer Rundfahrt mit dem Papamobil

Auch rund 6.000 Opfer des jahrzehntelangen Konfliktes waren in Villavicencio dabei. Der Vatikan hatte die Verhandlungen mit der FARC-Guerilla maßgeblich unterstützt, um nach fast 220.000 Toten in den Konflikten zwischen Guerilla, Streitkräften und rechten Paramilitärs eine neue Ära einzuläuten.

Auch mit der letzten Guerillagruppe ELN ist ein Friedensabkommen geplant. Ausländische Unternehmen setzen auf einen Boom in den Land. 2016 kamen zudem erstmals über fünf Millionen Touristen.

Papst Kolumbien Catama

Osservatore Romano/Handout via REUTERS

Papst Franziskus begrüßt Blumenkinder am Rande des Gottesdienstes

Über eine Million Gläubige in Bogota

Nach Angaben der Stadt hatten sich zuvor bereits in Bogota bei einer Messe 1,3 Millionen Menschen versammelt. Hunderte fliegende Händler verkauften dort Franziskus-Artikel. Auch starker Regen hielt die vielen Pilger nicht ab.

Auch an den Straßen entlang der Routen des Papst-Trosses jubelten die Menschen dem Oberhaupt der katholischen Kirche zu. Rund 80 Prozent der Kolumbianer sind katholisch, die Kirche spielt in den ländlichen Regionen eine tragende Rolle als Friedensstifter. Präsident und Friedensnobelpreisträger Juan Manuel Santos sprach von einem großen Beweis der Einheit.

Papst Messe Kolumbien Villavicencio

REUTERS/Stefano Rellandini

Papst Franziskus zitierte aus der Bibel und Johannes Paul II.

2016 hatte er mit der linken Guerillaorganisation FARC einen mühsam ausgehandelten Friedensvertrag unterzeichnet, der in einem Referendum zunächst abgelehnt, dann aber vom Kongress beschlossen wurde.

Vor allem eine Sonderjustiz mit milden Strafen für Verbrechen stößt auf Widerstand, zudem werden die Maßnahmen zur Wiedereingliederung der Ex-Guerilleros und zur Verstärkung der staatlichen Präsenz in Konfliktregionen sehr viel Geld kosten.

Papst zitiert aus Song von Grammy-Gewinner Juanes

Papst Franziskus hat während seiner Predigt in Villavicencio aus einem Lied des kolumbianischen Grammy-Gewinners Juanes zitiert. In seiner Ansprache, in der sich der Papst aus Lateinamerika über den schwierigen Weg zur Versöhnung äußerte, verwendete er am Freitag auch einen Satz aus dem Stück „Minas piedras“ des aus Medellin stammenden Sängers.

„Die Bäume weinen, sie sind Zeugen so vieler Jahre an Gewalt. Das Meer ist braun, es vermischt Blut mit Erde“, sagte der Papst in Anlehnung an den Liedtext.

Nur wenig später begannen in den Sozialen Netzwerken Diskussionen über das Lied und das Papstzitat. Juanes gehört mit fast zwölf Millionen Followern zu populärsten Pop-Sängern Lateinamerikas.

Sein Lied „Camisa negra“ wurde auch in Österreich zu einem Top-Hit. Juanes hatte das Lied unter anderem beim Konzert aus Anlass der Verleihung des Friedensnobelpreises 2007 aufgeführt.

Solidarität mit Opfern des Erdbebens und des Hurrikan

Papst Franziskus hat den Opfern des Erdbebens in Südmexiko vom Freitagmorgen sowie den Opfern des Hurrikans Irma in der Karibik seiner Nähe und Solidarität versichert.

Am Ende des Gottesdienstes zur Seligsprechung zweier neuer kolumbianischer Märtyrer in Villavicencio ergriff er spontan das Wort und sagte, dass er für sie bete und ihnen nahe sei. Außerdem verfolge er sehr genau die Entwicklung des Hurrikans, der die Karibik verwüste und schon viele Tote erzeugt und viel Schaden angerichtet habe.

Hurrikan Irma hat bislang die Insel Saint Martin verwüstet und nach örtlichen Angaben fast alle Häuser dort beschädigt, derzeit zieht er an Kuba vorbei auf Florida zu. Das Erdbeben vor der Südküste Mexikos hat bislang über 30 Tote gefordert und war bis in die Hauptstadt hinein spürbar. Präsident Enrique Peña Nieto hatte das Beben als das stärkste seit 100 Jahren bezeichnet.

Am Samstag besucht Franziskus Medellín. Die Stadt gilt als „katholische Hauptstadt“ des Landes. Am Sonntag endet die Reise in Cartagena. Der Argentinier ist der dritte Papst, der Kolumbien besucht. Zuvor waren Papst Paul VI. 1968 und Johannes Paul II. 1986 in das südamerikanische Land gereist.

religion.ORF.at/APA/KAP

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