Papst rief Kolumbien in Abschlussmesse zum Frieden auf
Der Einsatz für Frieden und Versöhnung gelinge aber nur, wenn man bereit sei, sich auch den Schattenseiten des Lebens zu stellen, sagte der Papst vor Hunderttausenden Gläubigen. Er beendete danach seine Kolumbienreise. Mehrere Gruppen des zum Weltkulturerbe zählenden „Karnevals von Barranquilla“ boten dem Kirchenoberhaupt zum Abschied auf dem Flughafengelände eine Aufführung dar. Auch Präsident Juan Manuel Santos wohnte der Zeremonie bei, um sich vom Papst zu verabschieden.
REUTERS/Stefano Rellandini
„Gemeinwohl statt Drogenhandel“
In seiner abschließenden Predigt bei einem Gottesdienst im Hafen von Cartagena am Sonntagnachmittag (Ortszeit) sagte er: „Wenn Kolumbien einen stabilen und dauerhaften Frieden will, muss es dringend einen Schritt tun in Richtung Gemeingut, Chancengleichheit, Gerechtigkeit, Achtung der menschlichen Natur und ihrer Bedürfnisse.“
REUTERS/Stefano Rellandini
Mit einem Pazifismus „aseptischer Legalität“ sei es nicht getan. Man könne nicht in Frieden zusammenleben, „ohne nichts mit dem zu tun zu haben, was das Leben korrumpiert und es gefährdet“. Auch gutwillige Menschen könnten nicht verhehlen, dass einige in Sünden verharrten und die Gemeinschaft verletzten. Als Beispiele erwähnte Franziskus Drogenhandel, Umweltzerstörung, Ausbeutung von Arbeitskräften, Finanzspekulation, Prostitution, Menschenhandel, Missbrauch und Sklaverei.
„Mit Kultur des Lebens antworten“
Meist brauche es mehrere Schritte , um auf getanes Unrecht hinzuweisen und dann zur Versöhnung einzuladen, so der Papst. Staatliche Instanzen und politische Initiativen - zur Ermittlung der Wahrheit, für Gerechtigkeit und Schadenswiedergutmachung - seien allesamt notwendig.
REUTERS/Stefano Rellandini
"Aber mit all dem stehen wir noch an der Schwelle des christlichen Auftrags. Uns ist aufgegeben, ‚von unten her‘ einen kulturellen Wandel zu vollbringen: „Auf die Kultur des Todes und der Gewalt antworten wir mit der Kultur des Lebens und der Begegnung“, sagte Franziskus.
Papst redet Maduro ins Gewissen
Mit einer indirekten Mahnung an Präsident Nicolas Maduro hat Papst Franziskus für eine friedliche Lösung der dramatischen Krise im sozialistischen Venezuela gebetet. „Aus dieser Stadt, dem Sitz der Menschenrechte, mache ich einen Aufruf, dass auf jede Art von Gewalt im politischen Leben verzichtet und eine Lösung der schweren Krise gefunden wird“, sagte Franziskus am Sonntag im Rahmen eines Angelusgebets in der kolumbianischen Stadt Cartagena.
REUTERS/Federico Rios
„Ich bekunde meine Nähe jedem einzelnen der Söhne und Töchter dieses geliebten Landes wie auch denen, die hier in Kolumbien Aufnahme gefunden haben“, sagte Franziskus mit Blick auf die von Venezuela nach Kolumbien geflüchteten Menschen. Vergeblich hatte Franziskus Maduro zum Verzicht auf die Einsetzung einer Verfassungsgebenden Versammlung aufgerufen.
Diese hat als übergeordnetes Staatsorgan das von der Opposition dominierte Parlament entmachtet und trifft alle Entscheidungen. Oppositionspolitikern drohen lange Haftstrafen. Anfang August hatte der Papst in einer ungewöhnlich politischen Stellungnahme mitteilen lassen, dass der Heilige Stuhl bitte, diese Initiative zu stoppen oder auszusetzen, Menschenrechte und fundamentale Freiheitsrechte zu achten.
Sorge über „Radikalisierung“ Venezuelas
Angesichts der steigenden Zahl von Toten, Verletzten und Festgenommenen beobachte man die „Radikalisierung und Verschärfung der Krise“ in dem südamerikanischen Land mit „großer Sorge“. Rund 95 Prozent der Venezuelaner sind katholisch. Noch 2016 hatte der Papst Maduro im Vatikan empfangen. Franziskus traf sich in Kolumbien auch mit Bischöfen aus Venezuela.
„Er ist bestürzt über den verbreiteten Hunger, das Fehlen von Medikamenten und die Flucht Zehntausender Venezolaner“, berichtete der Venezuela-Referent des Hilfswerks Adveniat, Reiner Wilhelm, unter Berufung auf Teilnehmer des nicht-öffentlichen Treffens.
Osservatore Romano/Handout via REUTERS
Papst zitiert erneut Gabriel Garcia Marquez
Erneut zitierte der Papst den kolumbianischen Schriftsteller Gabriel Garcia Marquez: „Es ist an der Zeit zu begreifen, dass man dieses Unglück nicht mit Blei und nicht mit Geld beheben kann, sondern mit einer Erziehung zum Frieden, der mit Liebe [...] aufgebaut wird.“
In diesem Sinne zeigte sich Franziskus „gewiss, dass wir heute gemeinsam für die Rettung jener beten, die im Irrtum waren, und nicht für ihre Vernichtung; dass wir für die Gerechtigkeit beten und nicht für die Rache, für den Wiederaufbau in der Wahrheit und nicht im Vergessen“.
religion.ORF.at/APA
Mehr dazu:
- Papst bei Fahrt mit Papamobil leicht verletzt
(religion.ORF.at; 10.09.2017) - Escobars Auftragsmörder verspottet Papst
(religion.ORF.at; 10.09.2017) - Papst: Kinder sind die Lieblinge Jesu
(religion.ORF.at; 09.09.2017) - Papstmesse wieder mit mehr als einer Million Besuchern
(religion.ORF.at; 09.09.2017)