EuGH prüft „private“ Scheidungen vor Schariagerichten

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) prüft derzeit, ob sogenannte private Scheidungen vor einem islamischen Schariagericht innerhalb der EU Bestand haben können.

Bei solch einer Scheidung spricht zumeist der Ehemann vor dem geistlichen Gericht die „Scheidungsformel“ aus und ist damit bereits geschieden. Der Generalanwalt des Gerichtshofs, Saugmansgard Oe, plädiert in seinen am Donnerstag veröffentlichten Schlussanträgen dafür, solche Scheidungen in der EU nicht anzuerkennen, wenn der geschiedene Ehepartner dabei diskriminiert wird. (Verfahren Az. C-372/16)

EuGH-Sitzung in der Großen Kammer

Gerichtshof der Europäischen Union

Der Europäische Gerichtshof entscheidet über die Gültigkeit „privater“ Scheidungen

Frau wehrte sich

Im Ausgangsfall hatte ein nach Schariarecht geschiedenes Ehepaar die deutsche und die syrische Staatsangehörigkeit. Der frühere Ehemann hatte 2013 über einen Bevollmächtigten vor einem geistlichen Gericht die „Scheidungsformel“ aussprechen lassen. Seine damit geschiedene Frau unterzeichnete dann eine Erklärung, in der sie bestätigte, dass sie alle ihr nach den religiösen Vorschriften aus dem Ehevertrag zustehenden Leistungen erhalten habe, und ihren Ehegatten von allen Verpflichtungen ihr gegenüber entbinde.

Die Frau wehrte sich dann aber gegen die vom Mann beantragte Anerkennung der Scheidung in Deutschland. Das Oberlandesgericht München legte daraufhin den Fall dem EuGH vor. Nach Ansicht des Generalanwalts fallen private Schariascheidungen nicht unter den Anwendungsbereich von der EU-Verordnungen zu Ehefragen.

Diskriminierung aufgrund von Geschlecht

Zudem sehe der EU-Gesetzgeber eine Diskriminierung aufgrund der Geschlechtszugehörigkeit der Ehegatten als so schwerwiegend an, dass damit gleichwohl mögliches anwendbares Recht absolut ausgeschlossen sei.

Selbst wenn der diskriminierte Ehegatte in die Scheidung eingewilligt habe, müsse das nationale Scheidungsrecht angewandt werden. Das Urteil des EuGH wird in einigen Monaten erwartet.

„Scharia“ (wörtlich: Weg zur Wasserquelle, übertragen: religiöses Gesetz) bezeichnet das islamische Rechtssystem, das die Beziehung zu Gott und der Menschen untereinander regelt. Die Gesetze der Scharia basieren auf dem Koran sowie überlieferte Handlungen und Aussagen des Propheten Mohammed. Es gibt keine weltweit gültige Scharia mit feststehenden Gesetzen. Mehrere Methoden, werden angewendet, um aus den Quellen der Scharia Regeln zu machen. Sie ist eher eine Art eher unsystematisches Rechtssystem.

religion.ORF.at/APA/AFP

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