Ökumenischer Rat der Kirchen feiert 60-Jahr-Jubiläum

Der Ökumenische Rat der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ) begeht 2018 sein 60-Jahr-Jubiläum. Aus anfangs vier Kirchen wurden bis heute 16 Vollmitglieder. Der Rat befasst sich unter anderem mit sozialen Themen.

Zehn Jahre nach der Gründung des Weltkirchenrates 1948 in Amsterdam entschlossen sich 1958 vier Kirchen in Österreich, einen ökumenischen Rat zu gründen: die Altkatholiken, die Lutheraner, die Reformierten und die Methodisten. Die offizielle Gründungsversammlung fand am 12. Dezember 1958 in Wien statt. Aus den anfangs vier Kirchen wurden bis heute 16 Vollmitglieder. Dazu kommen noch eine Reihe von Beobachtern. Der ÖRKÖ wird das Jubiläum in der zweiten Jahreshälfte begehen. Details dazu stehen derzeit noch nicht fest.

1964 stießen vier orthodoxe Kirchen (griechisch, serbisch, russisch und rumänisch), die Armenier und die Anglikaner zum ÖRKÖ hinzu. Später schlossen sich die bulgarisch-orthodoxe, die koptisch-orthodoxe und die syrisch-orthodoxe Kirche dem Rat an. Die katholische Kirche in Österreich arbeitete seit 1970 als Beobachterin im ÖRKÖ mit, 1994 wurde sie Vollmitglied. Einer der Höhepunkte in der Geschichte des Rates war die Zweite Europäische Ökumenische Versammlung 1997 in Graz.

Konfessionelle Unterschiede - gemeinsame Basis

Der Ökumenische Rat der Kirchen ist ein Gremium, in dem christliche Kirchen zusammenkommen, um Themen zu beraten, die alle gemeinsam betreffen; etwa den Religionsunterricht oder generell das Verhältnis von Kirche und Staat. Er ist zudem die Stimme, mit der die Kirchen dann sprechen, wenn deutlich zum Ausdruck kommen soll, dass trotz aller konfessioneller Unterschiede und Kontroversen die christlichen Kirchen durch eine gemeinsame und tragfähige Basis verbunden sind.

Dem ÖRKÖ gehören derzeit folgende 16 Kirchen an: „Volle Mitglieder“ sind Altkatholische Kirche, Anglikanische Kirche, Armenisch-apostolische Kirche, Bulgarisch-Orthodoxe Kirche, Evangelische Kirche A.B., Evangelische Kirche H.B., Evangelisch-methodistische Kirche, Griechisch-Orthodoxe Kirche, Koptisch-Orthodoxe Kirche, Römisch-Katholische Kirche, Rumänisch-Orthodoxe Kirche, Russisch-Orthodoxe Kirche, Serbisch-Orthodoxe Kirche und Syrisch-Orthodoxe Kirche. Die Äthiopisch-Orthodoxe Kirche und der Bund der Baptistengemeinden sind „Mitglieder mit beratender Stimme“. Eine Reihe weiterer Institutionen bzw. Organisationen besitzt Beobachterstatus.

Versammlungen zwei Mal jährlich

Die ÖRKÖ-Vollversammlung tritt üblicherweise zwei Mal im Jahr zusammen. Dazwischen führt der Vorstand - der jeweils auf drei Jahre bestellt wird - die Geschäfte. Aktueller Vorsitzender des Ökumenischen Rates ist seit 1. Jänner 2017 der reformierte Landessuperintendent Thomas Hennefeld.

Im Rat sind Kirchen von sehr unterschiedlicher Größe vertreten. - Ein Problem, das im Statut dadurch gelöst wurde, dass sich die Zahl der Vertreter im Rat wohl nach der Größe der jeweiligen Kirche richtet, jede Mitgliedskirche aber mindestens einen, höchstens jedoch zehn Vertreter entsendet.

Der Ökumenische Rat hat weder angestellte Mitarbeiter noch eigene Büroräume. Allerdings stellen die größeren Mitgliedskirchen - insbesondere die Römisch-katholische Kirche und die Evangelische Kirche A.B. - Räume, Einrichtungen und Arbeitsleistungen von Mitarbeitern dem ÖRKÖ für seine Arbeit zur Verfügung.

Gottesdienste, Soziales und Dialog

Seit 1959 veranstaltet der ÖRKÖ alljährlich in der Weltgebetswoche für die Einheit der Christen (18. bis 25. Jänner) einen Gottesdienst: jedes Jahr lädt eine andere Kirche zu dieser Veranstaltung ein und der Prediger gehört jeweils einer anderen Konfession an.

Zum Tag des Judentums (17. Jänner) veranstaltet der ÖRKÖ ebenfalls jährlich einen eigenen Gottesdienst. Seit 2008 gibt es zudem alljährlich im September einen Gottesdienst zu der von einigen Mitgliedskirchen eingehaltenen Schöpfungszeit (1. September bis 4. Oktober). Der ÖRKÖ folgt damit Empfehlungen der Zweiten und Dritten Europäischen Ökumenischen Versammlung (Graz 1997 bzw. Sibiu (2007).

Christliche Perspektiven zu sozialen Fragen

Von besonderer Bedeutung für die Ökumene war (und ist) das Sozialwort des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich, das 2003 der Öffentlichkeit vorgestellt worden ist und das nun im Prozess „sozialwort 10+“ fortgeschrieben wird. Nach vierjähriger Vorbereitung wurde 2003 ein von allen, den unterschiedlichen Traditionen angehörenden Mitgliedskirchen gemeinsamer Text veröffentlicht, in dem die Kirchen gemeinsam Probleme der Gesellschaft ansprechen und die christlichen Perspektiven dazu deutlich zur Geltung bringen.

Es ist kein letztes Wort, sondern eine Einladung an alle, sich den aktuellen Herausforderungen unserer Welt zu stellen und Lösungen zu suchen, die dem Menschen dienen und unsere Welt als Schöpfung Gottes ernst nehmen. Von November 2013 bis November 2014 lief der Prozess „sozialwort 10+“. Die Einladung des ÖRKÖ erging an alle Interessierten, sich mit den Themen des Sozialworts auseinanderzusetzen und neue Herausforderungen zu benennen.

„Solidarische Gemeinde“

Die Ergebnisse der Beratungen und Diskussionsveranstaltungen wurden weiter behandelt. Ergebnis ist die Broschüre „Solidarische Gemeinde“. Diese bietet Hintergrundinfos zu sozialen Fragen und liefert konkrete Handlungsanregungen, wie die Gemeinden ihr soziales Profil noch weiter schärfen können.

Regelmäßig entsendet der ÖRKÖ Delegierte zu den Vollversammlungen der Konferenz Europäischer Kirchen (KEK/CEC) und des Weltkirchenrates (ÖRK). Regelmäßige Kontakte bestehen zudem zu den Ökumenischen Räten in Europa, insbesondere zu jenen der Tschechischen Republik, der Slowakei, von Ungarn und Polen. Weiters besteht ein enger Kontakt zwischen dem ÖRKÖ und dem Koordinierungsausschuss für christlich-jüdische Zusammenarbeit.

Erfolgsprojekt „Lange Nacht der Kirchen“

Zu einem ökumenischen Erfolgsprojekt hat sich schließlich die „Lange Nacht der Kirchen“ entwickelt. Der ÖRKÖ hat sich an dieser Initiative, die von der Erzdiözese Wien ausgegangen ist, von Anfang an beteiligt. Bis zu 750 Kirchen zwischen Bodensee und Neusiedlersee haben jedes Jahr im Frühsommer in der „Langen Nacht“ ihre Tore geöffnet und laden alle interessierten Besucher mit einem bunten Programm zu einem Besuch ein. Alle christlichen Kirchen in Österreich beteiligen sich an der Aktion, die inzwischen auch in einigen Nachbarländern durchgeführt wird. Die „Lange Nacht“ findet 2018 bereits zum 14. Mal statt.

religion.ORF.at/KAP

Mehr dazu:

Neuer Vorstand für Ökumenischen Rat der Kirchen
(religion.ORF.at; 16.1.2017)

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