Kirchen warnen vor Altersarmut von Frauen

Auf die Situation von Altersarmut betroffener Frauen will die kürzlich in Wien gegründete ökumenische Plattform „Altersarmut bei Frauen - alt-arm-weiblich“ aufmerksam machen.

Derzeit sind in Österreich rund 203.000 Menschen über 65 Jahre von Armut betroffen, 136.000 davon sind Frauen, hieß es am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Wien. Ziel der Plattform ist es, öffentliche Aufmerksamkeit zu schaffen, präventiv zu wirken, das Thema zu enttabuisieren, Kräfte zu bündeln und Forderungen an die Politik zu stellen.

Viele am Existenzminimum

Ins Leben gerufen haben die Initiative die Kategoriale Seelsorge der Erzdiözese Wien, die Stadtdiakonie Wien, die Katholische Frauenbewegung, der Katholische Familienverband, das Katholische Bildungswerk und die Frauen-Bildungsinitiative Anima. Ausgangspunkt für die Gründung der Plattform war die Erfahrung, „dass viele ältere Frauen einfach am Existenzminimum leben“, so Beatrix Auer, Mitarbeiterin in der Stelle Seniorenpastoral der Erzdiözese Wien.

„Aus diesem Antrieb haben wir uns zusammengesetzt, uns ganz intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt und uns gefragt, was können wir tun.“ Unterstützt wird die Plattform auch von prominenter Seite, etwa von Erika Pluhar, Margit Fischer, Barbara Stöckl und Jenny Jürgens.

„Ureigenste Aufgabe“ der Kirche

Weihbischof Franz Scharl verwies in diesem Zusammenhang auf die Botschaft von Papst Franziskus zum Welttag der Armen, in der der Papst dazu aufforderte, „den Armen die Hand zu reichen, ihnen zu begegnen, in ihre Augen zu schauen, sie zu umarmen und sie die Wärme der Liebe spüren zu lassen, die den Teufelskreis der Einsamkeit zerbricht“.

Es sei die „ureigenste Aufgabe“ der Kirche auf diese Menschen zu schauen, so Scharl, der in der Erzdiözese Wien als Bischofsvikar für die Kategoriale Seelsorge zuständig ist. Die Initiative sei Zeichen für die „langbewährte Kooperation“ zwischen katholischer und evangelischer Kirche und habe eine Veränderung des Bewusstseins und der Realität zum Ziel.

„Wurzel des Übels anpacken“

„Anpacken“ wollen die hinter der Plattform stehenden Organisationen auch die „Wurzel des Übels“, erläuterte die Superintendentialkuratorin der evangelischen Kirche Wien, Inge Troch. Kindererziehung oder die Pflege Angehöriger hindere Frauen oft daran, durchgehend Vollzeit zu arbeiten und ihre Ausbildung adäquat im Berufsleben umzusetzen, was schließlich zu einer geringeren Pension führe. Vor diesem Hintergrund forderte Troch eine Neudefinition des Begriffs Leistung, der nicht nur Erwerbsarbeit, sondern auch jene Leistungen, die Frauen im Rahmen der Familie für die Gesellschaft erbringen, berücksichtigen müsse.

Ungleichbehandlung führt zu Altersarmut

Dass Frauen öfter von Altersarmut betroffen seien als Männer, liege auch an der Ungleichbehandlung der Geschlechter auf dem Arbeitsmarkt, erläuterte Jitka Zimmermann, Geschäftsführerin der Stadtdiakonie Wien. Laut Sozialbericht verdienten Frauen bei gleicher Arbeit im Schnitt immer noch um etwa 23 Prozent weniger als Männer. Frauen seien außerdem häufiger teilzeitbeschäftigt.

„Derzeit arbeiten fast 50 Prozent der Frauen, aber nur zehn Prozent der Männer Teilzeit“, so Zimmermann. Das führe dazu, dass die Alterspension von Männern um fast zwei Drittel höher sei als jene von Frauen.

Politik in die Pflicht nehmen

In die Pflicht nimmt die Plattform auch die Politik. „Es wird Aufgabe der Plattform sein, Maßnahmen der neuen Bundesregierung, die in den nächsten Wochen präsentiert werden, genau unter die Lupe zu nehmen und unter den Gesichtspunkten der Altersarmut besonders von Frauen und deren Prävention anzusehen“, kündigte Renate Moser von der Plattform für Geschiedene und Wiederverheiratete (WIGE) der Erzdiözese Wien an.

Zu „finanziellen Einbußen“ für Frauen im Alter habe nämlich auch die 2003 von der Regierung eingeführte „lebenslange Durchrechnung“ geführt, die die gesamte Arbeitszeit, also auch Zeiten der Teilzeitbeschäftigung und der Erwerbspausen, bei der Berechnung der Höhe der Pension heranzieht. Vor diesem Hintergrund gelte es, „die Stimme zu erheben und gegen weitere Benachteiligung aufzuschreien“.

16 Prozent aller Frauen über 65 gefährdet

Den Fakten-Hintergrund zur Plattform lieferte Lukas Richter von der Wirtschaftsuniversität Wien. Als armutsgefährdet gelten in Österreich jene Haushalte, deren Netto-Haushaltseinkommen sich unter 60 Prozent des Medians aller Netto-Haushaltseinkommen des Landes befinden. Für 2016 beträgt die damit ermittelte Armutsgefährdungsschwelle 14.217 Euro für einen Ein-Personen-Haushalt, rechnete Richter vor.

Von den 1,543.000 Menschen in Österreich, die 2016 bereits 65 Jahre und älter waren, sind 203.000 armutsgefährdet, darunter befinden sich 136.000 Frauen. Die Armutsgefährungs-Quote bei älteren Menschen beträgt demnach 13 Prozent, bei Frauen 16 Prozent. Somit sind 16 Prozent der älteren Frauen in Österreich armutsgefährdet, hob Richter hervor.

religion.ORF.at/KAP