Israel: Kirchenbesitz-Besteuerung trotz Protests

Trotz der Schließung der Grabeskirche aus Protest hält Jerusalems Bürgermeister Nir Barkat an dem Plan zur Besteuerung von Kirchenbesitz fest. Es stehe den Kirchen frei, dagegen vor Gericht zu ziehen, sagte er Medienberichten zufolge am Montag.

Die Stadt behandele die Kirchen angesichts der über Jahre aufgelaufenen Steuerschuld so, wie sie jeden Bürger behandle. Der Einzug der Steuern liege nicht in seinem Ermessen als Bürgermeister. Mit ihrem Protest schade die Kirche sich selbst, so Barkat.

Grabeskirche bis auf Weiteres geschlossen

Am Sonntag hatten die griechisch-orthodoxe und die armenische Kirche zusammen mit der Franziskanerkustodie eine Stellungnahme veröffentlicht, in der sie das Vorgehen der Stadt gegen die Kirchen in Steuerfragen sowie die Diskussion über eine mögliche Verstaatlichung von an Privatinvestoren verkauftem Kirchenland in Israel als „systematische und offensive Kampagne“ Israels gegen die Kirchen und die Christen scharf kritisieren. Aus Protest hatten sie in einem ungewöhnlichen Schritt zudem die Grabeskirche bis auf Weiteres geschlossen.

Die Forderung nach einer Steuerpflicht widerspreche der historischen Stellung der Kirchen in Jerusalem, heißt es in der Stellungnahme. Die Maßnahmen der Stadt, zu denen laut Berichten unter anderem Kontensperrungen zählen, „brechen bestehende Abkommen und internationale Verpflichtungen, die die Rechte und Privilegien der Kirchen garantieren“, so die Kirchenführer.

Nicht rein religiös genutzter Besitz

Bei dem Steuerstreit geht es laut Berichten um Forderungen der Stadt in Höhe von umgerechnet 151 Millionen Euro für 887 Liegenschaften in Kirchen- oder UN-Besitz, die nicht zu rein religiösen Zwecken genutzt werden. Rein religiös genutzte Liegenschaften sind von der städtischen Grundsteuer ausgenommen.

Eine grundsätzliche Freistellung der Kirchen und der UN von der Grundsteuer bezeichnete die Stadt als diskriminierend und als Gefahr für die finanzielle Stabilität der Stadt. Die Stadt kündigte an, notfalls bis vor das Oberste Gericht zu ziehen. Bei der Staatsgründung 1948 hatte Israel zunächst die entsprechenden Regelungen aus der britischen Mandatszeit übernommen, die nach alter Tradition die Kirche von jeglichen Steuerzahlungen befreiten. Als 1993 schließlich ein - bis heute von Israel nicht ratifizierter - Grundlagenvertrag unterzeichnet wurde, ließ man darin die Steuerfrage offen und wies die Klärung einer eigenen Kommission zu. Deren Arbeit dauert seither an.

Vergleich mit „dunklen Zeiten“ für Juden

Die Jerusalemer Kirchenführer protestieren außerdem gegen einen Gesetzentwurf, der dem Staat die Enteignung von an Privatinvestoren verkauftem Kirchenland ermöglichen soll.

Über den Entwurf der Parlamentsabgeordneten Rachel Azaria - die Oberhäupter der griechisch-orthodoxen Kirche, der armenischen Kirche und der Franziskanerkustodie im Heiligen Land verglichen ihn wörtlich mit „Gesetzen ähnlicher Natur, die gegen die Juden in den dunklen Zeiten in Europa erlassen wurden“ - hätte der zuständige Ministerrat ursprünglich am Sonntag beraten sollen.

Gespräch mit Kirchen gesucht

Nun sei die Debatte um eine Woche verschoben worden, um in dieser Zeit das Gespräch mit den Kirchen zu suchen, so Azaria laut Medien. Sie begründete ihren vom Justizministerium unterstützten Entwurf, demzufolge von der Kirche an Investoren verkauftes Land gegen Entschädigung verstaatlicht werden soll, gegenüber der deutschen katholischen Nachrichtenagentur KNA mit dem Schutz der Bewohner.

Medienberichten zufolge sagte sie, es gehe bei dem Entwurf in erster Linie darum, mit den Käufern eine Verhandlungslösung zu erzielen. Betroffen von den Verkäufen seien Tausende Menschen in Jerusalem, deren Häuser auf ursprünglich von der Kirche an den Jüdischen Nationalfonds verpachtetem Land erbaut seien und deren Pachtverträge in absehbarer Zeit ausliefen.​

religion.ORF.at/KAP/KNA

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