Ausbeutung von Ordensfrauen „Realität, die es gibt“

Die Debatte über Ausbeutung von Ordensfrauen beschäftigt die katholische Kirche, die Stellung von Ordensfrauen ist zunehmend Thema. Doch in Österreich ist diese im Wandel begriffen, und alte Rollenbilder gehören mehr und mehr der Vergangenheit an.

Das sei zwar „sicher eine Realität, die es gibt“, sagte Sr. Ruth Pucher von den Missionarinnen Christi gegenüber religion.ORF.at. Das Bild von der stillen, fügsamen Schwester, die ohne Lohn einem Pfarrer den Haushalt führt, sei aber zumindest in Österreich nicht mehr das vorherrschende: „Das Ideal, im Verborgenen Dienst zu tun, hat sich gewendet.“

Eine Woche vor dem internationalen Frauentag sorgte ein Artikel eines vatikanischen Magazins über Ausbeutung von Ordensfrauen für Aufregung. Diese würden häufig ohne richtigen Arbeitsvertrag, Bezahlung und Rechte im Dienst von hierarchisch höhergestellten männlichen Geistlichen putzen, kochen und sich um deren Haushalt kümmern, so die Zeitschrift „Donne, Chiesa, Mondo“ (Frauen, Kirche, Welt). Dazu würden sie manchmal auch noch herablassend behandelt. Eine Ordensfrau klagte, ihr sei eine Ausbildung verwehrt worden.

Manifest gegen „untergeordnete Rolle“

In Sozialen Medien kursiert derzeit ein Manifest von Frauen in der katholischen Kirche, in dem es heißt: „Als erwachsene Frauen erfahren wir täglich die untergeordnete Rolle von Frauen in der Kirche.“ Dazu passend findet am Frauentag eine große internationale Frauenkonferenz in Rom statt: Die katholische Plattform „Voices of Faith“ fordert „mutige Schritte zu mehr Gendergerechtigkeit in einer männerdominierten Kirche“. Ganz offensichtlich tut sich derzeit einiges rund um die die geistlichen Frauen.

Sr. Ruth Pucher

Medienbüro Ordensgemeinschaften/Magdalena Schauer

Sr. Ruth Pucher

Armut, Ehelosigkeit und Gehorsam

Eine Ordensfrau legt drei Gelübde ab: Armut, Ehelosigkeit und Gehorsam. Daraus abzuleiten, dass sie ausgebeutet werden kann, sieht Sr. Dorothea Gnau von der Kongregation der Helferinnen, die als Seelsorgerin für Studierende tätig ist, als „missbrauchten Demutsbegriff“. „Es ist eine Frage der Haltung“, sagte sie zu religion.ORF.at. Der besagte Artikel beschreibe Missstände.

Natürlich spiele auch ein traditionelles Frauenbild eine Rolle, sagte Sr. Ruth Pucher. Und es gebe auch Frauen, die es als Ehre ansähen, etwa einem Bischof den Haushalt zu führen, an der Frühmesse teilnehmen zu dürfen und seinen täglichen Segen zu empfangen, mit ihm zu sprechen und so fort.

Als eine „Frage der Haltung“ sieht das auch Sr. Nathanaela Gmoser von den Benediktinerinnen der Anbetung. Ein Priester oder Bischof, der sich herablassend gegenüber einer Ordensfrau verhalte, tue das wahrscheinlich auch anderen Menschen gegenüber. Die junge Schwester hat hingegen „sehr viel Respekt und Wertschätzung“ seitens männlicher Geistlicher erfahren.

Jüngere besser ausgebildet

Es ist wohl auch eine Generationenfrage. "Jüngere Ordensfrauen sind heute meistens gut ausgebildet, so Sr. Ruth Pucher, die Leiterin für Ordensentwicklung im Kardinal König Haus und auch für das freiwillige Ordensjahr zuständig ist. Eine Theologin sei für eine solche Stellung, etwa als Haushälterin, nicht zu haben, das Selbstvertrauen sei ein anderes, so Pucher. Sie kenne auch junge Pfarrer, „die das nicht mehr wollen“.

Dass die Verbindung Pfarrer als Arbeitgeber/Ordensfrau als Haushälterin hierzulande tendenziell ein Auslaufmodell ist, liegt also an einem veränderten Frauenbild in der Gesellschaft - und an der vermehrt besseren Ausbildung, die Ordensfrauen mitbringen. Es gebe übrigens auch immer noch „weltliche“ Vollhausfrauen, wie Sr. Dorothea Gnau zu bedenken gab.

Was die angeblich fehlende Bezahlung angeht, gibt es gewisse Usancen in den Orden. Wird eine Ordensfrau in einer kirchlichen Einrichtung angestellt, etwa als Krankenschwester oder als Erzieherin, wird manchmal von der Ordensgemeinschaft ein Vertrag mit dem Betreiber gemacht und eine „Gestellungszahlung“ vereinbart.

Sr. Dorothea Gnau

Kongregation der Helferinnen/Simone Steiner

Sr. Dorothea Gnau

Die „Gestellungsverträge“ seien schon ein „besonderes Konstrukt“, räumte Sr. Dorothea Gnau ein. Da könnte man „noch einmal hinschauen - etwa, ob diese Gehälter nicht längst einmal wieder angepasst gehörten, wie das in einigen Diözesen beispielsweise vor ein paar Jahren geschehen ist“. Insgesamt gebe es aber nicht mehr viele Gestellungsverträge, auch im kirchlichen Bereich. Ist eine Ordensfrau bei einem staatlichen Betrieb angestellt, wird ohnehin ein herkömmlicher Arbeitsvertrag gemacht.

Das Gehalt bekommt der Orden

Das verdiente Geld bekommt der Orden. Darin sehen alle drei von religion.ORF.at befragten Ordensfrauen nichts Verkehrtes: „Wir sind eine Gütergemeinschaft - alles Geld kommt in einen Topf“, so Sr. Ruth Pucher. Daraus werden dann Dinge des persönlichen Bedarfs und auch etwa eine Ausbildung bezahlt.

Darüber müsse aber in der Ordensleitung gesprochen und entschieden werden, erzählte Sr. Nathanaela Gmoser. Es gilt schließlich, die Bedürfnisse aller im Orden zu berücksichtigen. Über unerschöpfliche Mittel verfügt wohl keiner von Österreichs Frauenorden - sie müssen sich selbst erhalten, vom Kirchenbeitrag bekommen sie nichts.

„Für die Situation in Österreich scheint mir bei diesem Thema die eigentliche Frage doch eher die des respektvollen Umgangs in der Kirche und die gegenseitige Achtung vor dem Dienst der/des anderen zu sein“, so Sr. Dorothea Gnau. „Da gibt es bei uns Gott sei Dank positivere Erfahrungen, als der italienische Artikel sie beschreibt – und doch noch sehr viel zu tun.“

Präsent sein

Sollten die Ordensfrauen in der Kirche mehr gehört werden? Es gehe darum, präsent zu sein, so Sr. Ruth Pucher. Rein zahlenmäßig sind die Frauen den Männern in den Orden überlegen. Doch stünden die Männer mehr in der Öffentlichkeit, wenn sie als Ordenspriester Messen lesen, die Beichte abnehmen und so weiter, sagte die Ordensschwester.

Orden in Österreich

In Österreich gibt es 105 Frauenorden, ihnen gehören 3.900 Ordensfrauen an. In den 85 Männerorden leben 1.950 Ordensmänner.

Trotz der Bemühungen und Willensäußerungen seitens Papst Franziskus’, Frauen müsste in der Kirche mehr Platz eingeräumt werden, schaffte es beispielsweise nicht eine einzige Ordensfrau zur Weltsynode für Ehe und Familie im Jahr 2015 - während zehn Ordensmänner daran teilnahmen, wie katholisch.de kürzlich schrieb.

Sr. Ruth Pucher nannte als Beispiel für Österreich das 100-jährige Diözesanjubiläum in Graz: Von selber wäre wohl niemand auf die Ordensfrauen mit der Frage zugekommen, ob sie sich daran beteiligen wollten. „Die Frauenorden haben sich selbst gemeldet und ihre Klöster geöffnet“, so Pucher. Die jüngeren Ordensfrauen seien „sehr sichtbar, aber wenige“: In den nächsten 20 Jahren sei damit zu rechnen, dass es in Österreich nur noch rund 700 Ordensfrauen geben wird.

Johanna Grillmayer, religion.ORF.at

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