Kardinal warnt Papst vor Abmachung mit Peking

Vor genau fünf Jahren wurde Papst Franziskus gewählt. Eines seiner umstrittensten Vorhaben ist die Annäherung an die kommunistische Führung in China. Er will die jahrzehntealte Kluft zwischen Staats- und Untergrundkirche verringern. Aber wie hoch ist der Preis?

Im Streit über Konzessionen von Papst Franziskus an die kommunistische Führung in Peking hat der Hongkonger Kardinal Joseph Zen vor verheerenden Folgen für die Katholiken in China gewarnt. „Von dem, was ich wissen oder annehmen kann, wird es eine Katastrophe“, sagte der Kardinal in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur in Hongkong. Er bezog sich auf eine möglicherweise bald bevorstehende Abmachung mit Peking, wonach der Papst sieben Bischöfe der staatlichen „patriotischen“ Kirche in China anerkennt, die den Papst ihrerseits nicht als Autorität akzeptiert.

Der chinesische Kardinal Joseph Zen

Reuters/Bobby Yip

Kardinal Joseph Zen warnt vor der Annäherung an die chinesische Führung

Papst will Spaltung der Kirche überwinden

In einer Kehrtwende will der Papst nach Berichten ihre Exkommunizierung aufheben. Die Bischöfe waren mit dem Ausschluss aus der Kirche bestraft worden, weil sie gegen seinen Willen die Ernennung durch die Staatskirche angenommen hatten. Franziskus, der am Dienstag vor fünf Jahren (13. März 2013) gewählt worden war, sucht eine Annäherung an Peking und will die Spaltung der katholischen Kirche in China überwinden. Wegen der Differenzen konnte der Papst bisher nicht nach Peking reisen.

Mehr als die Hälfte der schätzungsweise mehr als zehn Millionen Katholiken in China entzieht sich der Kontrolle des Staates und steht loyal zum Papst, wofür viele auch verfolgt werden. Kardinal Zen warnte vor einer Anerkennung der Staatskirche durch den Papst. Aus seiner Sicht werden damit dann auch jene Katholiken unterjocht, die bisher in der Untergrundkirche ihrem Glauben nachgehen.

„Viele werden sich betrogen fühlen“

"Die „Opportunisten" in der offenen Gemeinschaft sind die Gewinner. Die vielen anderen können ein gutes Gewissen haben, in Sklaverei zu leben“, sagte Zen. „Die wenigen, die sich in der Gemeinschaft noch widersetzen, werden sehr traurig sein, jede Hoffnung auf die nahe Zukunft aufzugeben“, sagte der 86-jährige Kardinal im Ruhestand. Er hatte dem Papst im Januar in Rom seine Bedenken vorgetragen.

„Aus der Untergrundkirche werden viele hervorkommen - in den Vogelkäfig“, sagte Zen mit Blick auf die Beschränkungen durch die Staatskirche. „Es ist sicherer, und jetzt gibt es ein gutes Gewissen, weil der Heilige Stuhl sagt, es sei in Ordnung.“ Nach Jahrzehnten des Widerstands unter zum Teil großen persönlichen Opfern werde es aber auch Enttäuschung geben. „Viele andere werden sehr traurig und vielleicht auch verärgert sein, sich betrogen fühlen.“

Papsttreue Katholiken im Untergrund

Der Streit mit Peking dreht sich um den Anspruch des Papstes, die Bischöfe der Kirche zu ernennen, was Chinas Regierung als Einmischung in innere Angelegenheiten ansieht. Nach ihrer Machtübernahme 1949 hatten die Kommunisten die Beziehungen zum Vatikan abgebrochen und 1951 die „Katholische Patriotische Vereinigung“ gegründet. Priester und Ordensschwestern, die dieser Staatskirche nicht beitreten wollten, wurden inhaftiert, geschlagen und manche umgebracht. Wer weiter dem Papst die Treue hielt, musste in den Untergrund flüchten.

Unter dem Staats- und Parteichef Xi Jinping wurde seit 2012 die Kontrolle von Religionsgruppen allerdings noch verschärft. So äußerte sich der China-Experte Bernardo Cervellera vom katholischen Nachrichtendienst AsiaNews auch „skeptisch“ zu den Plänen des Papstes und verwies auf die heute andauernde Unterdrückung von Katholiken und die Zerstörung von Kirchen in China. „Jede Vereinbarung, die nicht größere religiöse Freiheit garantiert, ist eine schlechte Abmachung.“

Kein Schutz der Religionsfreiheit

Im Gegenzug für die Anerkennung der sieben Bischöfe der Staatskirche solle Peking dem Papst künftig eine Mitsprache bei der Auswahl der Kandidaten für Bischofsposten der Staatskirche einräumen, hieß es in Presseberichten. Viele Fragen scheinen aber noch ungelöst. So ist auch unklar, was aus den mehr als 30 Bischöfen der Untergrundkirche wird, die von Rom, aber nicht von Peking anerkannt sind.

Der Hongkonger Aktivist Kenneth Chan, der eine Petition gegen die Abmachung organisiert hat, kritisierte, dass sie „keinen Schutz“ der Religionsfreiheit biete. Grundsätzlich wäre eine Vereinbarung zwar zu begrüßen, „aber mit welchen Mitteln und zu welchen Kosten“? Um formelle Beziehungen zu Peking aufnehmen zu können, müsste der Vatikan auch die diplomatischen Beziehungen zu Taiwan aufgeben, wozu der Papst nach Ansicht von Beobachtern bereit wäre. Peking betrachtet die demokratische Inselrepublik nur als abtrünnige Provinz.

Andreas Landwehr und Erin Hale, dpa

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