„Lucky“: Ein Atheist feiert das Leben

Der über 90-jährige Einzelgänger und Atheist Lucky (Harry Dean Stanton) lebt in dem gleichnamigen US-Film sein Leben nach seinen eigenen Vorstellungen und festen Ritualen. Doch eines Tages beginnt er sich mit seiner Endlichkeit auseinanderzusetzen.

Lucky ist Kettenraucher und hat einen fixen Tagesablauf: In der Früh Yoga und Eiskaffee, dann der Gang ins Diner mit obligatem Geplänkel mit Besitzer Joe (Barry Shabaka Henley), dann in den Supermarkt zum Plaudern und wieder nach Hause. Die Abende verbringt er in seinem Stammlokal, trinkt Bloody Mary und philosophiert mit Howard (David Lynch). Lucky lebt allein und ist stolz darauf, stets betont er den Unterschied zwischen Einsam- und Alleinsein. Er ist ein Eigenbrötler, der glaubt, andere Menschen nicht wirklich zu brauchen.

Filmhinweis

„Lucky“ ist ab 4. April in österreichischen Kinos zu sehen.

Ein Besuch beim Arzt macht dem alten Cowboy klar, dass sein Dasein nicht ewig dauern wird, der greise Atheist muss sich der Herausforderung stellen, angesichts des herannahenden Todes nicht zu verzweifeln. Als Lucky von der Geschichte eines kleinen, buddhistischen Mädchen erfährt, das den Tod mit einem Lächeln erwartete, beginnt er sich zu verändern.

Szene aus dem Film "Lucky". Harry Dean Stanton mit David Lynch

Polyfilm

Lucky (Harry Dean Stanton) re. mit Howard (David Lynch) li.

Umgehen mit dem nahenden Tod

Er nimmt seine Umgebung neu wahr, entdeckt Zusammenhänge, in die auch sein eigenes Leben eingebunden ist. Er kauft Insekten, die eigentlich Lebendfutter für Reptilien sind, frei und wird mit seinem Gesang zum Mittelpunkt einer Kindergeburtstagsfeier, die ihn eigenartig berührt.

Als liebenswert-verschrobener Einzelgänger ist er den Menschen in seiner Umgebung ans Herz gewachsen. So kommt es auch, dass die Kellnerin aus dem Diner sich Sorgen macht, als Harry eines Tages nicht auftaucht - sie fährt zu ihm und trifft ihn in Unterwäsche im Garten. Ihm ist die Situation zwar unangenehm, aber er freut sich auch, dass sie gekommen ist. Sie rauchen einen Joint zusammen und Lucky gesteht ihr, dass er Angst hat. Am nächsten Tag geht er wieder seine gewohnte Runde.

Szene aus dem Film "Lucky". Harry Dean Stanton

Polyfilm

Harry Dean Stanton ist Lucky

Alltagsmystik ohne Gott

Mit seinem Gesprächspartner Howard erörtert er (zusammen mit anderen Gemeindemitgliedern irgendwo in der amerikanischen Wüste), unter anderem, warum Howards Schildkröte „Präsident Roosevelt“ auf Wanderschaft gegangen ist - sie ist aus dem Garten entwischt. Und wie es kommt, dass ausgerechnet Anwälte von Haien nicht angefallen werden? Durchaus witzig, manchmal dahingeplaudert, manchmal aber auch sehr tiefgründig sind die Dialoge in dem Film „Lucky“.

Behutsam zeigt das Regiedebut des Schauspielers John Carroll Lynch, wie Lucky mehr und mehr beginnt, die Mystik des Alltags zu entdecken. Eine Mystik, die ohne Gott auskommt - und doch ihre fixe Verankerung hat. Der dem Hauptdarsteller auf den Leib geschriebene Film feierte international Erfolge. Stanton starb 2017 91-jährig, wenige Monate nach Abschluss der Dreharbeiten zu „Lucky“.

Brigitte Krautgartner, Nina Goldmann, religion.ORF.at

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