Antisemitische Übergriffe in Berlin häufen sich

Bei einem antisemitischen Übergriff in Berlin sind am Dienstagabend zwei junge Männer mit Kippot attackiert worden. Kürzlich wurde ein Mädchen in der Schule wegen seiner Religionszugehörigkeit beschimpft.

Wie die Polizei am Mittwoch mitteilte, wurden bei dem jüngsten antisemitischen Vorfall ein 21- und ein 24-jähriger Mann nach bisherigen Ermittlungen am Dienstagabend im Stadtteil Prenzlauer Berg auf einer Straße von drei unbekannten Männern beschimpft und angegriffen. Sie trugen zu diesem Zeitpunkt Kippot, die traditionelle Kopfbedeckung von jüdischen Männern.

Einer der Angreifer schlug das jüngere Opfer laut Polizei mit einem Gürtel, bevor er von seinen beiden Begleitern an weiteren Attacken gehindert worden sein soll. Der bei den Angriff leicht verletzte 21-Jährige folgte den sich daraufhin entfernenden Tätern, worauf ihn der Angreifer mit einer Glasflasche zu schlagen versuchte. Das wurde aber durch eine Zeugin verhindert.

Mit Handy gefilmt

Der Staatsschutz der Polizei übernahm die Ermittlungen zu dem Fall, den eines der beiden Opfer nach Angaben des Jüdischen Forums für Demokratie und gegen Antisemitismus mit seinem Handy filmte. Das Video wurde im sozialen Netzwerk Facebook geteilt.

Politik und Verbände reagierten empört. „Ich verurteile diese erneute antisemitische Attacke auf das Schärfste. Antisemitismus gehört nicht zum Berlin, in dem wir leben wollen“, erklärte Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) am Mittwoch.

Jüdisches Forum: „Unerträglich“

Das Jüdische Forum bezeichnete es am Mittwoch als „unerträglich anzusehen, dass ein junger jüdischer Mann auf offener Straße im gut situierten Berliner Stadtteil Prenzlauer-Berg angegriffen wird, weil er sich als Jude zu erkennen gibt“. Der Fall zeige, dass jüdische Menschen auch dort nicht sicher seien. Politik und Gesellschaft müssten handeln. „Wir brauchen keine Sonntagsreden mehr.“

Der Vorfall ist bereits der zweite innerhalb weniger Wochen. Jüngst hatte der Fall einer Berliner Grundschule bundesweit für Aufsehen gesorgt, an der eine Zweitklässlerin von älteren Schülern aus muslimischen Familien wegen ihrer jüdischen Religionszugehörigkeit beschimpft worden war.

Zentralrat: Antisemitische Vorfälle nicht verschleiern

Der Präsident des Zentralrates der Juden, Josef Schuster, hat Schulen dazu aufgefordert, derartige Vorfälle nicht zu verschleiern, um den guten Ruf der Schule zu bewahren. „Es wäre völlig falsch, hier von Versagen zu sprechen“, sagte Schuster bei einer gemeinsamen Tagung der Kultusministerkonferenz (KMK) mit dem Zentralrat der Juden in Deutschland am Mittwoch in Berlin.

„Warum sollten Lehrer jederzeit souveräne Lösungen parat haben, wenn auch Politiker sprachlos sind?“, fragte Schuster. Er hatte zuvor ein Meldesystem für antisemitische Vorfälle an Schulen gefordert.

Schüler überzeugen, dass alle gleichwertig sind

Es gelte, Schüler davon zu überzeugen, dass Religionen gleichwertig sind. Dies umzusetzen, sei allerdings schwer. Schuster sprach sich daher für „geeignete Materialen“ aus, die das Judentum in ihrer ganzen Vielfalt darstellen. Er appellierte an Ministerien und Landesinstitute, solche Materialen in den Ländern zu verbreiten.

Außerdem sollten Judentum und Antisemitismus „stärker und verpflichtend“ zum Gegenstand der Lehrer-Ausbildung gehören. Der Vorsitzende der KMK, Helmut Holter, setzt beim Kampf gegen Antisemitismus auf Bildung und „Möglichkeiten zur Begegnung mit dem Judentum“. Dazu sei eine Internetseite mit didaktischen Materialien entwickelt worden.

religion.ORF:at/dpa/AFP

Links: