Nach Streit mit Papst: Malteserorden hat neuen Chef

Der Jahrhunderte alte Malteserorden hat nach einer schweren Krise einen neuen Chef. Der bisherige Interimschef Giacomo Dalla Torre del Tempio di Sanguinetto wurde am Mittwoch in Rom auf Lebenszeit an die Spitze des katholischen Ordens gewählt.

Der 73-jährige Italiener folgt auf den ehemaligen Großmeister Matthew Festing, der vor rund eineinhalb Jahren nach einem Streit mit dem Papst zurückgetreten war, wie die Organisation am Mittwoch mitteilte. Dalla Torre stand schon seit einem Jahr übergangsweise an der Spitze des Ordens und soll die fast 1.000 Jahre alte Organisation weiter reformieren.

Reformen und neue Verfassung

Auch der Entwurf einer neuen Verfassung für den Souveränen Malteserorden sollte in dieser Woche präsentiert werden. Er stammt von einem Reformgremium unter Aufsicht von Papstdelegat Becciu; das Dokument müsse jedoch noch diskutiert werden, hieß es zuletzt.

Geregelt wurde in der Verfassung bisher, dass ein Großmeister stets „aus einer altadeligen Familie“ stammen und dem „Ersten Stand“ des Malteserordens angehören muss. Dazu zählen Männer, die als sogenannte Professritter die drei Gelübde von Armut, Ehrwürdigkeit und Gehorsam abgelegt haben und dann echte Ordensleute sind im Sinne des kanonischen Rechtes. Frauen können nach der aktuellen Verfassung nicht Großmeister werden.

Der neue Chef des Malteser-Ordens, Giacomo Dalla Torre del Tempio di Sanguinetto

APA/AFP/Damiano Rosa/Order of Malta Press Office

Der bisherige Interimschef Giacomo Dalla Torre del Tempio di Sanguinetto wurde zum 80. Großmeister des Malteserordens gewählt

Streitigkeiten führten zu Neuwahl

Der Wahl war ein beispielloser Machtstreit mit dem Vatikan vorausgegangen, der sich an der Entlassung des Deutschen Albrecht von Boeselager entzündet hatte. Von Boeselager war als Großkanzler unter anderem ein Jahre zurückliegender Streit zum Verhängnis geworden, bei dem es auch um die Verteilung von Kondomen in Myanmar ging.

Der damalige Ordenschef Festing hatte sich anschließend gegen eine Untersuchung der Vorfälle durch eine vom Vatikan eingesetzte Kommission gewehrt. Der Streit eskalierte, Papst Franziskus forderte Festing zum Rücktritt auf. Danach wurde Boeselagers Entlassung wieder aufgehoben.

80. Großmeister

Dalla Torre wurde 1944 in Rom geboren, hat sich während seines Studiums auf christliche Archäologie und Kunstgeschichte spezialisiert und lehrte an der Päpstlichen Universität Urbaniana in Rom. Mitglied des Ordens wurde er 1985. Dalla Torre ist der 80. Großmeister.

Vor der Bekanntgabe wurde Papst Franziskus schriftlich über das Wahlergebnis informiert. Anschließend erhielten auch die Großpriorate und andere Institutionen des Ordens Kenntnis, ebenso die Regierungen der 107 Staaten, zu denen der Orden mit dem Rang eines Völkerrechtssubjekts diplomatische Beziehungen unterhält. Donnerstag Früh wird Dalla Torre vor dem päpstlichen Sonderdelegaten für den Orden, Erzbischof Angelo Becciu, seinen Amtseid in der römischen Kirche Santa Maria in Aventino leisten.

Orden und Völkerrechtssubjekt

Der Malteserorden steht in der Tradition des „Ritterordens vom Hospital des heiligen Johannes zu Jerusalem“, des im 11. Jahrhundert gegründeten weltweit ersten christlichen Krankenpflegeordens. Nach der Reformation spaltete sich die Gemeinschaft auf in die katholischen Malteser und die evangelischen Johanniter.

Als katholischer Orden ist der Souveräne Malteserorden dem Heiligen Stuhl unterstellt. Gleichzeitig ist er politisch ein eigenes Völkerrechtssubjekt. Dieser Status verschafft ihm einzigartige Zugänge auf politischer und diplomatischer Ebene und soll besondere Unabhängigkeit in Konflikten ermöglichen.

Die Malteser haben nach eigenen Angaben 13.500 männliche und weibliche Ordensmitglieder sowie rund 120.000 ehren- und hauptamtliche Mitarbeiter. Sie sind weltweit in der Entwicklungs-und Katastrophenhilfe sowie im Gesundheitssektor aktiv. In Deutschland gründeten der deutsche Zweig des Malteserordens und der Deutsche Caritasverband 1953 den Malteser-Hilfsdienst (MHD) als Sanitäts- und Katastrophenschutz-Organisation, in Österreich wurde der Hospitaldienst im Zuge der Ungarnkrise 1956 gegründet.

religion.ORF.at/dpa/KAP

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