„Das Buch der Bücher“ im Grazer Schauspielhaus

Das Grazer Schauspielhaus zeigt ab 12. Mai „Das Alte Testament - Aus dem Tagebuch der Menschheit“. Dazu werde es auch Umbauten im Zuschauerraum sowie eine Einbindung des Publikums ins Spiel geben, sagte Regisseur Volker Hesse.

Die Bibel, das „Buch der Bücher“, sei „als Ganzes ein riesiges, vielschichtiges, aus unterschiedlichsten Elementen zusammengesetztes Werk“, so der Regisseur in dem am Donnerstag veröffentlichten Interview. Schon allein das Alte Testament brauche „für so einen Theaterabend eine enorme Auswahl und muss aus Hunderten von Seiten bestimmte Fragestellungen aufgreifen“, erklärte er im APA-Interview, warum man sich auf die „alte Bibel“ beschränkte.

Szenenfoto Aufführung "Das Alte Testament" im Grazer Schauspielhaus

Lupi Spuma

Szenenfoto aus „Das Alte Testament“

„Wildheit, Grausamkeit, Unübersichtlichkeit“

„Der Versuch der Vollständigkeit wäre da vollkommen sinnlos. Das Alte Testament zieht mich besonders an, weil es im Gegensatz zum Neuen Testament viel weniger Verkündigungsprogramm ist.“ Es sei „eine Ansammlung von teils schmerzlichen, teils verrückten, oft auch kryptischen Geschichten, und die Wildheit, Grausamkeit, Unübersichtlichkeit“, das nicht sofort Erklärbare vieler alttestamentarischer Texte lade zum Träumen, Spekulieren und Deuten ein, sagte Hesse.

Bibelwissen nimmt ab

Die Bibel ist eines der bekanntesten Bücher der Welt und eine der Säulen unserer abendländischen Kultur. Die Ausgaben der „Heiligen Schrift“ erreichen weltweit jährlich eine Auflage von ungefähr 20 Millionen Stück. Übersetzt wurde das „Buch der Bücher“ in rekordverdächtige 2.303 Sprachen. Dennoch nimmt das Bibelwissen hierzulande ab, immer weniger Menschen kennen die Figuren und Geschichten. Dabei waren die Texte der Bibel jahrhundertelang eine der wesentlichen Inspirationsquellen für Kunst, Literatur und Musik.

Szenenfoto Aufführung "Das Alte Testament" im Grazer Schauspielhaus

Lupi Spuma

Mächtige Bilder

Das Alte Testament entstand aus einem jahrhundertelang erst mündlich überlieferten, später schriftlich fixierten, tiefen Menschheitswissen heraus. Die Geschichten im Alten Testament – von der Schöpfungsgeschichte über die Sintflut, Kain und Abel, den Turmbau zu Babel, Josef in Ägypten bis hin zu Moses, der Gott im brennenden Dornbusch erkannte, die zehn Gebote empfing, und viele mehr – beschwören in mächtigen Bildern eine grausame, chaotische, undurchschaubare Welt und Natur, der der Mensch immer wieder Würde und Zivilisation abzutrotzen versucht.

Veranstaltungshinweis

Premiere „Das Alte Testament - Aus dem Tagebuch der Menschheit“ am 12. Mai 2018, 19.00 Uhr, Schauspielhaus Graz, Haus eins, weitere Vorstellungen am 22., 23., 24., 25., 26., 29., 30. und 31. Mai, am 1., 2., 12., 13., 14., 15. und 16. Juni 2018, jeweils 19.00 Uhr

Regisseur Volker Hesse, der in der Saison 2016/2017 mit „Geächtet“ von Ayad Akhtar einen vielbeachteten Publikumserfolg inszenierte, widmet sich dieser monumentalen Aufgabe gemeinsam mit 13 Schauspielerinnen und Schauspielern und fünf Live-Musikern im dafür überbauten Zuschauerraum von HAUS EINS. Die Bühne des Haupthauses wird dafür umgebaut und soll „eine neue Perspektive auf die alten Texte“ ermöglichen.

„Es geht uns um ein gemeinsames Erleben, das in großer Nähe zueinander stattfinden soll, Bühne und Zuschauerraum sollen sich vermischen, sodass alle an dieser Aufführung beteiligt sind, sich im Raum bewegen oder auch bewegt werden. Ich hoffe, dass dadurch die Vorstellungskraft anders angeregt wird als durch eine bloße passive Aufnahme des Geschehens“, so Hesse.

Religion prägt Spielplan 2017/2018

Religion prägt den Spielplan des Grazer Schauspielhauses für die Saison 2017/2018: Als Themenschwerpunkt präsentierten die Geschäftsführende Intendantin Iris Laufenberg und ihr Team im März an deren Beginn die „Frage nach dem Glauben“.

Als Leitfragen wurden dabei genannt: "Woran glauben wir eigentlich? Wofür brauchen wir Religion und wofür benutzen wir sie? Das ambitionierteste Projekt dabei bildet wohl „Das Alte Testament“, die letzte Premiere am 12. Mai. Weitere Stücke: Die Britin Lily Sykes inszenierte Lessings Klassiker „Nathan der Weise“ und widmet sich vor dem Hintergrund von heute vielfach religiös begründeter Gewalt der Frage, wie die berühmte Ringparabel des weisen Juden heute zu lesen ist.

„Alte Meister der Sprache, die sich in ihren Werken mit der Frage nach dem Glauben auseinandersetzen“, sind laut Grazer Schauspielhaus Joseph Roth und Thomas Mann. Die Regisseure Andras Dömötör und Alexander Eisenach widmen ihre Dramatisierungen den berühmten Romanen „Hiob“ und „Der Zauberberg“. Auch die erfolgreiche Produktion „Judas“, die im Vorjahr in 25 steirischen Kirchen zu sehen war, wird in der laufenden Saison weitergeführt.

religion.ORF.at/KAP

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