Abschiebungen nach Afghanistan: NGOs fordern Stopp

Mehrere im Asylbereich tätige NGOs fordern von der österreichischen Regierung die sofortige Aussetzung der Rückführungen von Flüchtlingen nach Afghanistan.

Obwohl das Außenministerium seit Langem vor Reisen in den zentralasiatischen Krisenstaat warne und dort befindlichen Österreichern dringend die Ausreise nahelege, nähmen die Abschiebungen dorthin weiter zu, kritisierten das Don Bosco Flüchtlingswerk und die evangelische Diakonie, die am Dienstag mit Asylkoordination österreich, Alpine Peace Crossing, Integrationshaus, SOS Mitmensch und Volkshilfe die gemeinsame Kampagne #SicherSein präsentierten.

Amnesty International, Rotes Kreuz, Samariterbund, SOS Kinderdorf, VIDC sowie zahlreiche Prominente unterstützen die Initiative. „Wir bekommen hautnah mit, was sich bei den von uns betreuten jungen Afghanen abspielt - ihre Trostlosigkeit, die Angst vor der Abschiebung und vor den Gefahren zu Hause“, sagte Eva Kern, die Geschäftsführerin des Don Bosco Flüchtlingswerks, im Gespräch mit Kathpress.

„Schlichtweg unmenschlich“

Teils lebten die von Abschiebung bedrohten Flüchtlinge schon lange in Österreich und hätten zu Hause weder Familie noch Anknüpfungspunkte. Bei Kenntnis der Lage in Lage in Afghanistan sei das Vorgehen der Behörden „schlichtweg unmenschlich“. Kern: „Solange weiter regelmäßig Anschläge stattfinden und Menschenleben bedroht sind, sollten auch keine Menschen dorthin abgeschoben werden.“

In ganz Afghanistan besteht laut der Reisewarnung des Außenministeriums das „Risiko von gewalttätigen Auseinandersetzungen, Raketeneinschlägen, Minen, Terroranschlägen und kriminellen Übergriffen einschließlich Entführungen, Vergewaltigungen und bewaffneter Raubüberfälle.“

Sicherheitslage oft ignoriert

Österreich zählt dennoch zu jenen Ländern Europas, die die derart katastrophale Sicherheitslage oft ignorieren und regelmäßig negative Asylbescheide für Asylsuchende aus Afghanistan erlassen und Abschiebungen durchführen. Eine hohe Fehlerquote bei diesen Bescheiden aus erster Instanz ruft darüber hinaus bei Betroffenen große Angst hervor und hält auch die Patenfamilien in Atem.

„Wir können kaum glauben, dass Österreich zunehmend schutzsuchende Menschen in ein Land zurückschickt, wo gerade erst am Sonntag wieder zahlreiche Zivilisten umgekommen sind“, kritisierte Diakonie-Direktor Michael Chalupka bei der Pressekonferenz am Dienstag in Wien. Afghanistan-Expertin Friederike Stahlmann vom deutschen Max Planck Institut für ethnologische Forschung hob hervor, dass Abgeschobene und ihre Familien neben den landesweiten Bedrohungen und der humanitären Katastrophe noch weiteren, speziellen Gefahren ausgesetzt seien.

Neben einem Anschluss an kriminelle Netzwerke wie den Taliban bleibe Betroffenen erfahrungsgemäß oft nur die Option, das Land erneut schnellstmöglich zu verlassen, doch: „So werden aus Abgeschobenen sofort wieder Flüchtlinge, die in Lebensgefahr sind.“

„Nicht länger trauriger Vorreiter sein“

„Österreich darf nicht länger trauriger Vorreiter für Abschiebungen nach Afghanistan sein“, forderte Volkshilfe-Chef Erich Fenninger. Mit der Initiative #SicherSein wolle man bewusst „das Thema Sicherheit in einem der sichersten Länder der Welt aufzugreifen und ins Reale zurückverkehren“.

Es gehe um die Sicherheit „für Flüchtlinge“ statt vor behaupteter Unsicherheit oder Bedrohung durch den „anderen“. Aufgezeigt werden im Zuge der Kampagne Möglichkeiten des Engagements für den Einzelnen sowie der Vernetzung und Unterstützung dafür, denn: „Es gibt eine Alternative zu Abschiebungen. Und dafür braucht es Zivilcourage und Mut zum Handeln“, so Fenninger.

religion.ORF.at/KAP

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