Stift Kremsmünster zu Vergleichsgesprächen bereit

Ein von sexuellem Missbrauch betroffener Ex-Schüler hat das Benediktinerstift Kremsmünster auf Schadensersatz von 100.000 Euro geklagt. Eine außergerichtliche Einigung steht im Raum.

Die über Jahrzehnte reichenden Missbrauchsfälle im oberösterreichischen Stift Kremsmünster beschäftigen seit Dienstag erneut das Landesgericht Steyr. Bis zum nächsten Gerichtstermin am 26. Juni soll geklärt werden, ob man sich auf einen Vergleich einigen kann.

Schmerzensgeld und Verdienstentgang

Der heute 42-jährige Kläger war von 1987 bis 1996 Internatsschüler in Kremsmünster und wurde in jener Zeit Opfer von sexuellen Übergriffen des damaligen Internatsleiters. Der Pater wurde 2013 zu zwölf Jahren Haft verurteilt, die er derzeit absitzt. Die von Kardinal Christoph Schönborn eingesetzte Opferschutzanwaltschaft, die sogenannte Klasnic-Kommission, leistete dem jetzigen Kläger eine „Gesten-Zahlung“ von 35.000 Euro.

Stift Kremsmünster, Panorama

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Das Stift Kremsmünster ist bereit, mit dem Kläger Vergleichsgespräche zu führen

Der Betroffene geht jedoch davon aus, dass ihm auch 60.000 Euro Schmerzensgeld und 40.000 Euro Verdienstentgang vom Stift zustehe, denn er hat wegen der Tatfolgen erst mit sechs Jahren Verspätung sein Studium begonnen. Es wäre Aufgabe der Ordensleitung gewesen, die Gefahren für die Internatsschüler abzuwenden.

Studie: „Systemversagen“

Seine Zivilklage fußt auf den Ergebnissen einer Studie des Münchner Instituts für Praxisforschung und Projektberatung. Im Mittelpunkt der vom Stift in Auftrag gegebenen Untersuchung stand die Aufarbeitung der Missbrauchs- und Misshandlungsfälle nach 1950. Die Sozialforscher attestieren darin ein „Systemversagen“, da es im Kloster an Kommunikation, pädagogischer Ausbildung und sexueller Reife gefehlt habe.

Dass es sich offenbar nicht um reines Individualverschulden eines Einzeltäters gehandelt habe, sei dem Opfer erst durch die Studie bewusst geworden, weshalb er das Stift daraufhin klagte. Dessen Rechtsvertreter hingegen verneint ein sogenanntes Organisationsversagen. Weiters argumentiert er, dass ein solches ohnehin verjährt wäre.

„Vernünftige Lösung“ und Entschuldigung

Vor der Prüfung der Schadensersatzansprüche muss das Zivilgericht erst einmal die Frage der Verjährung klären. Das soll am nächsten Verhandlungstermin am 26. Juni geschehen. Bis dahin wollen klagende und beklagte Partei jedoch Vergleichsgespräche führen. Beide erklärten einhellig, diesen Weg nicht von vornherein abzulehnen.

Aber man wolle eine „vernünftige Lösung“, erklärte die Klägerseite. Dazu gehöre auch, dass sich das Stift beim Opfer entschuldige. Eine Höhe einer allfälligen Entschädigung bei einem Vergleich wurde bei der ersten Tagsatzung am Dienstag nicht genannt.

religion.ORF.at/APA

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