Missbrauch in Kirche: Staatsanwaltschaft ermittelt

Die Staatsanwaltschaft Korneuburg ermittelt in einem Missbrauchsfall in der römisch-katholischen Kirche. Die Plattform Betroffener kirchlicher Gewalt will Strafanzeige im Fall „Clara“ erstatten.

Wie der „Standard“ (Onlineausgabe vom Freitag) berichtete, hat die Staatsanwaltschaft Korneuburg die Ermittlungen wegen Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses bestätigt. Die heute 41-jährige „Clara“ wurde vor 23 Jahren im Schwesternkloster Hollabrunn von einem Priester mit Zwillingen schwanger.

Dieser erkannte die Vaterschaft an. Die Frau gibt an, damals vom Kindervater und Kirchenseite zur Adoptionsfreigabe gedrängt worden zu sein, was sie bis heute psychisch schwer belaste, schrieb die Plattform in einer Aussendung am Mittwoch.

Erzdiözese beschäftigt sich mit Missbrauchsvorwurf

Dieser alte Fall beschäftigt erneut die Erzdiözese Wien. Nach Erkundung der Umstände hat die Erzdiözese den damals jungen Priester in seinen Funktionen belassen - unter der Bedingung, dass er die Beziehung nicht wieder aufleben lasse und dass er seine Verantwortung gegenüber Mutter und Kind erfülle.

Die Entscheidung fiel auch deshalb milde aus, weil den Umständen nach – die junge Frau hatte sich wiederholt heimlich aus eigener Initiative mit dem Priester getroffen – auf eine Freiwilligkeit der Beziehung geschlossen wurde, und damit auch keine Strafbarkeit nach staatlichem Recht gegeben war.

Auch die über die Vorgänge und handelnden Personen voll informierten staatlichen Behörden sahen damals keinen Anlass für eine Anzeige. In weiterer Folge hatte der Priester die Auflagen erfüllt, sich offiziell zur Vaterschaft bekannt und der Mutter Unterhalt für die beiden Kinder geleistet und Besuchsrechte vereinbart.

Untersuchungen nach neuen Vorwürfen

Die nun bei der Klasnic-Kommission eingebrachten Vorwürfe beziehen sich darauf, dass der Priester damals gegenüber der jungen Frau - die bei Beginn der Beziehung noch minderjährig war - übergriffig gewesen sein soll.

Außerdem gibt die Frau an, dass die Freigabe ihrer Kinder zur Adoption 1996 nicht freiwillig geschehen sei. Wie der Pressesprecher der Erzdiözese Wien, Michael Prüller, erklärt, nehme die Erzdiözese die Sache sehr ernst. „Die Ombudsstelle der Erzdiözese untersucht diese neu eingebrachten Vorwürfe.

Dazu kommt, dass man heute weiß, dass bei Beziehungen mit Minderjährigen der Begriff der Freiwilligkeit sehr problematisch ist. Wir müssen uns also auch fragen, ob man nicht diese Beziehung schon als solche als missbräuchlich ansehen muss.“

Für den Priester spräche, so Prüller, dass es seitdem keine Vorwürfe in Zusammenhang mit Minderjährigen mehr gegeben habe. Ob es zu Konsequenzen für den Priester komme, der heute in nichtleitender Stelle in einer Pfarre der Erzdiözese Wien eigesetzt sei, werde vom Ergebnis der Untersuchungen abhängen.

Am dringlichsten müsse nun geschaut werden, wie man der Frau helfen könne, die von klein auf ein sehr schwieriges Leben meistern musste und der es - laut ihrer Eingabe in der Klasnic-Kommission - sehr schlecht ginge.

Schönborn: der Betroffenen rasch und wirksam helfen

Kardinal Christoph Schönborn, der zum damaligen Zeitpunkt knapp zwei Monate Erzbischof war, hält erneut fest, dass die Kirche in der Vergangenheit Fehler gemacht habe: „Heute würden wir wohl rigoroser entscheiden.“

Die Entscheidung von damals habe zwar keinen weiteren Schaden verursacht, doch habe die Erzdiözese zu wenig den der Frau durch die Beziehung zugefügten Schaden und ihr weiteres Schicksal im Blick gehabt.

Schönborn: „Ich sehe hier eine moralische Verpflichtung und werde alles daransetzen, dass wir rasch und wirksam helfen.“ Die Ombudsstelle der Erzdiözese Wien habe zu diesem Zweck bereits Kontakt mit der betroffenen Frau aufgenommen.

In Adoptionsvorgang nicht eingebunden

Die Frau hatte 1996 auf Anraten des Jugendamtes und unter der Ägide der zuständigen Bezirkshauptmannschaft ihre beiden Kinder zur Adoption freigegeben.

Vorwürfe, dass sie damals von der Kirche dazu gedrängt worden sei, weist Prüller für die Erzdiözese zurück: „Wir waren in diese Vorgänge nicht mehr eingebunden.“ 2008 haben die Behörden schon einmal festgestellt, dass es damals keinen Zwang gegeben habe.

Nach dem Bekanntwerden zahlreicher Missbrauchsvorwürfe im Jahr 2010 hat die katholische Kirche in Österreich die Präventionsmaßnahmen weiter verschärft und über die Klasnic-Kommission in Zusammenarbeit mit den Ombudsstellen der Diözesen ein vereinfachtes Verfahren für die Zuerkennung von Hilfen für Missbrauchsopfer eingeführt.

Illegale Eizellenabnahme?

„Clara“ gibt zudem an, später noch ein Mal von dem Priester schwanger gewesen zu sein. Angeblich mit Drillingen - das sei eine Eileiterschwangerschaft gewesen, die abgebrochen werden musste. Weiters geht die Plattform Betroffener Kirchlicher Gewalt dem Verdacht der illegalen Eizellenentnahme an der Frau nach. Sie hatte von monatlichen gynäkologischen Eingriffen berichtet.

Wie der Sprecher der Staatsanwaltschaft dem „Standard“ bestätigte, wird wegen Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses, die näheren Umstände der Adoption und angebliche Abnahmen von Eizellen, ermittelt. „Wir ermitteln gegen unbekannt und gegen einen Verdächtigen, der uns von der Plattform Betroffener kirchlicher Gewalt genannt wurde“, so Friedrich Köhl von der Staatsanwaltschaft Korneuburg gegenüber der Zeitung.

religion.ORF.at/KAP

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