Fastenbrechen: Wert öffentlich-religiöser Symbole

Den Wert einer pluralen Gesellschaft, in der religiöse Zeichen in der Öffentlichkeit präsent sind und sein dürfen, hat der Generalsekretär der Österreichischen Bischofskonferenz, Peter Schipka, beim interreligiösen Iftar-Essen (Ramadan-Fastenbrechen) betont.

Das Fastenbrechen der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ) fand am Mittwochabend in Wien statt. Nuntius Erzbischof Peter Stephan Zurbriggen, Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP), Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) sowie zahlreiche hochrangige Vertreter der Religionen nahmen daran teil.

Gesellschaft ohne religiöse Zeichen „arm“

„Eine plurale Gesellschaft wäre arm, wenn religiöse Zeichen nicht mehr öffentlich sichtbar werden könnten. Das gilt für Gebetshäuser ebenso wie für Kleidung oder religiöse Symbole in öffentlichen Räumen“, so Schipka. Im Blick auf den Anlass sagte er, dass Menschen, die an Gott glauben, auch in einer von Pluralität gekennzeichneten Gesellschaft ein Zeichen für andere seien: „Menschen, die an Gott glauben, zeigen, dass es mehr gibt, als wir sehen können. Sie weisen auf eine größere Wirklichkeit hin, die uns umgibt und in der wir leben.“

Auch Menschen, die fasten, könnten ein Zeichen für andere sein: Fastende zeigten, dass es mehr gebe als den kurzfristigen Genuss. „Sie weisen auf eine größere Freude hin, für die es sich zu leben lohnt und die nur erreichbar wird, wenn auf manchen kurzfristigen Genuss verzichtet wird.“

Gefastet wird unterschiedlich

Das Fasten in den Religionen sei allerdings unterschiedlich und plural: Fasten im christlichen Bereich sei vor allem eine persönliche Angelegenheit, denn Jesus trage den Jüngern auf: „Wenn ihr fastet, macht kein finsteres Gesicht wie die Heuchler. Sie geben sich ein trübseliges Aussehen, damit die Leute merken, dass sie fasten“, zitierte der Generalsekretär der Bischofskonferenz die Bergpredigt aus dem Matthäusevangelium.

„Amen, das sage ich euch: Sie haben ihren Lohn bereits erhalten. Du aber salbe dein Haar, wenn du fastest, und wasche dein Gesicht, damit die Leute nicht merken, dass du fastest, sondern nur dein Vater, der auch das Verborgene sieht; und dein Vater, der das Verborgene sieht, wird es dir vergelten“, predigte Schipka.

Verzicht, um anderen Leben zu ermöglichen

Das Fasten der Muslime sei hingegen auch ein öffentliches Zeichen, das zeige, „es geht auch anders“, und das für einen alternativen Lebensstil stehe: dass „so mancher Verzicht nötig ist, um anderen Menschen Leben zu ermöglichen“. Dafür sei er dankbar, so Schipka.

Dieses öffentliche Zeichen erinnere auch andere daran, „dass eine Gesellschaft nur bestehen kann, wenn die Menschen bereit sind, zugunsten anderer auf die Durchsetzung so mancher eigener Interessen zu verzichten“, betonte der Vertreter der katholischen Kirche bei der interreligösen Feier.

IGGÖ-Präsident Ibrahim Olgun unterstrich, dass sich die Muslime in Wien wohl fühlen. Es gebe große Freiheit und keine Bekleidungsvorschriften. Er hoffe, dass auch in Zukunft „alle an einem Strang ziehen und alle - ob Christen, Muslime und Juden - in Toleranz leben“.

Bünker: „Leben in Zeit der Extreme“

Bischof Michael Bünker von der evangelisch-lutherischen Kirche interpretierte das Fasten als Weg zum Maßvoll-Sein. Maßvoll solle man auch „beim Vertreten der politischen Meinung, des religiösen Standpunkts“ sein, so Bünker. Denn „wir leben heute in einem Zeitalter der Extreme“, was etwa Muslime „anhand des hohen Maßes an Feindseligkeit gegen sie“ erlebten. „Leben wir so, dass unsere jeweilige Religion verträglich wird“, appellierte der Bischof. Der Ramadan sei insofern ein Schatz um Maßhalten zu lernen.

Bildungsminister Faßmann und IGGÖ-Sprecherin Carla Amina Baghajati äußerten ihre Freude über jüngste Positiventwicklungen. So gebe es eine Reihe neuer Professuren in Islamischer Theologie und Arabistik an den Universitäten. Das sei auch ein Ausdruck des Aufeinander-Zugehens. Veränderungen in der Gesellschaft dürften nicht ignoriert werden, denn „Veränderung ist die einzige Konstante der Gegenwart“, formulierte der Minister.

Bürgermeister erinnerte an Dreißigjährigen Krieg

Bürgermeister Ludwig schloss den Reigen der Reden ab. Er erinnerte daran, dass vor 400 Jahren ein großer Religionskrieg begonnen habe, der 30 Jahre gedauert und viele Landstriche verwüstet habe. Im Frieden von Münster und Osnabrück 1648 („Westfälischer Frieden“) sei es dann aber gelungen, dieses Kapitel zu beenden und einen Lernprozess zu beginnen, um in der religiösen Toleranz voranzukommen.

Für ihn - so Ludwig - gelte, dass jeder Angriff auf ein Mitglied einer Religionsgemeinschaft „ein Angriff auf alle Gemeinschaften ist“. Das sei auch von den Religionsgemeinschaften in Wien so gesehen worden, als kürzlich am Campus der Religionen eine jüdische Fahne als einzige der dort vertretenen Fahnen der Glaubensgemeinschaften heruntergerissen und der zugehörige Fahnenmast zerstört worden sei.

religion.ORF.at/KAP

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