Evangelische in Wien wählen neue Führung

Am Samstag wird in der Evangelischen Kirche A.B. in Wien eine neue Superintendentin oder ein neuer Superintendent gewählt. Drei Frauen und zwei Männer stellen sich der Wahl.

Kandidieren werden für die evangelisch-lutherischen Diözese Wien Hans-Jürgen Deml (58), als Senior einer der Stellvertreter des Superintendenten und Pfarrer in Wien-Neubau/Fünfhaus, Marianne Fliegenschnee (46), Pfarrerin in Wien-Floridsdorf, Pfarrer Matthias Geist (48), der in Wien als Gefängnisseelsorger tätig ist, Seniorin Verena Groh (49), Pfarrerin in Wien-Donaustadt und ebenfalls Stellvertreterin des Superintendenten, sowie Daniela Schwimbersky (44), Pfarrerin der Gemeinde in Wien-Ottakring.

Amt auf zwölf Jahre

Der Superintendent oder die Superintendentin wird von der Superintendentialversammlung, in der Delegierte aller Pfarrgemeinden vertreten sind, für die Dauer von zwölf Jahren mit einer Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen gewählt. Es geht um die Nachfolge von Hansjörg Lein. Er tritt Ende November nach 14 Jahren als Superintendent in den Ruhestand.

Hinweis

Die Wahlsitzung ist öffentlich und findet am Samstag ab 9.00 Uhr im JUFA Hotel Wien City in Simmering statt.

Die Stellung des Superintendenten bzw. der Superintendentin entspricht der des Diözesanbischofs in der römisch-katholischen Kirche. Das Leitungsamt wird die neue Superintendentin/der neue Superintendent am 1. Dezember übernehmen.

Lutherische Stadtkirche in Wien

ORF.at/Johanna Grillmayer

Die evangelische Diözese Wien bekommt einen neuen Superintendenten oder eine Superintendentin

Geistliche Führung für Diözese

Zu den Aufgaben der neuen Superintendentin bzw. des neuen Superintendenten gehört die geistliche Führung der Diözese. Sie bzw. er hat die Aufsicht über die kirchlichen Ordnungen und die schriftgemäße Verkündigung. Zu den bischöflichen Rechten gehören die Ordination von Pfarrerinnen und Pfarrern und die Visitation von Pfarrgemeinden.

Wählbar sind akademisch gebildete, ordinierte geistliche AmtsträgerInnen der Evangelischen Kirche A.B., die mindestens 35 Jahre alt sind. Vorgeschlagen wurden die Kandidatinnen bzw. die Kandidaten von den Wiener evangelischen Pfarrgemeinden.

Superintendentialkuratorin Inge Troch zeigte sich im Vorfeld der Wahl „dankbar, dass es Personen gibt, die die Voraussetzungen erfüllen und die bereit sind, sich einer solchen Wahl zu stellen. Da gibt es keine Sieger und Verlierer. Denn, das ist typisch evangelisch, wir arbeiten gemeinsam und demokratisch auf allen Ebenen“.

48.500 Mitglieder in 21 Gemeinden

Die Evangelische Diözese in Wien besteht in ihrer heutigen Form seit 1946 und hat rund 48.500 Mitglieder in 21 Gemeinden. Sie ist damit nach Oberösterreich die an Mitgliedern zweitgrößte evangelisch-lutherische Diözese in Österreich.

Die Evangelische Kirche A.B. in Österreich wählt in diesem Jahr auch sämtliche Gremien neu. Aufgrund des basisdemokratischen Aufbaus wird von unten nach oben neu gewählt. Den Beginn bilden die Gemeindevertretungswahlen, die bereits den ganzen April über laufen. Im Herbst folgen die Wahlen der Leitungsgremien auf diözesaner Ebene, im Dezember tritt dann die neu konstituierte gesamtösterreichische Synode zusammen.

Die Kandidatinnen und Kandidaten

Hans-Jürgen Deml wurde am 24. September 1959 in Stuttgart geboren und studierte evangelische Theologie in Wien, Erlangen und Heidelberg. Auf ein Lehrvikariat in Wien-Landstraße folgten Jahre als Pfarramtskandidat in Wien-Favoriten (Gnadenkirche) und Purkersdorf. Nach seiner Ordination im Jahr 1991 war Deml bis 2010 Pfarrer in Mistelbach. Seitdem ist er in der Pfarre Wien-Neubau/Fünfhaus tätig und zudem seit 2003 als Senior Stellvertreter von Superintendent Hansjörg Lein.

Hans-Jürgen Deml,  Kandidat für die Superintendenten-Wahl in Wien

epd/UschmannM

Hans-Jürgen Deml (Wien-Neubau/Fünfhaus)

Die Aufgabe des Superintendenten oder der Superintendentin liegt nach Demls Auffassung darin, die Farben aller Pfarrgemeinden und kirchlichen Einrichtungen „miteinander zum Leuchten zu bringen“. Dazu benötige es „die eigene Spiritualität, das Hinhören auf das jeweilige Gegenüber und außerdem Menschen, die ihre Farben ins Spiel bringen.“ Die Farben signalisierten zudem Vielfalt in der Ökumene, auch Kirchenferne will Deml ins Gespräch bringen. „Wo und wie wir im Namen unseres Gottes für andere tätig werden muss in unseren Diskussionen wichtiger sein als jedes Kreisen um sich selbst.“

Fliegenschnee: Diözese als Einheit verstehen

Marianne Fliegenschnee, geboren am 8. September 1971 in Wien, studierte evangelische Theologie in Erlangen und Wien, wo sie auch wissenschaftliche Assistentin am Institut für Kirchengeschichte und christliche Kunst war. Ihr Vikariat absolvierte Fliegenschnee ab 2002 in Tulln, ehe sie 2004 zur Pfarrerin ordiniert wurde. Seit 2004 ist sie Pfarrerin in Wien-Floridsdorf, seit 2012 auf der amtsführenden Stelle.

Marianne Fliegenschnee, Kandidatin für die Superintendenten-Wahl in Wien

epd/UschmannM

Marianne Fliegenschnee (Wien-Floridsdorf)

Für die Wiener Diözese fordert Fliegenschnee: „Wir müssen anfangen, uns in Wien viel mehr als Einheit zu verstehen.“ Ein Superintendent oder eine Superintendentin müsse dazu beitragen, „dass dieser Zusammenhalt verstärkt, gefördert und vorangetrieben wird.“ Wichtige Entscheidungen wie die Frage der Zusammenlegung von Gemeinden müssten entschieden werden, hier wolle Fliegenschnee „begleiten, koordinieren und zu einer Entscheidung führen.“ Das evangelische Wien müsse in der Öffentlichkeit sichtbarer werden, dazu gelte es auch, die neuen Medien zu nutzen und die Stimme für „die armen, unterdrückten und ausgegrenzten Menschen zu erheben“.

Geist: Ehrlich auf Menschen zugehen

Matthias Geist wurde am 4. September 1969 in Salzburg geboren. Er studierte Mathematik und evangelische Theologie in Wien, war dort auch als Assistent am Institut für Systematische Theologie tätig. Sein Vikariat absolvierte Geist ab 1997 in Wien-Landstraße, im Jahr 2000 wurde er zum Pfarrer ordiniert. Seit 2001 ist Geist Gefängnisseelsorger in den vier Justizanstalten und zwei Polizeianhaltezentren Wiens.

Matthias Geist, Kandidat für die Superintendenten-Wahl in Wien

epd/UschmannM

Matthias Geist (Gefängnisseelsorge)

Als inhaltliche Schwerpunkte in einer möglichen Amtszeit als Superintendent nennt Geist die regionale Zusammenarbeit unter der Formel „weniger ist mehr“ und die Verbindung der Kernpunkte Diakonie, Seelsorge, Glaube sowie Theologie und Bildung. In diesem „Wiener Modell“ will Geist „konstruktiv an einer hoffnungsvollen, lebensbejahenden Botschaft für diese Stadt“ arbeiten. Als Superintendent will er die Verantwortung dafür übernehmen, „dass wir eine der lebenswertesten Städte der Welt verantwortungsvoll mitgestalten“, und „auf Menschen in einer lebendigen, ehrlichen, zeitgemäßen und lebensnahen Weise zugehen“.

Groh: Kritisch begleiten und anleiten

Verena Groh, geboren am 11. April 1969 in Wels, studierte evangelische Theologie in Wien. Auf das Vikariat in Zell am See folgte ein Jahr als Pfarramtskandidatin in Villach, ehe sie 1999 zur Pfarrerin ordiniert wurde. Bis 2010 war Groh Pfarrerin in der Gemeinde Villach-Stadtpark, seit 2010 ist sie in Wien-Donaustadt tätig, seit 2011 als amtsführende Pfarrerin. Seit 2012 ist Groh zudem als Seniorin Stellvertreterin von Superintendent Hansjörg Lein.

Verena Groh, Kandidatin für die Superintendenten-Wahl in Wien

epd/UschmannM

Verena Groh (Wien-Donaustadt)

Groh ist es wichtig, „im ständigen Gespräch mit den Gemeinden zu sein über ihre Hoffnungen und Sorgen und sie dabei zu begleiten, da unsere Superintendenz in den nächsten Jahren vor großen Herausforderungen stehen wird.“ Wichtig sei es für die Kirche „mit der Zeit zu gehen und als kritische Beobachterin die Zeichen der Zeit zu deuten und öffentlich Stellung dazu zu nehmen.“ Dies müsse immer mit Blick auf das Evangelium geschehen, welches für sie der oberste Maßstab sei. Wichtig sei es ihr, Menschen an ihrer Seite zu haben, die sie „kritisch begleiten, anleiten und gegebenenfalls auch korrigieren“.

Schwimbersky: Über den Tellerrand hinaus

Daniela Schwimbersky wurde am 6. Juli 1973 in Wien geboren, wo sie ab 1992 auch evangelische Religionspädagogik und ab 1995 evangelische Theologie studierte. Ihr Vikariat absolvierte Schwimbersky ab 2007 in Wien-Floridsdorf, nach der Ordination im Jahr 2009 übernahm sie eine Pfarrstelle in Wien-Ottakring, seit 2010 ist sie dort amtsführende Pfarrerin.

Daniela Schwimbersky, Kandidatin für die Superintendenten-Wahl in WIen

epd/UschmannM

Daniela Schwimbersky (Wien-Ottakring)

Als wichtiges Ziel nennt Schwimbersky, „den Menschen die Angst zu nehmen vor dem Fremden, vor dem Zukurzkommen, vor der Einsamkeit.“ Die evangelische Kirche sei zwar klein, müsse sich ihrer Bedeutung aber dennoch bewusst sein. „Aufrecht und frei zu leben hebt den Blick über den Tellerrand hinaus.“ Mit dem Selbstverständnis der Eingebundenheit in ein „weltumspannendes Netz“ von Christinnen und Christen „gehen wir in eine gute Zukunft, gestalten aktiv die Kirche Christi und die Beteiligung in der Stadt.“ Ein starkes Team solle die „Zivilgesellschaft aufmerksam machen, auf das, was Evangelische Kirche zu bieten hat.“ Wichtig sind Schwimbersky dafür auch gute Kontakte zur Ökumene sowie zur Kommunalpolitik.

religion.ORF.at/epdÖ

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