Caritas: Konflikt wegen Flüchtlingsquartiers

Kritik an der Entscheidung des niederösterreichischen Landesrates Gottfried Waldhäusl, rund 100 Bewohner eines Flüchtlingsquartiers in anderen Quartieren unterzubringen, hat die Caritas der Erzdiözese Wien geäußert.

Entgegen den Ankündigungen des FPÖ-Politikers handle es sich bei der am Donnerstag angekündigten Maßnahme „um keine Lösung im Sinne einer besseren Betreuung und höheren Sicherheit“. In ihrer Reaktion darauf am Freitag warf die Caritas dem für Integration zuständigen Landesrat Versäumnisse und „Vertröstung“ nach einem „durchaus konstruktiven Gespräch“ vor einem Monat vor.

Gespräch „bisher verweigert“

Es sei „bedauerlich“, dass Waldhäusl seither ein persönliches Gespräch „bisher verweigert hat“. Vorausgegangen war der Caritas-„Klarstellung“ die Ankündigung einer Quartierverlegung von mehr als 100 Flüchtlingen aus dem Missionshaus der Steyler Missionare in St. Gabriel in Maria Enzersdorf (NÖ) in nicht genannte andere Unterkünfte. Begründet wurde das von Waldhäusl mit einer „Gewaltserie“, die „unseren Landsleuten vor Ort nicht mehr zumutbar“ sei.

Als Beispiele wurden Polizeieinsätze in den Jahren 2015 und 2016 genannt, im Vorjahr habe sich ein junger Palästinenser anzünden wollen. „In der Nacht auf 3. Mai des heurigen Jahres gipfelte die Gewaltserie darin, dass ein 25-jähriger Nigerianer einem Asylwerber (sic!) aus Bangladesch ermordete“, hieß es weiter.

Viele Anrainer von St. Gabriel hätten um ihre Sicherheit gefürchtet, argumentierte Waldhäusl: „Ich nehme die Sorgen der Bewohner vor Ort ernst und hoffe somit, dass nun wieder einigermaßen Ruhe einkehrt!“ In den Ausweichquartieren sei auch „die notwendige 24-Stunden-Betreuung garantiert“, teilte der Landesrat mit.

„Der Caritas ist Sicherheit sehr wichtig“

Die „Sicherheit der Bevölkerung, der Bewohner und Mitarbeiter“ sei für die Caritas neben der optimalen Betreuung der Flüchtlinge sehr wichtig, erklärte die seit mehr als 25 Jahren in St. Gabriel tätige Hilfsorganisation dazu. „Deshalb ist die aktuelle Entscheidung des zuständigen Landesrates sehr besorgniserregend.“

Denn die zum Teil physisch und psychisch schwer kranken Bewohner des Hauses mit langer Tradition in der Flüchtlingshilfe sollen offenbar in schlechter betreute Quartiere verlegt werden. Die Volksanwaltschaft habe schon vor geraumer Zeit festgestellt, „dass es in der Flüchtlingshilfe im Allgemeinen und speziell auch in Niederösterreich zu wenig Personal und zu wenig psychiatrische Versorgung gibt“, gab die Caritas zu bedenken.

Zu wenig Personal

Das sei ein Problem, das in vielen Einrichtungen dieser Art beobachtet werde „und in der Verantwortung des Landes Niederösterreich lag und liegt“. Im Missionshaus St. Gabriel gebe es „entgegen den Aussagen des Landesrates“ schon seit Bestehen der Caritas-Einrichtung eine 24-Stunden-Betreuung.

Die Caritas erinnerte daran, dass sie seit mittlerweile zwei Jahren, speziell nach dem Mord am Wiener Brunnenmarkt in Wien, das Land Niederösterreich „wiederholt und sehr eindringlich“ darauf aufmerksam gemacht habe, dass einige schwer kranke Bewohner mit den zu Verfügung stehenden Mitteln nicht so intensiv betreut werden können, wie es ihre Erkrankungen erfordern würden.

Caritas „ständig vertröstet“

Es seien auch „laufend Vorschläge für eine verbesserte medizinische und psychiatrische Versorgung der schwer traumatisierten Menschen“ gemacht worden. Nach dem gewaltsamen Tod eines Bewohners im Missionshaus Anfang Mai habe die Caritas sofort um ein Krisengespräch im Büro Waldhäusls ersucht. Seither „wurde die Caritas ständig vertröstet und hat bis heute keinerlei schriftliche Information erhalten“, bleibe aber gesprächsbereit.

Die Caritas erinnerte ihre mehr als 25-jährige Erfahrung in der Flüchtlingsbetreuung in St. Gabriel. Diese sei durch Spenden, die Hilfe von freiwilligen Mitarbeitern und auch durch die „gute Zusammenarbeit mit der Gemeinde und der Polizei möglich gewesen“.

Schon mehrfach Konflikte

Zwischen dem FPÖ-Landesrat für Integration und Veranstaltungswesen und kirchlichen Einrichtungen hat es schon bisher Konflikte gegeben: Dass auf sein Betreiben hin Flüchtlingssammellager in Niederösterreich eingeführt wurden, stieß ebenso auf Kritik wie dessen Polemik gegen die von Caritas und Diakonie geleistete Rückkehrberatung für Asylwerber.

Sammellager und der damit verbundene „menschenverachtende und erniedrigende Umgang mit Menschen“ hatte am 3. Mai Angela Lahmer-Hackl, Obfrau des Katholischen Bildungswerkes (KBW) der Diözese St. Pölten, dazu veranlasst, sich „beschämt“ darüber zu äußern, dass so etwas „in meinem Bundesland, das sich als christlich geprägtes versteht“, möglich sei. Und am 7. Mai setzten sich Vertreter der evangelischen Kirche gegen den Vergleich Waldhäusls zur Wehr, Diakonie und Caritas mit Aufgaben wie Rückkehrberatung zu betrauen sei, „wie kleine Kinder mit Feuer spielen zu lassen“.

religion.ORF.at/KAP

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