Streit um Flüchtlingsschiff: Kirche mahnt zu Humanität

In das Tauziehen um 629 Migranten an Bord des Rettungsschiffs „Aquarius“ zwischen Malta und Italien hat sich nun auch die katholische Kirche eingeschaltet.

Menschenleben in Sicherheit zu bringen sei ein Akt der Humanität und dürfe nicht Gegenstand politischer Verhandlungen oder eines Disputs zwischen Regierungen sein, erklärte der Jesuiten-Flüchtlingsdienst am Montag in Rom. Jetzt sei eine rasche Lösung nötig, um den Migranten notwendige medizinische Betreuung zukommen zu lassen.

Kurienkardinal Gianfranco Ravasi twitterte das Jesus-Wort „Ich war fremd, und ihr habt mich nicht aufgenommen“. Das Zitat stammt aus der sogenannten Gerichtsrede Jesu im Matthäus-Evangelium, nach der die Menschen sich einmal nach ihrem Sozialverhalten vor Gott verantworten müssen.

Minderjährige und Schwangere an Bord

Das private Rettungsschiff „Aquarius“, ein Schiff der auch aus Deutschland unterstützten Hilfsorganisation „SOS Mediterranee“, wartet zurzeit zwischen Malta und Sizilien auf Anweisungen der Rettungsleitzentrale in Rom. An Bord befinden sich 629 aus libyschen Gewässern gerettete Migranten, unter ihnen 123 unbegleitete Minderjährige und sieben schwangere Frauen.

Zuletzt bot am Montag Spaniens neuer Ministerpräsident Pedro Sanchez an, die „Aquarius“ aufzunehmen - das Schiff soll in Valencia einlaufen dürfen.

Flüchtlinge an Deck des Schiffs "Aquarius"

APA/AFP/Louisa Gouliamaki

Flüchtlinge an Deck des Schiffs „Aquarius“

Die maltesische Regierung lehnt es ab, die Migranten aufzunehmen. Italiens neuer Innenminister Matteo Salvini von der fremdenfeindlichen Lega Nord wiederum drohte an, bei einer fortgesetzten Weigerung Maltas die italienischen Häfen für Migranten zu schließen.

Kritik an „demonstrativen Akten“

Demonstrative Akte, die Konsequenzen für die Gesundheit von Männern, Frauen und Kindern hätten, brächten nichts angesichts einer fehlenden langfristigen Einwanderungspolitik mit Möglichkeiten einer legalen Einreise, kritisierte der Jesuiten-Flüchtlingsdienst. Im Gegenteil erhöhe dies das Risiko, dass Unschuldige auf der Suche nach Sicherheit auf dem Meer ums Leben kämen.

Die Hilfsorganisation „Ärzte ohne Grenzen“ teilte am Montag mit, die Situation auf dem Schiff sei „stabil“. Jede weitere unnötige Verzögerung einer Einfahrtgenehmigung bringe aber Patienten an Bord in Gefahr, vor allem die Schwangeren und 15 weitere Personen mit schweren Verätzungen sowie mit Unterkühlung und den Folgen eines Sturzes ins Wasser.

„Pokern“ auf dem Rücken von Migranten

Italiens früherer Innenminister Marco Minniti war seinem Amtsnachfolger Salvini unterdessen ein „politisches und humanitäres Pokern“ auf dem Rücken von Migranten vor. Angesichts der stark gesunkenen Flüchtlingszahlen bestehe in Italien kein Notstand, sagte der Linksdemokrat Minniti der italienischen Zeitung „La Repubblica“.

Durch das Tauziehen mit Malta wegen eines einzelnen Schiffs setze Italien seine Glaubwürdigkeit aufs Spiel und drohe sich in Europa zu isolieren. Es sei richtig, von Malta mehr Einsatz in der Flüchtlingsfrage zu verlangen, sagte Minniti. Die Gründe Salvinis nannte er aber „vorgeschoben“ und von wahlpolitischem Kalkül bestimmt.

Im laufenden Jahr gelangten nach Daten des italienischen Innenministeriums vom Wochenende rund 13.800 Personen illegal über das Mittelmeer nach Italien. Die Zahl ging gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres um gut 77 Prozent zurück.

religion.ORF.at/KAP

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