Caritas weist FPÖ-Vorwürfe zu Asylherberge zurück

Die Caritas der Erzdiözese Wien hat die Gründe, mit denen der niederösterreichische FPÖ-Landesrat Gottfried Waldhäusl das Flüchtlingswohnheim in Maria Enzersdorf aufheben will, als „haltlose Anschuldigungen“ zurückgewiesen.

Bei der angekündigten Schließung der seit 25 Jahren bestehenden Herberge für 110 Geflüchtete im Missionshaus der Steyler Missionare handle es sich um eine „überhastete und aktionistische Umsiedlung, die zu mehr und nicht weniger Problemen“ führen werde, hieß es in einer Aussendung vom Dienstagnachmittag. Die Caritas lud Waldhäusl erneut zu einem Besuch nach St. Gabriel ein, um Eindrücke aus erster Hand zu gewinnen.

FPÖ erhebt zahlreiche Vorwürfe

Die FPÖ Niederösterreich hatte in einer Anfragebeantwortung „unsägliche Verfehlungen“ der Caritas als Quartiergeber angeführt. Die Hausordnung soll nicht vorschriftsgemäß im Gebäude angebracht gewesen sein, zudem gebe es Lücken bei der Meldepflicht, sanitäre Missstände und zu hohe Reinigungskosten; die Caritas habe weiters vom Land 350.000 Euro für die Umsetzung eines Projekts gefordert und eine angebotene Soforthilfe von 50.000 bis 70.000 Euro abgelehnt, hieß es am Dienstag in einer Aussendung des Freiheitlichen Parteiklubs im niederösterreichischen Landtag.

Mit jedem Bewohner werde schon beim Einzug die Hausordnung besprochen und diese unterschrieben, hielt dem die Caritas einige Stunden später entgegen; den Vertrag mit dem Land Niederösterreich habe man immer eingehalten bzw. in wesentlichen Punkten dank Freiwilligen und Spendern über Jahre hinweg übererfüllt. Die Einrichtung werde unter schwierigsten Rahmenbedingungen geführt, wobei etwaige geringfügige Mängel stets rasch und fristgerecht behoben worden seien, und: „Selbstverständlich wusste die zuständige Behörde auch zu jedem Zeitpunkt bestens über alle relevanten Zwischenfälle Bescheid.“

Bisher „Best-Practise-Beispiel“

Die Caritas verwies zudem darauf, dass das Flüchtlingshaus in St. Gabriel seit 25 Jahren ein geschätzter Partner des Landes Niederösterreich sei - speziell für die Betreuung von Menschen, die in anderen Unterkünften aufgrund ihrer Erkrankungen nicht adäquat betreut werden können. Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner habe in ihrer früheren Funktion als Innenministerin die Unterkunft besucht, um sie EU-Kommissarin Vera Jourova als „Best-Practise-Beispiel“ einer österreichischen Vorzeige-Flüchtlingsunterkunft zu präsentieren.

Eingehend ging die kirchliche Hilfsorganisation auch auf das Kostenargument ein. Da in St. Gabriel Menschen verschiedener Herkunft, Religion und verschiedenen Alters sowie mit körperlichen und psychischen Erkrankungen oder aber gesund miteinander lebten, hätten sowohl die Caritas wie auch die Volksanwaltschaft schon seit zwei Jahren das Land „wiederholt und sehr eindringlich“ darauf aufmerksam gemacht, dass mit den verfügbaren Mitteln die notwendige intensive Betreuung einiger schwerkranker Bewohner nicht möglich sei.

Orden protestieren gegen Asylkurs

Statt Geld zu fordern, habe die Caritas auf Bitte der zuständigen Behörde ein Konzept vorgelegt. „Es gab nie ein Angebot einer Soforthilfe seitens der zuständigen Behörde, sondern den Vorschlag, das vorgelegte Gesamtkonzept mit dem angebotenen Betrag umzusetzen“, hieß es in der Aussendung.

Eine Protestkundgebung unter dem Titel „Menschen schützen - Solidarisches miteinander“ kündigten indes die Ordensgemeinschaften Österreich, die Katholische Aktion (KA) der Erzdiözese Wien und die Grünen für Dienstag um 19 Uhr an: Man wolle mit dem Flashmob - einer Menschenkette von der Kirche bis zum Flüchtlingsheim - die Unterstützung für die dort lebenden und arbeitenden Menschen versinnbildlichen.

Verlegung „unmenschlich“

Die Aktion in Maria Enzersdorf sei auch ein „Protest gegen die derzeitige Politik, die kirchliche und zivilgesellschaftliche Akteure aus dem Bereich des Asylwesens ausschließt, um ungehindert und ohne viel Aufsehen hart durchgreifen zu können. Die Interessen und berechtigten Anliegen der Schutzsuchenden kommen dabei unter die Räder“, erklärte der Steyler-Vizeprovinzial P. Franz Helm.

Die angekündigte Verlegung der 110 Heimbewohner- darunter Familien mit Kindern, kranke und traumatisierte geflüchtete Menschen - sei „unmenschlich und ungerechtfertigt“. Die Pläne dazu seien seitens des Landes bereits sehr konkret: Es gebe bereits einen Verlegungs-Termin am 18. Juni für die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge, ehe am 25. Juni und 2. Juli dann die anderen Bewohner folgen sollten.

Sicherheit als „Scheingrund“

Die Steyler Missionare sprachen sich ebenso wie zuvor die Caritas für den weiteren Verbleib der Flüchtlinge aus: Seit dem Bosnienkrieg vor 26 Jahren habe der Orden sein Haus für Flüchtlinge geöffnet, wobei seit 2009 der Schwerpunkt bei psychisch und physisch schwer kranken Personen sowie unbegleiteten Jugendlichen lag. „Die ruhige Atmosphäre in St. Gabriel wirkt sich auf die Bewohner des Caritashauses positiv aus. Wir Steyler Missionare fragen nach den wahren Hintergründen der Entscheidung, die Caritashaus-Bewohner in andere Unterkünfte zu übersiedeln“, so Helm. Deren Sicherheit könne nur ein „Scheingrund“ sein und hänge vielmehr mit adäquater Betreuung zusammen.

„Tief bestürzt“ über die angekündigte Schließung zeigte sich am Dienstag auch der Wiener KA-Präsident Walter Ries: Das Flüchtlingsheim in St. Gabriel sei Ziel der alljährlichen Flüchtlingswallfahrt „Romaria“, der von Landesrat Waldhäusl angekündigte Schritt nicht die versprochene „Lösung im Sinne einer besseren Betreuung und höheren Sicherheit“. Besonders gelte dies für die 45 psychisch und physisch kranken Bewohner des Missionhauses; sie würden nun offenbar in schlechter betreute Quartiere in Niederösterreich verlegt.

religion.ORF.at/KAP

Mehr dazu:

Caritas: Konflikt wegen Flüchtlingsquartiers
(religion.ORF.at; 08.06.2018)

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