Steyler Missionare: Kritik an St.-Gabriel-Auflösung

Die weltweite Ordensleitung der Steyler Missionare hat gegen die am Montag begonnene Auflösung des Flüchtlingsheims in der Ordensniederlassung St. Gabriel bei Mödling (Niederösterreich) Protest eingelegt.

„Wir protestieren entschieden gegen die Verlegung von minderjährigen, kranken und psychisch beeinträchtigten oder traumatisierten Flüchtlingen von unserem Haus in andere Unterkünfte“, schrieb das derzeit südlich von Rom tagende Generalkapitel des Ordens, dem rund 6.000 Priester und Brüder in 84 Ländern angehören, Stunden zuvor an die niederösterreichische Landesregierung. Unterzeichnet wurde der Brief von Generalsuperior P. Heinz Kulüke.

Schreiben an Landeshauptfrau und Landesrat

Die Solidarität mit den Verletzlichsten der Gesellschaft und die Sorge um diese habe für den Missionsorden höchste Priorität, heißt es in dem an Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) und Landesrat Gottfried Waldhäusl (FPÖ) adressierten Schreiben.

Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), Caritas-Präsident Michael Landau und EU-Justizkommissarin Vera Jourova bei einem Besuch im Haus St. Gabriel im September 2015

APA/Roland Schlager

Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), Caritas-Präsident Michael Landau und EU-Justizkommissarin Vera Jourova bei einem Besuch im Haus St. Gabriel im September 2015

Appelliert wird darin, die Entscheidung zur Verlegung von über 100 Flüchtlingen aus dem im Missionshaus des Ordens eingerichteten Flüchtlingsheim zu überdenken und die hier tätige Caritas-Flüchtlingshilfe St. Gabriel zu unterstützen, damit diese ihre Arbeit zum Wohl von Asylsuchenden fortsetzen könne, und weiter: „Wir hoffen, dass die österreichische Regierung ihre gute Zusammenarbeit mit der Katholischen Kirche fortsetzt, um die verletzlichsten Menschen zu schützen.“

Sorge wegen unmenschlicher Behandlung

Von Behördenseite wird die Auflösung des Flüchtlingsheims mit ungenügenden Sicherheitsvorkehrungen begründet, die sich beim tragischen gewaltsamen Tod eines Flüchtlings in St. Gabriel im Mai 2018 gezeigt hätten. „Unsere Mitbrüder in St. Gabriel, die seit 26 Jahren Tür an Tür mit den Flüchtlingen leben, sind nicht besorgt wegen ihrer eigenen Sicherheit. Sie sind besorgt wegen der unmenschlichen Behandlung von Asylsuchenden in Europa, inklusive in Österreich“, so die Ordensleitung auf diesen Vorwurf. Die in St. Gabriel bisher geschehene Flüchtlingsbetreuung sei „im Geist des Evangeliums“ und „auf einer Linie mit der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte“.

50 schwer kranke Menschen

In St. Gabriel wohnten zuletzt an die 110 Flüchtlinge, darunter 50 schwerkranke Menschen mit unter anderem Lähmungen, Multiple Sklerose, Krebs, Traumatisierungen und psychischen Erkrankungen sowie anderen Beeinträchtigungen, 45 Angehörige von diesen sowie 24 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (umF).

Am Montag wurde mit der von Landesrat Waldhäusl angeordneten Aussiedlung begonnen. Ab Mittag wurden die ersten Mitglieder der umF-Gruppe in Kleinbussen in ein Heim der Österreichischen Jungarbeiterbewegung in Mödling überstellt, teilten die Steyler Missionare auf Kathpress-Anfrage mit.
Am Montag gab es noch Gespräche zwischen Landesrat Waldhäusl und der Caritas; dabei ging es unter anderem darum, einen Verbleib in St. Gabriel für die schwer erkrankten Bewohner zu erreichen.

Waldhäusl: „Konstruktives Gespräch“

Bei einem „konstruktiven Gespräch mit der Caritas-Geschäftsführung“ seien Montagvormittag Details über die Umzugstätigkeit der St. Gabriel-Bewohner „klar abgestimmt“ worden, informierte FPÖ-Landesrat Waldhäusl einstweilen via Aussendung. „Außerdem ist die Zukunft des Asylquartiers in Maria Enzersdorf für beide Vertragspartner eine aktuell zu klärende Thematik“, so Waldhäusl.

Mit Montag sei „Phase eins der Umzugstätigkeit umgesetzt, 24 unbegleitete minderjährige Fremde sind mittlerweile in ihr neues Quartier übersiedelt“ worden. „Jetzt steht der Umzug der zweiten Gruppe vor der Türe und in der dritten und letzten Phase Ende Juni finden letztlich Familien mit schulpflichtigen Kindern ihr künftiges Zuhause“, so Waldhäusl. Gegenüber dem Vertragspartner Caritas habe er am Montag außerdem zugesagt, „dass die humanitären Härtefälle vorerst in St. Gabriel verbleiben können“.

Laut den Informationen, die die Heimleitung in der Vorwoche erhalten hatte, sollten ab Dienstag 27 Kranke in ein von der Firma SLC betriebenes Heim in Alland überstellt werden. Weitere Transporte habe das Land für den 25. Juni und 2. Juli angesetzt, dann werde St. Gabriel völlig geleert sein.

religion.ORF.at/KAP

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