Kurienkardinal Jean-Louis Tauran gestorben
Kardinal Tauran war Leiter des Päpstlichen Rates für den Interreligiösen Dialog und zuvor lange Jahre vatikanischer „Außenminister“. Tauran litt an der Parkinson-Krankheit. Der Weltöffentlichkeit bekannt wurde er vor allem, weil er am 13. März 2013 als damaliger Kardinalprotodiakon von der Loggia des Petersdoms aus das „Habemus Papam“ und damit die Wahl von Papst Franziskus verkündete.
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Einsatz für den interreligiösen Dialog
Bekannt war Kardinal Tauran außerdem wegen seines Einsatzes für den interreligiösen Dialog, besonders mit dem Islam. Im April hatte er bei einer Reise nach Saudi-Arabien als einer der ersten ausländischen Gäste eindringlich zu Religionsfreiheit und gleichberechtigtem Miteinander aufgerufen.
„Religion kann jemandem angeboten werden, so dass er sie annehmen oder ablehnen kann; sie darf aber nie aufgezwungen werden“, betonte Tauran. Fundamentalisten und Extremisten gebe es in jeder Religion.
Tätig im diplomatischen Dienst des Heiligen Stuhls
Am 5. April 1943 in Bordeaux geboren, studierte Tauran in Toulouse und Rom und wurde 1969 zum Priester geweiht. Seine Doktorarbeit in Kirchenrecht legte er 1973 an der Päpstlichen Universität Gregoriana vor; zwei Jahre später trat er in den diplomatischen Dienst des Heiligen Stuhls.
Erste Außenstationen waren die Dominikanische Republik und der Libanon. Später nahm er an Sondermissionen teil: 1984 nach Haiti, 1986 nach Beirut und Damaskus. Zudem saß Tauran in Vatikan-Delegationen bei der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) und der UNO-Konferenz für Abrüstung.
Ende 1990 berief ihn Johannes Paul II. an die Spitze des vatikanischen Außenministeriums - für insgesamt 13 Jahre. Anfang und Ende dieser Amtszeit prägte der Irak: erst der Golfkrieg 1991, der dem Einmarsch Saddam Husseins in Kuwait folgte, schließlich 2003 der als Terrorbekämpfung verbrämte US-Feldzug zum Sturz des Diktators.
Warnung vor „einseitigem Aggressionskrieg“
Wo Wahrhaftigkeit und diplomatische Zurückhaltung in Konflikt traten, entschied sich Tauran oft für Klarheit: Beim Vorgehen gegen den Irak warnte er vor einem „einseitigen Aggressionskrieg“, der auf „ein Verbrechen gegen den Frieden“ hinauslaufen würde.
Später bemerkte er, Christen im Irak hätten unter Saddam Hussein sicherer gelebt als danach. Ebenso ungeschminkt warf Tauran arabischen Staaten vor, Christen als Bürger zweiter Klasse zu behandeln.
Präsident des Rates für den interreligiösen Dialog
Seine Erkrankung nötigte ihn zum Kürzertreten. Ende 2003 wechselte er in das ruhigere Amt des päpstlichen Archivars und Bibliothekars; Johannes Paul II. nahm ihn im Oktober 2003 ins Kardinalskollegium auf. Nachdem sich Taurans Gesundheitszustand stabilisiert hatte, berief ihn Benedikt XVI. 2007 zum Präsidenten des Rates für den interreligiösen Dialog, zu dem auch eine eigene Kommission für Beziehungen mit Muslimen gehört.
Diese schwierige Aufgabe bekleidete er bis zuletzt. Wie heikel sie ist, erfuhr Tauran unmittelbar, als er nach den Irritationen um die „Regensburger Rede“ Benedikts XVI. vom September 2006 - er hatte mit einem akademischen historischen Zitat Muslime weltweit erzürnt - das Verhältnis zum Islam beruhigen musste. Tauran erledigte den Job im Stil eines Spitzendiplomaten: unprätentiös, geduldig und sachorientiert.
Im März 2015 erhielt Tauran das ehrenvolle Amt des „Camerlengo (Kämmerer) der Heiligen Römischen Kirche“. Diesem „Kardinalkämmerer“ kommt nach dem Ausscheiden des Papstes durch Tod oder Amtsverzicht bis zur Wahl eines Nachfolgers eine maßgebliche Rolle im Vatikan zu.
religion.ORF.at/APA