Nicaragua: Kirche setzt trotz Attacken weiter auf Dialog

Die katholischen Bischöfe Nicaraguas wollen trotz der jüngsten Übergriffe von Paramilitärs und Anhänger der Regierung am Nationalen Dialog zwischen der Regierung des sandinistischen Präsidenten Daniel Ortega und der Zivilgesellschaft festhalten.

„Wir glauben weiterhin daran, dass der Dialog der Weg ist, um die Gewalt zu überwinden“, zitierten lokale Medien den Weihbischof von Managua, Silvio Baez, der am vergangenen Wochenende bei einem Angriff in einem Gotteshaus zusammen mit Managuas Erzbischof Kardinal Leopoldo Brenes und dem Papstbotschafter Erzbischof Stanislaw Waldemar angegriffen und leicht verletzt worden war.

Kompromissbereitschaft eingefordert

Zu einer Rückkehr zum friedlichen Dialog rief auch der Vatikan auf. „Ich wünsche mir, dass die Gespräche wieder aufgenommen werden können, aber dafür braucht es auf beiden Seiten Kompromissbereitschaft“, sagte Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin am Mittwochabend vor Medienvertretern in Rom. Leider säten „paramilitärische Gruppen Terror und Gewalt“ in Nicaragua.

Weihbischof von Managua (Nicaragua) Silvio Baez

APA/AFP/Diana Ulloa

Weihbischof von Managua, Silvio Baez

„Besorgnis“ wegen Angriffs auf Geistliche

Auf Nachfrage von Journalisten, ob der Heilige Stuhl nach dem Angriff auf die Bischöfe in der Basilika San Sebastian in Diriamba am Montag der eine formale Protestnote verfasst habe, verneinte Parolin. Der Apostolische Nuntius im Land, Erzbischof Sommertag, kenne Nicaragua sehr gut. „So wusste er, wie er mit der Lage umzugehen hatte“, so der Kardinalstaatssekretär.

Unterdessen drückte UN-Generalsekretär Antonio Guterres seine „tiefe Besorgnis“ über die Gewalt in Nicaragua aus. Guterres unterstütze die Arbeit der katholischen Bischöfe für einen Dialog, sagte ein UN-Sprecher am Mittwoch (Ortszeit).

Auch die katholische EU-Bischofskommission ComECE verurteilte die jüngsten Angriffe auf Kirchenvertreter. „Ich drücke meine Solidarität mit der Kirche in Nicaragua in diesen schwierigen Momenten aus“, teilte der litauische Bischof Rimantas Norvila, Präsident der ComECE-Kommission für Auswärtige Angelegenheiten, mit. Er appellierte an die EU, die Vermittlungs- und Versöhnungsbemühungen der nicaraguanischen Bischöfe zu unterstützen.

Weihbischof von Managua, Silvio Jose Baez, Erzbischof von Managua, Kardinal Leopoldo Jose Brenes und Nuntius Erzbischof Waldemar Somertag  (v.l.n.r.) in Nicaragua

APA/AFP/MARVIN RECINOS

Weihbischof von Managua, Silvio Jose Baez, Erzbischof von Managua, Kardinal Leopoldo Jose Brenes und Nuntius Erzbischof Waldemar Somertag (v.l.n.r.) wurden angegriffen

Protestierende wollen Rücktritt Ortegas

Die Proteste in Nicaragua entzündeten sich Mitte April an inzwischen zurückgenommen Sozialversicherungsreformen. Anschließend weiteten sich die Demonstrationen auch gegen die Einschränkung der Presse-und Meinungsfreiheit sowie die staatlich ausgeübte Gewalt aus. Inzwischen fordern die Vertreter der Zivilgesellschaft den sofortigen Rücktritt des sandinistischen Präsidenten Daniel Ortega.

Den Vorschlag, mit vorgezogenen Neuwahlen die innenpolitische Krise zu beenden, lehnte Ortega ab. Er wirft den Regierungsgegnern vor, einen Putsch vorzubereiten, und nennt die Demonstranten Terroristen.

Bereits rund 300 Tote und 2.000 Verletzte

Turnusmäßig würden erst 2021 wieder Präsidentschaftswahlen stattfinden. Seit Ausbruch der Proteste sind rund 300 Menschen ums Leben gekommen, mehr als 2.000 wurden verletzt. Allein am vergangenen Sonntag sind nach Angaben des nicaraguanischen Zentrums für Menschenrechte (Cenidh) 38 Menschen bei den Unruhen ums Leben gekommen.

Cenidh-Präsidentin Vilma Nunez erklärte, bei den Auseinandersetzungen zwischen Demonstrierenden und regierungsnahen Paramilitärs sowie Sicherheitskräften seien 31 Anhänger der Opposition getötet worden, vier Polizisten und drei Armeeangehörige starben auf Seiten der Sicherheitskräfte.

Kirche bot Demonstrierenden Schutz

Die Kirche versucht im Rahmen eines „Nationalen Dialogs“, zwischen den beiden Lagern zu vermitteln. Der Dialog wurde allerdings mehrmals unterbrochen. Kirchenvertreter hatten Demonstrierenden in den Gotteshäusern Rückzugsmöglichkeiten gegeben. Sie erhielten daraufhin Morddrohungen.

religion.ORF.at/KAP/KNA

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