Schächten: Bundesregierung lehnt Registrierung ab

Die Bundesregierung lehnt im Zusammenhang mit der Schächtung von Tieren und der Produktion von koscherem Fleisch die Registrierung von Kunden ab. Es werde keine Beschränkung der Grundrechte geben, so Gernot Blümel, Kanzleramtsminister (ÖVP).

Der ÖVP-Minister und Vertraute von Bundeskanzler Sebastian Kurz tritt damit Plänen des niederösterreichischen FPÖ-Landesrats Gottfried Waldhäusl entgegen, der diese Woche erklärt hatte, dass er als zuständiger Landesrat Schlachtungen aus religiösen Grünen eindämmen wolle. In einem Schreiben der zuständigen Landesbehörde war zudem von Bedarfsprüfungen bei den Kunden von koscher produziertem Fleisch die Rede.

Besorgnis bei Juden und Muslimen

In der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) interpretierte man dies so, dass Schlachthöfe und koschere Verkaufsstellen künftig Listen ihrer Kunden führen müssen. Nach ersten Medienberichten folgte ein Sturm der Entrüstung. Die Islamische Glaubensgemeinschaft (IGGÖ) zeigte sich solidarisch mit der IKG - mehr dazu in Schächten: Muslime solidarisch mit Juden. Die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) stellte danach klar, dass es keine Registrierungen geben werde.

Kanzleramtsminister Gernot Blümel (ÖVP)

APA/Herbert Neubauer

ÖVP-Minister Gernot Blümel schließt eine Registrierung von Kundinnen und Kunden von geschächtetem Fleisch aus.

Die in Österreich erneut aufgeflammte Debatte über das Schächten von Tieren betrifft offiziell laut Geschäftsführerin der Bundesinnung Lebensmittelgewerbe in der Wirtschaftskammer (WKÖ), Anka Lorencz, nur das Judentum. Denn die WKÖ arbeite mit einem Zertifizierer für islamisch erlaubtes Fleisch (halal) zusammen, der die Tiere schon vor der Schächtung betäube, sagte der Halal-Beauftragte der IGGÖ, Enis Buzar, gegenüber religion.ORF.at Die IGGÖ hingegen vergebe ihre Halal-Zertifikate nur an Schlachthöfe, die die Tiere - wie im Tierschutzgesetz von 2004 und dem Islamgesetz von 2015 geregelt - unmittelbar nach der Schächtung betäuben.

Schächtungen gesetzlich geregelt

Im Gespräch mit religion.ORF.at sagte Buzar, dass „die überwältigende Mehrheit der Muslime weltweit“ Betäubungen vor dem Durchtrennen der Halsschlagader nicht akzeptieren. Das heißt, es existieren hier zwei unterschiedliche Zertifikate.

Bei muslimischen Schächtungen kommt das sogenannte post-cut Stunning zum Einsatz: Sofort nach dem Setzen des Schnittes wird das Tier via Bolzenschuss betäubt. Dies muss in Österreich als Sonderschlachtung in Anwesenheit eines Amtstierarztes durchgeführt werden. Zum Einsatz kommt auch eine Schächttrommel, die einen schnellen und sicheren Schnitt ermöglicht.

Sechs Halal-zertifizierte Betriebe

Die IGGÖ hat nach eigenen Angaben in Österreich sechs Fleischereibetrieben Halal-Zertifikate ausgestellt. APA-Recherchen hatten ergeben, dass nur in der Steiermark und in Niederösterreich Betriebe registriert sind, koscheres oder Halal-Fleisch herstellen. Laut IGGÖ gibt es auch in Salzburg und dem Burgenland solche Betriebe.

Die unterschiedlichen Angaben könnten daher rühren, dass die meisten Fleischeri-Betriebe nicht nur halal-Fleisch erzeugen, sondern auch herkömmliche Schlachtungen durchführen. Die IGGÖ vergibt ihre Zertifikate jedenfalls nicht nur an ganze Betriebe, sondern auch an einzelne Personen. So kann beispielsweise auch nur ein einzelner Mitarbeiter in einem Betrieb Schächtungen durchführen.

Blümel: „Jüdisches Leben in Sicherheit gewährleistet“

Was die aktuelle Diskussion über die mögliche Erfassung von Käufern in Niederösterreich betrifft, erklärte die Bundesregierung nun jedenfalls in einer Stellungnahme gegenüber der APA, dass es zu keiner Registrierung von jüdischen Kunden kommen werde. „Wir bekennen uns ganz klar zu unseren jüdisch-christlichen Wurzeln und werden diese auch künftig gegen Eingriffe und Angriffe verteidigen. Wir sehen es als Auftrag und gleichzeitig Selbstverständlichkeit, dass jüdisches Leben in unserem Land in Sicherheit und ohne Einschränkungen gewährleistet ist“, sagte Kanzleramtsminister Blümel.

„So lange Sebastian Kurz Bundeskanzler dieser Republik ist, können unsere jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger sicher sein, dass diese Freiheiten und Grundrechte in keinster Weise beschränkt werden. Selbstverständlich ist jede Form der persönlichen Registrierung in diesem Zusammenhang völlig indiskutabel und kommt für uns niemals infrage.“ Dieses Versprechen wird wohl auch für Muslime zu gelten haben.

gold, religion.ORF.at/APA

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