Missbrauchsvorwürfe: Papst suspendiert US-Kardinal

Der von Missbrauchsvorwürfen belastete frühere Erzbischof von Washington, Theodore McCarrick, hat Papst Franziskus seinen Verzicht auf die Kardinalswürde angeboten. Wie der Vatikan am Samstag laut Kathpress mitteilte, nahm der Papst das Gesuch des 88-Jährigen an.

Laut Medienberichten soll McCarrick, der von 2001 bis 2006 die Erzdiözese Washington leitete, junge Priesteranwärter zum Sex genötigt sowie auch mindestens zwei Minderjährige missbraucht haben.

„Leben in Gebet und Buße“

Wie das vatikanische Presseamt weiter bekannt gab, ging der Brief McCarricks am Freitag ein. Franziskus habe ihn von der Ausübung sämtlicher priesterlicher Dienste in der Öffentlichkeit suspendiert und zugleich verfügt, dass sich der frühere Erzbischof an einen noch näher zu bestimmenden Ort zurückziehe, um dort „ein Leben in Gebet und Buße zu führen“, bis die Anschuldigungen gegen ihn in einem kirchenrechtlichen Prozess geklärt seien.

Kardinal Theodore McCarrick

APA/AP/Robert Franklin

Kardinal Theodore McCarrick wurde wegen Missbrauchsvorwürfen suspendiert

Parallelen 1927 und 2015

Einen ähnlichen Fall gab es zuletzt 2015. Damals verlor der frühere Erzbischof von Edinburgh, Keith Michael Patrick O’Brien, seine Rechte und Privilegien als Kardinal. O’Brien hatte 2013 die sexuelle Belästigung von Priesteramtskandidaten zugegeben und kurz darauf sein Amt als Erzbischof der schottischen Diözese niedergelegt.

Wenig später zog sich O’Brien in Abstimmung mit dem Papst für mehrere Monate zu „geistlicher Erneuerung, Gebet und Buße“ ins Ausland zurück. Zu dem 2015 eingereichten Verzicht auf die Kardinalswürde hieß es wörtlich aus dem Vatikan, diesen habe O’Brien „am Ende eines langen Weges des Gebets“ eingereicht.

Mit dem Verzicht auf die Kardinalswürde erlischt das Recht des Betreffenden zur Teilnahme an einer Papstwahl und zur besonderen Beratung des Papstes. Er kann nicht mehr an Konsistorien teilnehmen und wird auch nicht mehr vom Papst zusammen mit den Kardinälen nach Rom einberufen.

Seltenheit in jüngerer Kirchengeschichte

Ein solcher Schritt ist in der jüngeren Kirchengeschichte extrem selten. 1927 trat der französische Kardinal und Jesuit Louis Billot (1846-1931) nach einem Streit mit Papst Pius XI. (1922-1939) zurück.

Grund war Billots Unterstützung für die rechtsextreme und monarchistische Bewegung Action Francaise, die der Papst verurteilte. Pius XI. nahm Billots Ausscheiden aus dem Kardinalskollegium eine Woche später an, veröffentlichte dies jedoch erst zwei Monate später. Billot, ein renommierter Theologie-Professor, der nie zum Bischof geweiht wurde, verbrachte seine letzten Lebensjahre als einfacher Pater in einem Jesuitenhaus bei Rom.

Mit dem Rücktritt McCarricks gibt es in der katholischen Kirche derzeit 224 Kardinäle. Davon sind 124 unter 80 Jahre alt und damit zu einer Papstwahl berechtigt.

religion.ORF.at/APA/KAP

Mehr dazu: