„Theologischer Preis“ an Sozialphilosoph Joas verliehen

Der „Theologische Preis“ der „Salzburger Hochschulwochen“ ist am Mittwochabend an den bekannten deutschen Soziologen und Sozialphilosophen Hans Joas verliehen worden.

Der renommierte, mit 5.000 Euro dotierte Preis würdigt das theologische Lebenswerk Joas’, welches für eine zeitgemäße und zeitsensible Theologie gleichermaßen „anregend, herausfordernd“ und „immer wieder produktiv“ sei, zitierte der Obmann der „Salzburger Hochschulwochen“, Prof. Martin Dürnberger, bei der Preisverleihung aus der Begründung der Jury.

Renommierter Preis der "Salzburger Hochschulwochen" würdigt theologisches Lebenswerk des bekannten Soziologen und Sozialphilosophen - Laudator Jung: Theologie als "Glutkern" des Joaschen Werkes

Kathpress/Henning Klingen

Der „Theologische Preis an den deutschen Soziologen und Sozialphilosophen Hans Joas verliehen worden

„Komplexe Vielfältigkeit“ in den Arbeiten

Joas’ wissenschaftliche Arbeiten zeichnen sich durch eine „komplexe Vielfältigkeit“ mit dabei „stets klaren Perspektiven“ aus, heißt es in der Jury-Begründung weiter.

Dies betreffe sowohl die religionssoziologischen Arbeiten Joas’ als auch seine „weithin diskutierten Forschungen zur Entstehung von Werten oder zur Genealogie der Menschenrechte“ sowie seine „Reflexionen auf die Zukunft des Glaubens und der Kirche im engeren Sinn“.

„Form kritischer Zeitgenossenschaft“

Darüber hinaus zeichne sich Joas durch eine „Form kritischer Zeitgenossenschaft“ aus, die für „drängende Fragen und Probleme der Gegenwart sensibel“ sei und ein klares Bewusstsein von den Ressourcen wie auch Problemen besitze, „die Religionen in diesen Gemengelagen einbringen“.

Der Jury gehören neben Hochschulwochen-Obmann Dürnberger der Rektor der Universität Salzburg, Heinrich Schmidinger, Erzabt Korbinian Birnbacher, die Salzburger Bibelwissenschaftlerin Marlies Gielen sowie der Leider Katholischen Akademie in Bayern, Florian Schuller, an. Gestiftet wurde das Preisgeld heuer von der Abtei Muri Gries in dankbarer Erinnerung an den im Vorjahr verstorbenen Abt Benno Malfèr.

Unter den Preisträgern der vergangenen Jahre sind herausragende Wissenschaftler wie Eberhard Schockenhoff (2017), Jan und Aleida Assmann (2016), Angelika Neuwirth (2015), Christoph und Michael Theobald (2014) und der verstorbene frühere Mainzer Erzbischof Karl Lehmann (2013).

Stationen u.a. Berlin, Chicago, Wien

Hans Joas wurde am 27. November 1948 in München geboren. 1979 promovierte er an der Freien Universität Berlin mit einer Arbeit über das Werk George Herbert Meads. Bis 1983 arbeitete er am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin.

Nach seiner Habilitation 1981 und einem Heisenberg-Stipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft übernahm er Gastprofessuren für Soziologie an den Universitäten von Chicago und Toronto. Von 1987 bis 1990 lehrte Joas an der Universität Erlangen-Nürnberg. Es folgte ein Ruf an das John-F.-Kennedy-Institut für Nordamerikastudien und das Institut für Soziologie der Freien Universität Berlin, wo er bis 2002 lehrte.

Es folgten zahlreiche Fellowships und Gastprofessuren, u.a. 2002 an der Universität Wien. Im Sommersemester 2012 hatte Joas eine Gastprofessur der Joseph Ratzinger/Papst Benedikt XVI.-Stiftung an der Universität Regensburg inne. Seine Vorlesung behandelte das Thema „Sakralisierung und Säkularisierung“. Heute lehrt und forscht Joas u.a. an der Theologischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin, wo er die Ernst-Troeltsch-Honorarprofessur inne hat.

Für sein soziologisches und philosophisches Werk wurde Joas vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Max-Planck-Forschungspreis und der Ehrendoktorwürde an den Universitäten Tübingen und Uppsala. 2015 wurde Joas mit dem Max-Planck-Forschungspreis und 2017 mit dem Paul-Ricoeur-Preis ausgezeichnet. Sein jüngstes Buch „Die Macht des Heiligen: Eine Alternative zur Geschichte von der Entzauberung“ ist im Oktober vergangenen Jahres erschienen.

Theologischer „Glutkern“ in Joas’ Werk

In seiner Laudatio bezeichnete der Koblenzer Religions- und Rechtsphilosoph Prof. Matthias Jung die Theologie bzw. theologische Fragen als den „Glutkern“ im Denken Joas’.

Zwar habe sich dieser erst recht spät in der intellektuellen Laufbahn des Preisträgers gezeigt, aber gerade seine letzten Schriften und Studien u.a. zur „Macht des Heiligen“ (2017) oder „Glaube als Option“ (2012) hätten diesen Glutkern deutlich werden lassen, der Joas zu einem würdigen Preisträger mache: „Ich wüsste niemanden zu nennen, der Vergleichbares geleistet und damit den theologischen Preis für sein Lebenswerk in gleicher Weise verdient hätte“, so Jung.

Die theologische Relevanz von Joas zeige sich dabei „gerade darin, dass er kein Theologe ist“. Bereichernd für die Theologie sei Joas’ Werk nämlich vor allem im Blick auf seine Handlungstheorie und seine Arbeiten zur Entstehung der Werte, führte Jung weiter aus.

Gerade die Erkenntnis Joas’, dass Handlungsorientierungen nicht primär aus rationaler Reflexion hervorgehen, sondern aus einer vorausgehenden menschlichen Erfahrung und einer erst sekundären reflexiven Aneignung könne aus den Grabenkämpfen zwischen Rationalismus und Traditionalismus herausführen, die auch in der Theologie immer wieder geführt werden.

religion.ORF.at/KAP