Türkei plant „weltislamisches Studienzentrum“

Der Leiter der staatlichen türkischen Religionsbehörde Diyanet, Fuat Bekiroglu, hat am Freitag in Ankara angekündigt, dass auf der Insel Heybeliada (Chalki) im Marmarameer vor Istanbul ein „weltislamisches Studienzentrum“ entstehen soll.

Eine Wiedereröffnung der 1971 vom türkischen Staat geschlossenen christlichen Theologischen Hochschule auf der Insel sei damit offenbar endgültig vom Tisch, so ein Bericht der deutschen Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

Als erster Schritt wurden dafür Pinienwälder umgewidmet, die ursprünglich zum Georgskloster des Patriarchats von Jerusalem sowie zur Verklärungseremitage des Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel gehört hatten. Schon in den 1920er Jahren waren sie zugunsten des türkischen Gesundheitsministeriums enteignet worden. Dieses musste sie nun an die Diyanet abtreten.

Die christliche Theologische Hochschule auf Chalki/Heybeliada

APA/Hermine Schreiberhuber

Die christliche Theologische Hochschule auf Chalki/Heybeliada ist seit 1971 geschlossen.

Griechisch-orthodoxem Klerus fehlt Nachwuchs

Das geplante neue Islamzentrum soll unmittelbar gegenüber der ehemaligen griechisch-orthodoxen Theologischen Fakultät von Chalki entstehen. Deren Gründung hatte 1844 Sultan Abdülmecid I. ermöglicht. Seit 1971 ist die Hochschule mit angeschlossenem Priesterseminar auf Befehl der türkischen Obrigkeit geschlossen.

Alle ökumenischen und internationalen Vorstöße zu ihrer Wiedereröffnung blieben in Ankara erfolglos. Als Folge der Schließung fehlt dem griechisch-orthodoxen Klerus in der Türkei der Nachwuchs, was den Fortbestand des Patriarchats von Konstantinopel und der christlichen Gemeinden gefährdet.

Offenbar Unmut über Projekt

Die jetzt angekündigte Errichtung des panislamischen Zentrums bedeutet nach Einschätzung von Beobachtern das endgültige Aus für die Theologische Hochschule. Noch am 25. April hatte Präsident Recep Tayyip Erdogan den Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I. nach Ankara zitiert und ihm eine Wiedereröffnung von Chalki in Aussicht gestellt, voraussichtlich noch in diesem Herbst. Davon ist jetzt nicht mehr die Rede.

Bei den Anwohnern auf der Insel stößt das Projekt offenbar auf Ablehnung, wie die Zeitung „Adalar“ in ihrer Wochenendausgabe berichtet. Der erwartete Zustrom muslimischer Studenten aus aller Welt nach Chalki und auf die benachbarten Prinzeninseln habe auch den Unmut der Lokalorganisation von Erdogans Regierungspartei AKP erregt. Das traditionelle Feriengebiet der Istanbuler Bevölkerung sei bereits seit Jahren mit zahlreichen Touristen aus Saudi-Arabien überfüllt.

religion.ORF.at/KAP/KNA