Deutsche Muslime und Juden zu Gedenken in Auschwitz

Junge deutsche Jüdinnen und Juden sowie muslimische Geflüchtete haben am Donnerstag in der Gedenkstätte des NS-Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau gemeinsam an die Opfer des Nationalsozialismus erinnert.

Am Donnerstag hielten sie eine interreligiöse Feier mit anschließender Kranzniederlegung in dem ehemaligen Vernichtungslager der Nazis ab. An der Feier und Kranzniederlegung nahmen u.a. die Ministerpräsidenten von Thüringen, Bodo Ramelow (Linke), und Schleswig-Holstein, Daniel Günther (CDU), teil.

25 Menschen nahmen an Bildunsgreise teil

Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, bekannte sich zu einer Verantwortung von deutschen Muslimen für ihr Land. Der frühere Landesrabbiner Henry G. Brandt appellierte an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, unabhängig von der Religionszugehörigkeit zuerst den Menschen in einem Gegenüber zu sehen.

Die 25 jungen Menschen, die an der einwöchigen Bildungsreise nach Polen, die an diesem Freitag zu Ende geht, teilnahmen, kamen aus den deutschen Bundesländern Thüringen, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen. Die Geflüchteten stammen aus Syrien und dem Irak. Die Reise wurde vom Zentralrat der Muslime (ZMD) in Deutschland und der Union progressiver Juden (UdJ) organisiert.

Mazyek: „Niemals wieder“

Auschwitz als „Ort des unbeschreiblichen menschlichen Leides ist ein furchterregendes Symbol für die Entrechtung, Entmenschlichung und Verfolgung von Millionen Menschen, für den von Deutschen begangenen Zivilisationsbruch, der Schoah“, betonte Mazyek laut Redemanuskript. „Wir deutschen Muslime bekennen damit, uns für den Erhalt unseres Rechtsstaates einzusetzen, wir bekennen uns zu unserer freiheitlichen Demokratie, zu unserer von Vielfalt geprägten, pluralen Gemeinschaft in Deutschland.“

Es müsse alles unternommen werden, „damit sich eine derartige Katastrophe wie die Schoah niemals wiederholen kann. Weder in unserem Land noch sonst wo auf dieser Welt“, sagte Mazyek. „Jede Form von Antisemitismus, gruppenspezifische Menschenfeindlichkeit und Rassismus ist eine Sünde im Islam.“ Er wandte sich zudem gegen „Schlussstrich“-Forderungen: „Mit uns wird es diesen Relativismus, diesen Hang zur Geschichtsvergessenheit nicht geben und mag er sich noch so billig der Meinungsfreiheit bedienen und sich als intellektuelles Schwert maskieren.“

Rabbi: „Wer anderen kennt, ist gefeit vor Hass“

Der frühere Landesrabbiner Brandt betonte, dass alle Menschen als Ebenbild Gottes erschaffen worden seien. Sie sollten nicht zuerst über ihre Herkunft oder religiöse Zugehörigkeit definiert werden, sondern man solle erkennen: „Er ist ein Mensch.“

Der KNA sagte Brandt am Donnerstag, dass der Kreis der Reisenden zwar nicht so groß sei, dass er aber die Gesellschaft verändern könne. Aber: „Steter Tropfen höhlt den Stein.“ Gespräche zu führen und sich kennenzulernen, sei wesentlich. „Denn wer den anderen kennt, ist gefeit vor Hass.“

Gemeinsame Aktion gegen Antisemitismus

Im Vorfeld der Reise hatte die Generalsekretärin der Union progressiver Juden, Irith Michelsohn, der deutschen Katholischen Nachrichten-Agentur KNA gesagt, dass es nun die Chance gebe, dass sich junge Menschen verschiedener Religionen austauschten. „Dies kann der Anfang eines friedlichen Zusammenlebens in Deutschland werden.“

Mit der gemeinsamen Reise machen sich der Zentralrat der Muslime in Deutschland und die Union progressiver Juden gegen Antisemitismus in Deutschland stark. In Deutschland machten zuletzt immer wieder Übergriffe auf Juden Schlagzeilen, teils auch von muslimischen Tätern.

1,1 Millionen Menschen ermordert

Ziel der fünftägigen Reise ist es, dass sich die jungen Menschen im südpolnischen Oswiecim mit dem Holocaust und deutscher Geschichte auseinandersetzen. Daher machten sie seit Montag Besichtigungen, führten Gespräche mit Zeitzeugen und Diskussionsrunden, um mehr über die Verfolgung der Juden durch die Nazis zu erfahren.

In Auschwitz-Birkenau wurden während des Zweiten Weltkrieges mindestens 1,1 Millionen Menschen von den Nazis ermordet. Die meisten der Opfer waren Juden.

religion.ORF.at/KAP/AFP/dpa

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