Vatikan zu US-Missbrauchsbericht: „Scham und Trauer“

Mit einer ersten Stellungnahme hat der Vatikan am Donnerstagabend auf den jüngsten Bericht über Missbrauchsfälle im US-Bundesstaat Pennsylvania reagiert. Die US-Bischofskonferenz kündigte Reformen an.

Für die Gefühle nach der Lektüre des ausführlichen Berichts der Staatsanwaltschaft gebe es „nur zwei Worte: Scham und Trauer“, heißt es in einer Erklärung von Vatikan-Sprecher Greg Burke. Der Vatikan verfolge die Arbeit der Untersuchungskommission mit großer Ernsthaftigkeit.

„Verbrecherisch und moralisch verwerflich“

Er betone die Notwendigkeit, sich an staatliche Gesetzesvorgaben zu halten, einschließlich der Verpflichtung, Fälle von Missbrauch zu melden. Die in dem Bericht geschilderten Fälle seien „verbrecherisch und moralisch verwerflich“, heißt es weiter in der etwa halbseitigen Erklärung. Die Opfer sollten wissen, dass der Papst auf ihrer Seite stehe.

Der Petersplatz in Rom

Reuters/Stefano Rellandini

„Scham und Trauer“ herrschen im Vatikan über die Missbrauchsberichte aus den USA

Zudem weist der Vatikan darauf hin, dass die große Mehrzahl der in dem Bericht geschilderten Fälle aus den Jahren vor 2002 stamme; nur sehr wenige aus der Zeit danach. Dieser Befund der Kommission decke sich mit anderen Studien, denen zufolge die von der US-Kirche ergriffenen Maßnahmen die Zahl der Fälle von Missbrauch durch Kleriker drastisch gesenkt hätten. Dennoch ermutige der Heilige Stuhl zu weiteren Reformschritten und steter Wachsamkeit.

Mindestens 1.000 Menschen missbraucht

Der am Dienstag vorgestellte Pennsylvania-Bericht einer staatlichen Jury beschuldigt rund 300 zumeist verstorbene Priester, in den vergangenen 70 Jahren mindestens 1.000 Kinder und Jugendliche missbraucht zu haben. In den untersuchten Diözesen des Bundesstaates habe eine „Kultur des Vertuschens“ durch ranghohe Kirchenobere geherrscht, die massenhaften Missbrauch erst ermöglicht habe.

Nach der Veröffentlichung des Berichts hatte es Kritik gegeben, weil der Vatikan zunächst nicht darauf reagierte. Wie der US-Sender CNN berichtete, hatte Pennsylvanias Generalstaatsanwalt Josh Shapiro am 25. Juli einen Brief an den Papst geschickt, in dem er ihn auf das Ergebnis der Untersuchung hinwies und dringend notwendige Maßnahmen forderte. Bis Mitte dieser Woche habe Shapiros Büro keine Antwort des Vatikan erhalten, so CNN am Donnerstag.

Reformen gegen Missbrauch angekündigt

Die katholische US-Bischofskonferenz hat angesichts des jüngsten Missbrauchsskandals im Bundesstaat Pennsylvania tiefgreifende Reformen angekündigt. Zudem bittet sie den Vatikan, das Geschehene im Rahmen einer sogenannten Visitation zu untersuchen. Die katholische US-Kirche stehe vor einer „moralischen Katastrophe“, so der Konferenzvorsitzende Kardinal Daniel DiNardo am Donnerstag. Er kündigte für November einen umfassenden Reformplan an, „damit sich die Sünden und Fehler der Vergangenheit nicht wiederholen“.

Demnach sollen etwa „neue und vertrauliche Kanäle“ geschaffen werden, um Beschwerden gegen Bischöfen vorzubringen, die Missbrauch selbst begangen oder vertuscht haben. Opfern müsse es leichter gemacht werden, Fehlverhalten von Kirchenoberen anzuzeigen. Den Vorwürfen müsse künftig auch schneller, effizienter und transparenter nachgegangen werden, so Kardinal DiNardo.

Untersuchung durch Vatikan erbeten

Belastete Bischöfe dürften nicht mehr die Möglichkeit haben, die kircheninternen Ermittlungen gegen sie zu behindern, sondern müssten den „höchsten Standards an Transparenz und Verantwortlichkeit“ gerecht werden. Im Kampf gegen Missbrauch will die Bischofskonferenz außerdem stärker auf die Expertise von Laien setzen. Diese sollten an führender Stelle in die Reformen eingebunden werden.

Desweiteren beschlossen die Bischöfe laut der Erklärung auch eine umfassende Untersuchung der Affäre um den früheren Washingtoner Erzbischof Theodore McCarrick (88). Ihm wird der Missbrauch von Seminaristen und mindestens zwei Minderjährigen vorgeworfen.

DiNardo, der Erzbischof von Galveston-Houston ist, kündigte einen Besuch im Vatikan an, wo er über die geplanten Maßnahmen beraten und weitere Hilfe erbitten wolle. Dazu zählt aus Sicht der Bischofskonferenz auch die Durchführung einer Visitation durch die Kirchenspitze.

religion.ORF.at/KAP

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