Rabbinerkonferenz: Weiter Kritik an Benedikt-Text

Die Allgemeine Rabbinerkonferenz Deutschlands übt erneut Kritik an einem Text des emeritierten Papstes Benedikt XVI. zum Dialog mit Juden. Die Kritik richtet sich auch an Kardinal Kurt Koch, der den Text verteidigt hat.

„Die aktuellen Äußerungen von Kardinal Koch erhellen die Positionen des emeritierten Papstes nicht, sondern überschatten vielmehr das katholisch-jüdische Verhältnis“, erklärt der Präsident der Allgemeinen Rabbinerkonferez Deutschlands, Henry G. Brandt. Das deutsche Rabbinat sei sich in seiner Kritik am umstrittenen Aufsatz von Benedikt XVI. einig, so Brandt in einer Aussendung.

„Gnade und Berufung ohne Reue“

Auslöser war der Text „Gnade und Berufung ohne Reue“ des emeritierten Papstes Benedikt XVI., der unter Vertretern des Judentums aber auch führenden Katholiken auf Kritik stieß - mehr dazu in Kritik an Text von Benedikt XVI. über Juden.

Der umstrittene Beitrag war in der Juli-Ausgabe der theologischen Fachzeitschrift „Communio“ unter dem Namen „Joseph Ratzinger - Benedikt XVI.“ erschienen. Darin setzte sich der emeritierte Papst mit der Frage auseinander, ob die Kirche an die Stelle des alttestamentlichen Bundes zwischen Gott und dem Volk Israel getreten sei, sowie mit der Aussage vom „nicht gekündigten Bund Gottes mit Israel“.

Kritik und Verteidigung

Kardinal Kurt Koch, der Präsident der Vatikanischen Kommission für die religiösen Beziehungen mit dem Judentum und der deutsche Theologe Thomas Söding gehörten zu den Verteidigern - mehr dazu in Antijudaismusstreit: Theologe verteidigt Benedikt XVI..

Die Orthodoxe Rabbinerkonferenz Deutschland (ORD) habe sich am 2. August 2018 an Kurienkardinal Koch gewandt und gefragt, warum er in seinem Geleitwort meine, dass Benedikts „theologische Reflexionen in das künftige Gespräch zwischen Kirche und Israel eingebracht werden sollten“ und „der vorliegende Beitrag das jüdisch-katholische Gespräch bereichern wird“, schrieb Brandt in der Aussendung.

„Dialog unter falschen Vorzeichen“

Für die liberal ausgerichtete Allgemeine Rabbinerkonferenz Deutschlands (ARK), die derzeit 29 Rabbiner und Rabbinerinnen vereinigt, ist die Entgegnung von Kardinal Koch auf diesen Brief unzureichend, ja befremdlich. „Wenn Kardinal Koch erklärt, Benedikt diskutiere ‚Grundüberzeugungen des jüdisch-christlichen Dialoges, um sie zu spezifizieren und zu differenzieren und auf diesem Weg theologisch zu vertiefen‘, dann bestärkt dies noch die Darstellung des Altpapstes, wonach das Judentum defizitär sei“, gibt Brandt zu bedenken.

Kochs Ausführungen ließen fürchten, dass der Dialog unter falschen Voraussetzungen geführt werde. Auf jüdischer Seite wecke der Präsident der Vatikanischen Kommission für die religiösen Beziehungen mit dem Judentum so Misstrauen gegenüber seiner Person und der katholischen Kirche, so Brandt.

Christlicher Antijudaismus weitergetragen

Rabbiner Henry G. Brandt (geb. 1927) gilt als Wegbereiter des jüdisch-christlichen Dialogs in Deutschland und ist für sein Engagement vielfach gewürdigt worden. Bereits Anfang Juli hatten Mitglieder der Allgemeinen Rabbinerkonferenz Benedikts Text kritisiert. Der Vorsitzende der Union progressiver Juden in Deutschland, Rabbiner Walter Homolka, warf dem emeritierten Papst vor, einen neuen Antisemitismus auf christlicher Grundlage zu fördern und „christliche Identität auf Kosten der jüdischen“ zu formulieren.

Der jüdische Präsident des Deutschen Koordinierungsrates der Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit, Rabbiner Andreas Nachama, erklärte: „Wer das jüdisch-christliche Verhältnis in den Kategorien von alt und neu, von Überbietung und Ersetzung denkt, trägt das Erbe des jahrhundertealten christlichen Antijudaismus weiter.“

religion.ORF.at

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