Schönborn: Weniger über Sex, mehr über Kinder reden

Die katholische Kirche hat nach den Worten von Kardinal Christoph Schönborn „zu viel über Sex gesprochen und zu wenig über den Schaden, den Kinder durch Konflikte ihrer Eltern erleiden können“.

Papst Franziskus habe darauf aufmerksam gemacht, indem er bei seinem Apostolischen Schreiben „Amoris laetitia“ weitgehend auf moralische Anweisungen oder das Thema Sex verzichtet, jedoch eindringlich auf das Kindeswohl verwiesen habe, sagte der Wiener Erzbischof am Mittwoch beim Eröffnungspodium des dreitägigen Pastoralkongresses des Weltfamilientages in Dublin.

„Kind nie, nie, nie als Geisel nehmen!“

Bei einer Scheidung oder Trennung werde Kindern oft eine schwere Last aufgebürdet, was verheerend sei, sagte der Kardinal. Der Papst habe davor gewarnt: „Er schrieb wörtlich: Ihr dürft das Kind nie, nie, nie als Geisel nehmen!“, zitierte Schönborn aus dem Dokument, das im Zentrum des katholischen Großereignisses in Irland steht. Das Wohl der Kinder müsse im Vordergrund stehen; es bleibe gewahrt, wenn Eltern auch bei Konflikten und Trennungen vor den Kindern nur gut über den Partner sprächen.

Kardinal Christoph Schönborn

Kathpress/Franz Josef Rupprecht

Das Wohl der Kinder müsse im Vordergrund stehen, so Kardinal Schönborn.

Erinnerung an eigene Kindheit

Der Wiener Erzbischof verwies hier auf eigene Erfahrungen: Die im Krieg geschlossene Ehe seiner Eltern ging in die Brüche, bei Streitigkeiten am Küchentisch fiel aber oft ein Schlüsselwort. „Sie sagten dann auf Französisch, denn wir sollten es nicht verstehen: ‚Nicht in Gegenwart der Kinder‘“, berichtete Schönborn. Die Regel, den Konflikt nicht vor den Kindern auszutragen, hätten seine Eltern streng eingehalten, wofür er ihnen heute sehr dankbar sei.

Schönborn äußerte sich bei einem Einführungsstatement für eine Podiumsdiskussion über „Die Familie in der jüdisch-christlichen Tradition“, an der auch der irische Anglikaner-Primas Michael Jackson, der orthodoxe Erzpriester Mikhail Nasonov und der Oberrabbiner Zalman Lent teilnahmen.

Treue im Menschsein verwurzelt

Die Ehe bezeichnete Schönborn als die größte Form der Freundschaft, da sie nicht nur auf Stabilität, geteiltes Leben und das Wohl des anderen ausgerichtet sei, sondern auch das Eingeständnis der Unauflöslichkeit und Ausschließlichkeit beinhalte. „Liebende sehen ihre Ehe nicht als temporär, sondern sie wollen, dass die Beziehung trotz aller Fragilität die Zeit übersteht“, so der Kardinal. Der starke Wunsch der Kinder, dass ihre Eltern einander lieben und beisammen bleiben, zeige an, dass Treue im Menschsein verwurzelt sei.

Als ein entscheidendes Merkmal der Ehe im jüdisch-christlichen Verständnis hob Schönborn die Achtung der Freiheit des Partners hervor. Gott allein sei demnach das Zentrum des Lebens, habe Exklusivanspruch auf den innersten und geheimsten persönliche Bereich des geliebten Menschen und könne die Bedürfnisse des Menschen vollkommen befriedigen. Ein Ehepartner solle daher vom anderen nicht erwarten, „was allein der Liebe Gottes eigen ist“, zitierte der Kardinal aus einem von Papst Franziskus aufgegriffenen Zitat des evangelischen Theologen Dietrich Bonhoeffer.

religion.ORF.at/KAP

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