Ex-Vatikan-Sprecher bemängelt Kinderschutz-Leitlinien

Der Jesuit und frühere Vatikan-Sprecher Federico Lombardi sieht Nachbesserungsbedarf beim Kinderschutz in der katholischen Kirche Italiens.

Die aktuellen Leitlinien zum Umgang mit sexuellem Missbrauch entsprächen einem „heute überholten Ansatz“, sagte Lombardi am Mittwoch der katholischen italienischen Tageszeitung „Avvenire“. Er betonte jedoch, die Italienische Bischofskonferenz plane eine Überarbeitung des Regelwerks.

Der frühere Vatikan-Sprecher P. Federico Lombardi

Reuters/Alessandro Bianchi

Der ehemalige Vatikan-Sprecher Federico Lombardi würdigte das Schreiben des Papstes zu sexuellem Missbrauch.

Lombardi würdigte das am Montag veröffentlichte Schreiben von Papst Franziskus zu sexuellem Missbrauch. Neu sei, dass sich ein Papst an alle Katholiken wende, um ihnen die „Dramatik“ der Lage und die Dringlichkeit einer Umkehr klarzumachen. Dabei gehe es um die Mitverantwortung aller Gläubigen. Institutionelle Reformen reichten nicht; Franziskus wolle einen Wandel in der Art, Kirche zu sein, der alle einbeziehe, so Lombardi.

„Nicht mit Schlag eines Zauberstabs“

Dass Benedikt XVI. (2005-2013) schon vor acht Jahren einen entsprechenden Brief an die katholische Kirche in Irland gerichtet habe, bedeute nicht, dass es zwischenzeitlich keine Fortschritte gegeben hätte, sagte Lombardi. „Aber eine Kultur ändert man nicht mit dem Schlag eines Zauberstabs“, so der Jesuit.

Für die katholische Kirche sei Kindesmissbrauch „ein kritischer Punkt für ihre Glaubwürdigkeit“, sagte Lombardi. Von der Institution werde Übereinstimmung in Reden und Handeln verlangt. Die Kirche verfüge über eine „tausendjährige Tradition“ des pädagogischen und sozialen Engagements für Kinder und Jugendliche. „Dass all das von dem Misstrauen aufgrund der begangenen Verbrechen in den Schatten gestellt und untergraben wird, ist dramatisch“, sagte Lombardi.

Psychologe verlangt Konsequenzen

Ähnlich verlangte der deutsche Psychologe und Kinderschutzexperte Hans Zollner von der Päpstlichen Universität Gregoriana für Italien Konsequenzen aus dem Papst-Brief. Die katholische Kirche des Landes habe im Blick auf sexuelle Ausbeutung und Machtmissbrauch durch Kleriker noch keinen „solchen Moment der Wahrheit erlebt“, sagte der Jesuit der katholischen Nachrichtenagentur SIR (Dienstag).

„Ich wünsche mir, dass die vergangenen Wochen mit ihren schockierenden Nachrichten auch die Augen und Herzen der Kirche in Italien und ihrer Verantwortlichen öffnen mögen“, sagte Zollner, Leiter des Kinderschutzzentrums an der Gregoriana und Mitglied der Päpstlichen Kinderschutzkommission. Seitens der italienischen Bischöfe sei es nötig, „ohne Zögern notwendige Maßnahmen zu ergreifen“.

religion.ORF.at/KAP

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