Journalist: Brief an Papst Teil konzertierter Aktion

Die Veröffentlichung des „Memorandums“ eines früheren Vatikan-Botschafters, in dem er Papst Franziskus zum Rücktritt aufruft, war offenbar eine konzertierte Aktion katholischer Blogger in mehreren Ländern.

Der Ex-Nuntius Carlo Maria Vigano habe diese zuvor kontaktiert und als Publikationszeitpunkt den 26. August festgelegt, berichtete der italienische Journalist Aldo Maria Valli laut Kathpress. Auf diese Weise sollte der Papst am gleichen Tag „auf dem Rückweg von Dublin Gelegenheit zur Erwiderung haben, wenn er Journalistenfragen im Flugzeug beantwortet“, schrieb Valli in seinem Blog am Dienstag. Valli zählt selbst zu den konservativen Kritikern von Franziskus.

Drei konspirative Treffen

Die Übergabe des elfseitigen Schreibens, in dem Erzbischof Vigano Anschuldigungen gegen Kurienmitglieder und US-Bischöfe vorträgt, sei erst nach drei konspirativen Treffen erfolgt, die sich über mehrere Wochen erstreckten. Vigano habe offenbar auch prüfen wollen, auf welcher Seite sein Gegenüber stehe. Anschließend sei er unbekannt verreist und habe seine Mobilfunknummer gewechselt.

Vigano, von 2011 bis 2016 Nuntius in Washington, behauptet in seiner Niederschrift, er habe Papst Franziskus bereits im Sommer 2013 persönlich gesagt, der ehemalige Washingtoner Erzbischof Theodore McCarrick habe „Generationen von Seminaristen und Priestern verdorben“ und sei von Benedikt XVI. zu einem zurückgezogenen Leben in Buße „verurteilt“ worden. Hintergrund waren laut Vigano zahlreiche homosexuelle Aktivitäten des prominenten Kardinals.

Vorwürfe sexuellen Missbrauchs

Franziskus entließ den 88-jährigen McCarrick am vergangenen 28. Juli aus dem Kardinalsstand. Zuvor hatte er ihm am 20. Juni die Ausübung priesterlicher Aufgaben in der Öffentlichkeit untersagt, nachdem erstmals Vorwürfe sexuellen Missbrauchs auch an Minderjährigen von der Erzdiözese New York als „glaubwürdig und substanziell“ eingestuft wurden.

Der Papst sagte auf dem Rückflug von seiner, vom Missbrauchsskandal in der römisch-katholischen Kirche überschatteten Irland-Reise am Sonntagabend vor Journalisten, das Dokument von Vigano spreche für sich. Er werde dazu nichts sagen und vertraue auf die journalistische Kompetenz, die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen. Wörtlich antwortete er auf eine entsprechende Frage: „Lesen Sie es selbst aufmerksam und bilden Sie sich ein eigenes Urteil.“

religion.ORF.at/APA

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