Zulehner: „Skandalöses Schweigen“ zu Papst-Attacken

Nach der Rücktrittsforderung an Papst Franziskus sollten die Bischöfe in ganz Europa den „immer dreister“ werdenden Attacken auf den Papst entschieden entgegentreten, fordert Theologe Paul Zulehner und spricht von einem „skandalösen Schweigen“.

Auch andere Papst-Gegner unterstützten die Rücktrittsforderung des früheren Nuntius in den USA, Erzbischof Carlo Maria Vigano, in seinem „Memorandum“. Danach habe sich erst ein einziger Bischof weltweit, Giovanni D’Ercole von der italienischen Diözese Ascoli Piceno, „in dieser prekären Lage vor den Papst gestellt“. Darüber zeigte sich der Wiener Theologe Zulehner in einem Blogeintrag „bestürzt“ und forderte die Europäischen Bischofskonferenzen auf, ihr bisheriges „skandalöses Schweigen“ aufzugeben.

Paul M. Zulehner spricht an einem Rednerpult

Kathpress/Pernsteiner

Theologe und Initiator von „Pro Pope Francis“ Paul Zulehner

Bischof D’Ercole als einsamer Unterstützer

Der Pastoraltheologe, Werteforscher und Buchautor wies darauf hin, dass die Gegner des weltoffenen Papstes aus Argentinien weltweit vernetzt seien. Nach den jüngsten Vorwürfen Viganos in Bezug auf Missbrauchsvertuschung und homosexuelle Netzwerke im Vatikan dominierten sie die Berichterstattung in den Medien und forderten „in anmaßender Weise“ den Rücktritt von Franziskus.

Bischof D’Ercole schrieb dazu in einem Hirtenbrief, dass dabei in einer konzertierten medialen und politischen Operation die Aufmerksamkeit für die Irland-Reise des Papstes ausgenützt worden sei. Er dagegen stehe zum Papst als Nachfolger des Apostels Petrus und unterstütze seinen Kampf gegen Missbrauch, betonte der Bischof von Ascoli Piceno.

Bischöfe sollen Loyalität bekunden

Der Rat der Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE) und auch einzelne Bischofskonferenzen wären laut Zulehner gut beraten, ihre Loyalität ebenso klar und deutlich zu bekunden. Ein Gebetstag für den Papst - wie von D’Ercole für seine Diözese am 2. September vorgesehen - „wäre in dieser heiklen Stunde der Kirche auch bei uns in Österreich mehr als angemessen“.

Die von ihm initiierte Solidaritäts-Aktion „Pro Pope Francis“ trage dem Rechnung, dass der Papst in solch einer Zeit Rückenwind brauche. Laut Zulehner unterzeichneten bisher weltweit 75.000 Menschen den ermutigenden Offenen Brief an Franziskus; 150 Theologen und Theologinnen aus aller Welt hätten zu Gunsten des von ihm eingeschlagenen Weges der Kirche Stellung bezogen; mehr als 5.000 weitere Personen in der Online-Umfrage die Anliegen des Pontifikats unterstützt.

Konflikt als Ausdruck „tiefer Spannung“ in Kirche

Der Wiener Theologe betrachtet den aktuellen Konflikt als Ausdruck jener „tiefen Spannung“, die die katholische Kirche seit dem Aufkommen der „modernen Welt“ bewege: „Soll sich die Kirche der Zeit von heute prophetisch und kritisch öffnen und auch von ihr Gutes und Geistgewirktes lernen, oder soll sie sich festungsartig verschließen?“

Die Auseinandersetzungen zwischen Befürwortern eines weltoffenen „Aggiornamento“ einerseits und einer Abschottung andererseits seien auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil sichtbar geworden, ebenso in den Pontifikaten von Johannes Paul II. und Benedikt XVI., wie Zulehner hinwies. Papst Franziskus stelle sich dem Versuch, den Weg der Öffnung hin zur heutigen Welt aus der Kraft des Evangeliums - „ohne Anpassung an sie, aber in tiefer Liebe zu ihr“ - mutig voranzugehen.

religion.ORF.at/KAP

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