Missbrauch: Durchsuchungen in chilenischen Diözesen

Die chilenische Staatsanwaltschaft hat die Archive von vier Diözesen durchsuchen lassen. Die Polizeiaktion fand laut örtlichen Medienberichten am Donnerstag gleichzeitig in den Städten Valparaiso, Osorno, Concepcion und Chillan statt.

Zu Beginn dieser Woche war bereits der E-Mail-Verkehr hochrangiger Kirchenvertreter sichergestellt worden. Betroffen waren unter anderen die Kardinäle Ricardo Ezzati und Francisco Javier Errazuriz. Hintergrund der Ermittlungen ist die Missbrauchskrise in der katholischen Kirche des südamerikanischen Landes, die seit Monaten für Schlagzeilen sorgt.

Im Brennpunkt steht der inzwischen 88-jährige Priester Fernando Karadima, der 2011 wegen sexueller Vergehen verurteilt wurde. Aus seinem Kreis gingen mehrere Bischöfe hervor, unter ihnen auch Juan Barros (62) von Osorno, der von Opfern Karadimas der Mitwisserschaft beschuldigt wird.

Fernando Karadima, des sexuellen Missbrauchs verurteilter chilenischer Priester

Reuters/Carlos Vera

Fernando Karadima wurde bereits 2011 wegen sexuellem Missbrauch verurteilt

Fünf Rücktritte angenommen

Papst Franziskus hatte zur Klärung der Vorwürfe einen Sondergesandten nach Chile geschickt und die gesamte Chilenische Bischofskonferenz in den Vatikan gebeten. In einem historischen Schritt boten im Mai 32 chilenische Bischöfe dem Papst wegen der Vorgänge ihren Rücktritt an. Inzwischen nahm Franziskus die Rücktritte von fünf Bischöfen an. Darunter ist neben Barros auch Gonzalo Duarte (75), ehemaliger Leiter der Diözese Valparaiso, die nun ebenfalls von den Ermittlern durchsucht wurde. Auch gegen ihn liegen Vertuschungsvorwürfe vor.

Wie die Tageszeitung „La Tercera“ weiters berichtete, hat die Staatsanwaltschaft im Zuge des Missbrauchsskandals Ermittlungen gegen zwei weitere Bischöfe aufgenommen. Bischof Cristian Contreras Molina aus San Felipe steht im Verdacht, für Missbrauchsfälle verantwortlich zu sein, Luis Infanti de la Mora aus Aysen wird die Vertuschung von Missbrauchsfällen vorgeworfen. Insgesamt sollen die Ermittlungen seit August damit auf sieben Bischöfe ausgeweitet worden sein, so die Zeitung „La Nacion“. In einer ersten Reaktion teilte die Diözese San Felipe mit, dass dem Bischof keinerlei Informationen über eine Beschuldigung gegen ihn vorliege.

Keine Gottesdienstübertragungen an Feiertag

In Chile werden die zentralen religiösen Feiern der katholischen und evangelischen Kirche anlässlich des bevorstehenden chilenischen Nationalfeiertags (18. September) erstmals nicht im Fernsehen übertragen.

Die Regierung des konservativen Präsidenten Sebastian Pinera erklärte, für die Entscheidung seien finanzielle Gründe ausschlaggebend. Aufgrund der derzeitigen Sparmaßnahmen sei eine Übernahme der Kosten für die Übertragung nicht mehr möglich, berichtete die Tageszeitung „La Tercera“ (Donnerstag).

Zeremonien mit politischen Reden

In der Vergangenheit hatten die Gottesdienste, an denen in der Regel auch die Staatspräsidenten teilnahmen, wegen ihrer politischen Predigten häufig gesellschaftspolitische Debatten ausgelöst. Im vergangenen Jahr übten Vertreter der evangelischen Kirche scharfe Kritik an der Arbeit der anwesenden damaligen Staatspräsidentin Michelle Bachelet.

In diesem Jahr hatte Santiagos Erzbischof, Kardinal Ezzati, gegen den die Staatsanwaltschaft wegen Vertuschungsvorwürfen ermittelt, im Vorfeld seinen Verzicht auf die Teilnahme an der Feier erklärt. Im Interesse eines Klimas des Vertrauens und der nationalen Eintracht habe er entschieden, von der Leitung des traditionellen Te Deum zurückzutreten, so Ezzati bereits Anfang August. Chiles Präsident Pinera will an beiden Zeremonien teilnehmen.

religion.ORF.at/KAP/KNA

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