Studie: Viele Missbrauchstäter aus der Kirchenspitze

Fast zehn Prozent der katholischen Kleriker, die Kinder missbraucht haben sollen, haben irgendwann ein leitendes Amt innegehabt. Das geht aus einer Studie hervor, die demnächst von der Deutschen Bischofskonferenz veröffentlich werden soll.

Die Studie liegt der deutschen Wochenzeitung „Die Zeit“ bereits vor, wie es in der Onlineausgabe der Zeitung von Sonntag hieß. Von 1.670 Beschuldigten bekleideten demnach 164 (9,6 Prozent) zu irgendeinem Zeitpunkt ihres Lebens ein höheres Kirchenamt (beispielsweise Dechant, Regens, Offizial, Domkapitular, Weihbischof, Bischof oder Erzbischof). 36 der Beschuldigten (2,2 Prozent) hatten ein höheres Amt vor und nach der angeschuldigten Ersttat inne.

Fast zehn Prozent in höheren Ämtern

86 Prozent der Beschuldigten (1.441) hatten demnach bei der ersten Missbrauchstat kein höheres Kirchenamt inne. „Nichtsdestotrotz bleibt festzustellen, dass mit fast zehn Prozent ein nicht zu vernachlässigender Anteil der Beschuldigten in höherer Verantwortung des kirchlichen Dienstes stand“, schreiben die Macher der Studie.

Belegen können die Forscher, dass mutmaßliche Täter aus der unteren Kirchenhierarchie – etwa Priester, die des Missbrauchs beschuldigt wurden – später in der Hierarchie aufstiegen und höhere Ämter bekleideten. „Bei 110 Beschuldigten (6,6 Prozent) war ein höheres Kirchenamt nicht vor, jedoch zu einem späteren Zeitpunkt nach der angeschuldigten Ersttat verzeichnet. Bei zehn Beschuldigten (0,6 Prozent) war angegeben, dass sie ein höheres Kirchenamt zwar vor dem Zeitpunkt der Ersttat innehatten, jedoch nicht mehr zuzeiten nach der Ersttat.“

Außerdem habe die Kirche stärker als andere Institutionen den Kindesmissbrauch vertuscht. Die Studie belegt: Kam es zu ordentlichen Strafverfahren gegen mutmaßliche Täter aus der katholischen Kirche, mussten diese Verfahren überproportional oft wieder eingestellt werden – etwa dreimal so häufig wie bei vergleichbaren Fällen in Schulen und Sportvereinen.

67,1 Prozent der Verfahren eingestellt

Wörtlich heißt es: „Die Reaktion der Strafverfolgungsbehörden auf die Tatvorwürfe gegen die Kleriker war dadurch gekennzeichnet, dass 67,1 Prozent der Verfahren durch die Staatsanwaltschaft eingestellt wurden.“ Und weiter: "Demgegenüber betrug die staatsanwaltschaftliche Einstellungsrate in der Vergleichsgruppe (hier wurden u. a. Schulen und Sportvereine untersucht, Anmerkung der „Zeit"-Redaktion) nur 20,5 Prozent.“

Zur Begründung heißt es: „Die hohe Zahl der Einstellungen in den Verfahren gegen die Kleriker ist vor allem auf zahlreiche Einstellungen wegen Verjährung zurückzuführen. 46,6 Prozent der Verfahren stellte die Staatsanwaltschaft wegen Verjährung ein. In der Vergleichsgruppe war dies nur bei 3,8 Prozent der Verfahren der Fall.“

Entsprechend seien mutmaßliche Täter aus der Kirche seltener verurteilt worden. So betrug die Verurteilungsrate bei den Klerikern nur 30,9 Prozent, während sie sich in der Vergleichsgruppe auf 67,9 Prozent belief.

religion.ORF.at

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