Deutsche Bischöfe wollen Zölibat diskutieren

Die deutschen katholischen Bischöfe wollen nach der Veröffentlichung einer Studie zum sexuellen Missbrauch durch Priester auch eine offene Diskussion über die katholische Sexualmoral führen. Davon soll auch der Zölibat nicht ausgenommen sein.

„Es darf keine Tabuthemen geben“, sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, am Donnerstag zum Abschluss der Herbstvollversammlung in Fulda. Es werde eine breite Diskussion auch über den Zölibat und die kirchliche Sexualmoral geben.

Die deutschen Bischöfe Reinhard Marx (li.) und Stephan Ackermann mit der Missbrauchsstudie

APA/AFP/Daniel Roland

Die deutschen Bischöfe Reinhard Marx (li.) und Stephan Ackermann bei der Präsentation der Missbrauchsstudie am Dienstag

Marx kündigte verschiedene Konsequenzen aus der Studie an, die auch die Strukturen und die Sexualmoral der Kirche als Auslöser für den Missbrauch benannt hatte. Mehr als bisher solle es Begegnungen mit den Betroffenen von Missbrauch geben. Es werde auch eine Standardisierung in der Führung der Personalakten der Kleriker geben.

„Transparenter Gesprächsprozess“

In einer am Donnerstag verbreiteten Erklärung kündigen die deutschen Bischöfe unter anderem einen „transparenten Gesprächsprozess“ mit Experten über den Zölibat und die Sexualmoral der Kirche an. Auch sollen die Zahlungen von Anerkennungsleistungen an Opfer überprüft werden. Zusätzlich wollen die Bischöfe externe und unabhängige Anlaufstellen zu Fragen sexuellen Missbrauchs einrichten.

„Ohne eine unabhängige Aufarbeitung gibt es keine wirksame Veränderung und Gerechtigkeit“, heißt es in der Erklärung. „Wir wollen klären, wer über die Täter hinaus Verantwortung institutionell für das Missbrauchsgeschehen in unserer Kirche getragen hat.“

Der Missbrauchsbeauftragte der Bischofskonferenz, Bischof Stephan Ackermann, sagte, die beschlossenen Maßnahmen sollten kontinuierlich überprüft und über das Vorgehen öffentlich berichtet werden. „Ausdrücklich soll der weitere Weg gemeinsam mit Betroffenen sexuellen Missbrauchs, externen Fachleuten und Vertretern unserer Laiengremien, besonders des Zentralkomitees der deutschen Katholiken erfolgen.“ Er sprach von einer neuen Etappe, in der eine konkrete Aufarbeitung erfolgen müsse.

Mainzer Bischof: Diskussion über Zölibat sinnvoll

Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf hält indes eine Diskussion in der katholischen Kirche über den Zölibat grundsätzlich für sinnvoll. Er warnt aber vor zu einfachen Antworten. Auf die Frage nach einer Freistellung vom Zölibat sagte er dem deutschen SWR-Magazin „Zur Sache Rheinland-Pfalz!“: „Ich würde mal für mich sagen, es darf kein Tabuthema sein, darüber zu reden.“

Studie über Missbrauch in der deutschen katholischen Kirche

APA/AFP/dpa/Arne Dedert

Die Studie über Missbrauch in der deutschen katholischen Kirche löste Diskussionen aus.

Für eine bundesweite Studie der Deutschen Bischofskonferenz hatte das Bistum Mainz Akten von 1946 bis zum Sommer 2017 gesichtet. Darin werden 53 Geistliche des sexuellen Missbrauchs beschuldigt, 122 männliche und 47 weibliche Opfer wurden erfasst. Das Bistum liegt zum Großteil in Hessen, zum kleineren Teil in Rheinland-Pfalz.

„Das System ist in Frage gestellt, das System hat versagt“, sagte Kohlgraf dem SWR-Magazin, das an diesem Donnerstag ausgestrahlt wird. Er betonte: „Was die Studie allerdings auch klarmacht, dass plakative Antworten auch jetzt zu billig sind, einfach zu sagen, wir schaffen den Zölibat ab, dann haben wir kein Problem mehr - ich weiß nicht, ob das die Opferperspektive ist.“

„Christus schickt Kirche ins Fegefeuer“

Bambergs Erzbischof Ludwig Schick sieht die katholische Kirche angesichts des Missbrauchsskandals vor umfangreichen Umwälzungen. „Wenn die Kirche in etlichen Gliedern sündigt - und das ist geschehen - dann wird sie dadurch insgesamt in ihrer Sendung sehr getrübt. Deshalb wird sie von Jesus Christus nicht aufgegeben. Vielmehr schickt er sie ins Fegefeuer, damit sie sich reinigt und heiligt“, sagte Schick am Donnerstag. Nur auf diesem Wege könne die Kirche „Zeichen und Werkzeug“ für die Menschen sein, fügte er an. Schick betonte: „Wirken wir bei der Erneuerung der Kirche mit und fangen wir dabei bei uns selber an!“

religion.ORF.at/AFP/dpa/KAP

Mehr dazu:

Links: