„Aktion Heimkehr“: Hilfe für Christen im Irak

Insgesamt rund 500.000 Euro haben österreichische Organisationen gesammelt, um damit die Rückkehr von irakischen Christen in die Ninive-Ebene zu unterstützen.

Beteiligt an den Sammlungen waren die Arbeitsgemeinschaft Katholischer Verbände (AKV), Christian Solidarity International Österreich (CSI-Ö), die Initiative Christlicher Orient (ICO) sowie die Kardinal-König-Stiftung und die Diözese Linz. AKV-Präsident Helmut Kukacka, ICO-Vorsitzender Slawomir Dadas und CSI-Ö-Vorstandsmitglied Georg Pulling sind dieser Tage in den Nordirak gereist, um sich über den aktuellen Stand der „Aktion Heimkehr“ zu informieren.

Versorgung wieder aufgebaut

In der Kleinstadt Telskof und der benachbarten Ortschaft Baqofa haben die beteiligten Organisationen mitgeholfen, die Wasser- und Stromversorgung wieder in Gang zu bringen und Familien bei der Instandsetzung ihrer Häuser unterstützt. Weiters wurden ein Gemeinschaftszentrum für die chaldäische Kirche und eine „Food-Factory“ aufgebaut, in der lokale Produkte zu örtlich üblichen Lebensmitteln verarbeitet und dann verkauft werden. Zudem ist gerade ein weiteres Sozial- und Kommunikationszentrum in Bau, das der Bevölkerung als Treffpunkt dienen wird.

In Telskof lebten vor der Vertreibung durch die Terrormiliz „islamischer Staat“ (IS) rund 1.200 Familien (ca. 6.000 Personen), allesamt chaldäische Christen. Etwa 650 Familien sind zurückgekehrt. Dazu kommen weitere 300 Familien aus anderen Dörfern bzw. aus Mossul, die in ihre Heimat aus Sicherheitsgründen, oder weil ihre Häuser vollkommen zerstört sind, nicht zurückkehren können, und die sich in Telskof niedergelassen haben.

Projektpartner der heimischen Organisationen im Nordirak ist die lokale chaldäische Kirche, die die Rückkehrer tatkräftig dabei unterstützt, wieder Fuß zu fassen. Die Kirche kümmert sich auch um den Wiederaufbau der Infrastruktur und versucht mit kleinen Projekten Arbeitsmöglichkeiten zu schaffen, so der örtliche Pfarrer und Vorsitzende des regionalen Wiederaufbaukomitees, Salar Bodagh. Ein solches Projekt ist die von den Österreich-NGOs finanzierte Food-Factory, mit der Arbeit für fünf Familien geschaffen werden konnte.

Vorrangiges Ziel: Arbeitsmöglichkeiten

Im derzeit gebauten Sozialzentrum, das auch ein kleines Cafe beinhaltet, würden bis zu 20 vor allem junge Frauen und Männer Arbeit finden, so Bodagh. Die Kirche unternehme alles, um den Menschen Arbeitsmöglichkeiten zu bieten, damit sie bleiben können und nicht auswandern müssen. Nächstes Großprojekt des Priesters ist der Aufbau einer kleinen Landwirtschaft. „Und diese soll wieder einigen Bewohnern Arbeit und Einkommen schaffen.“

Im bereits fertiggestellten Gemeindezentrum der Kirche in Telskof finden u.a. Katechesen, Weiterbildungskurse für die Bevölkerung, kirchliche Feiern und Zusammenkünfte nach Taufen oder auch Begräbnissen statt. Dieses Zentrum sei wichtig als sozialer Kommunikationsort und stärke den Zusammenhalt der Bevölkerung, so Bodagh. Die Aktivitäten der Kirche würden den Menschen Hoffnung und Perspektiven geben.

Telskof war wie viele weitere christliche Siedlungen in der Ninive-Ebene vom IS zerstört worden. Kein einziges Haus wurde dabei laut Auskunft des Pfarrers vom IS verschont.

„Hilfe kommt an und macht Sinn“

AKV-Präsident Helmut Kukacka zeigte sich vor Ort im „Kathpress“-Interview überzeugt, „dass wir eigentlich gar keine Alternative haben als hier zu helfen. Das muss uns ein moralisches und christliches Anliegen sein“. Der Lokalaugenschein habe gezeigt, „dass die Hilfe ankommt und Sinn macht“, so Kukacka, der sich von der Dankbarkeit der Bevölkerung beeindruckt zeigte.

Hinweis

Spenden für die „Aktion Heimkehr“ können auf das Spendenkonto CSI/AKV, Kennwort „Christen in Not“, BIC: GIBAATWWXXX, IBAN: AT49 2011 1824 1397 6101 überwiesen werden.

Die Reise habe ihn bestärkt, dass die Hilfe an Ort und Stelle angesichts der großen Migrationsbewegungen immer noch am sinnvollsten sei. Die Christen im Orient bräuchten in der muslimischen Umgebung besondere Unterstützung, um bleiben zu können, „und wir werden uns bemühen, diese Unterstützung weiter aufrecht zu erhalten“, so der AKV-Präsident.

Von der heimischen Politik erwarte er sich, dass sie die schwierige Situation der Christen „wahrnimmt, ernst nimmt und sich auch auf internationaler Ebene dafür einsetzt, dass für die Christen Religionsfreiheit und Selbstbestimmung in ihrer Heimat gesichert sind“.

„Viele positive Veränderungen“

ICO-Obmann Dadas war bereits im Februar 2017 in Telskof, als gerade die ersten Christen in ihre Häuser zurückkehrten. Seither habe sich sehr vieles zum Positiven verändert, so sein Eindruck: „Es gibt viel mehr Menschen, vor allem auch Kinder und Jugendliche, die Straßen sind wieder belebt.“ Es stimme ihn allerdings traurig, dass die politische Zukunft der Ninive-Ebene noch immer nicht geklärt ist. Das Gebiet ist zwischen der irakischen Zentralregierung und der kurdischen Autonomieregierung umstritten. Immer noch seien einige Dörfer nicht erreichbar bzw. Straßen gesperrt und dort sei demnach auch kein Wiederaufbau möglich.

Der Besuch habe jedenfalls die Sinnhaftigkeit der „Aktion Heimkehr“ gezeigt, so Dadas. Er wolle deshalb auch im Nahmen der Bevölkerung von Telskof und Baqofa allen Spendern danken. Diese hätten nicht nur Geld, sondern vor allem auch „ein Stück Hoffnung gespendet“.

Beitrag zum Frieden in der ganzen Region

CSI-Vorstand Pulling wies darauf hin, dass die Kirche in der Ninive-Ebene aufgrund der schwierigen politischen Situation die weitgehend einzige zivilgesellschaftliche Kraft sei. Die Spendengelder der „Aktion Heimkehr“ gingen bewusst direkt an die kirchlichen Partner, die genau wüssten, wo die Hilfe am effektivsten ankommt.

Diese Hilfe für die Christen bzw. die von den Kirchen aufgebaute Infrastruktur komme zum Teil auch den Angehörigen anderer Religionsgemeinschaften zugute. In kleinen kirchlichen medizinischen Zentren in der nördlichen Ninive-Ebene würden auch muslimische und jesidische Patientinnen und Patienten versorgt, so Pulling. Das sei auch ein wesentlicher Beitrag zu Frieden und Versöhnung in der Region, „und den hat dieses Land mehr als notwendig“.

Eine Kirche für Baqofa

Während AKV, CSI-Ö und ICO vor allem in die Renovierung der Häuser und Beschäftigungsprojekte setzten und setzen, hat sich die Kardinal-König-Stiftung der Kirche von Baqofa angenommen. Da die alte Kirche im Zuge der Kampfhandlungen zwischen Kurden und den IS-Terroristen so stark beschädigt wurde, dass sie nicht mehr weiterverwendet werden kann, wird demnächst mit den Bau einer kleinen neuen Kirche begonnen.

Ein angebauter Versammlungsraum soll als Kommunikationszentrum dienen. In Baqofa lebten vor dem Krieg rund 75 Familien (350 Personen), 41 kehrten zurück. Es gehe bei allen Projekten auch darum, die Identität der Menschen als Christen zu stärken, so Pfarrer Bodagh. Der Bau der neuen Kirche habe daher weit über den eigentlichen Zweck als liturgischer Raum große Bedeutung.

Hilfe auch aus anderen Ländern

Die Initialzündung für die „Aktion Heimkehr“ war ein Lokalaugenschein des Linzer Bischofs Manfred Scheuer im Februar 2017 im Nordirak, wo er als Präsident der Kardinal-König-Stiftung gemeinsam mit dem chaldäischen Patriarchen Louis Sako vom IS befreite Dörfer und Städte besuchte.

Die Diözese Linz hat sich bereits im Frühjahr 2018 mit 100.000 Euro in die „Aktion Heimkehr“ eingebracht, die für den Bau eines Gemeindezentrums in der Stadt Karakosch verwendet werden. Auch die österreichischen Bundesländer haben sich mit insgesamt 100.000 Euro an der gemeinsamen Aktion von AKV, CSI-Ö und ICO beteiligt.

Freilich bewerkstelligen die österreichischen Organisationen bei weitem nicht alleine den Wiederaufbau. So hat etwa die ungarische Regierung zwei Millionen Euro für Telskof zur Verfügung gestellt. Auch japanische und französische Organisationen helfen.

religion.ORF.at/KAP

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