Ökumenischer Rat beging Jubiläum

Mit einem Dankgottesdienst in der Wiener Lutherischen Stadtkirche am Mittwochabend hat der Ökumenische Rat der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ) sein 60-Jahr-Jubiläum begangen.

Dem Gottesdienst standen der reformierte Landessuperintendent und ÖRKÖ-Vorsitzende Thomas Hennefeld, der Linzer Diözesanbischof Manfred Scheuer, die lutherische Oberkirchenrätin Ingrid Bachler, der rumänisch-orthodoxe Bischofsvikar Nicolae Dura und der lutherische Altbischof Herwig Sturm vor. In seiner Predigt rief Superintendent Hennefeld auf, nicht in Zufriedenheit stehenzubleiben, denn Christen hätten im biblischen Verständnis „hier keine bleibende Stadt“. Er forderte auch auf, das Nichtvorhandensein totaler Harmonie zwischen den Kirchen positiv zu sehen.

Die christliche Gemeinde lebe zwar in endzeitlicher Hoffnung, „sie wartet auf die Wiederkunft Christi, aber die Gegenwart ist für die Gemeinde kein Wartezustand, keine Schockstarre, aus der sie hoffen, wie durch einen Zauberspruch befreit zu werden“, sondern die Befreiung geschehe unterwegs, in der Gestaltung dieser Welt.

Kirche „durch Unterschiede geprägt“

Das Ostergeschehen und dann vor allem das Pfingstereignis hätten dazu geführt, dass Kirche entstanden sei, so Hennefeld. Sie sei von Anfang an durch Unterschiede geprägt gewesen: „Die totale Harmonie in der christlichen Kirche hat es nie gegeben. Das war immer eine Chimäre. Schon im Apostelkonzil hat sich gezeigt, wie gegensätzlich die christliche Gemeinde gedacht hat. Und erst als Kirchen gegründet wurden, als die Christen sich verabschiedet haben vom Gedanken der Parusie, der baldigen Wiederkunft Christi, ist jede ihren Weg gegangen. Und doch ist unser Fundament dasselbe Jesus Christus. Und in Christus sind wir vereint.“

Die Kirche Jesu könne als ein Haus mit vielen Wohnungen beschrieben werden, „jede Kirche in einer Wohnung, und alle zusammen, bilden eine Hausgemeinschaft. Oft genug ging es in der Geschichte wie bei so manchen Hausversammlungen zu, bei denen nicht Eintracht und Geschwisterlichkeit vorherrschen, sondern Streit und Intrige dominieren. Da hat jeder seine Interessen, die er auch durchsetzen will, auch auf Kosten anderer.“

Über Jahrhunderte hätten die einen die anderen nicht dulden wollen, „haben ihnen das Leben schwer gemacht oder sind gewaltsam in die Wohnungen der anderen eingedrungen, haben alles kurz und klein geschlagen und die Bewohner abgemurkst, oft im Namen Jesu Christi“, sagte der Superintendent im Blick auf die Konfessions- und Religionskriege.

„Bewohner in Brand gesetzt und getötet“

Manchmal hätten Bewohner „in die eigenen Wohnungen neue Wände eingezogen, weil sie den anderen nicht mehr aushielten“. Und, schlimmer, „manchmal haben sich die Bewohner des Hauses auf andere Häuser Gottes gestürzt, haben andere Häuser in Brand gesetzt und die Bewohner getötet. Daran denke ich besonders in diesen Monaten, nachdem das NS-Schreckensregime sich vor 80 Jahren etabliert hat und wir in wenigen Wochen den 80. Jahrestag der Pogromnacht begehen“.

Aus den Erfahrungen heraus sei ein „neues Haus der Gemeinschaft“ gebaut worden. Auch in Österreich habe sich diese ökumenische Gemeinschaft gebildet, „am Anfang waren es nur wenige Kirchen“. Schließlich sei die große orthodoxe Familie und dann auch die Römisch-katholische Kirche hinzugekommen. Jeder habe seine Wohnung, und Bewohner der einen Wohnung besuchten die andere. „Aber es gibt auch einen Gemeinschaftsraum, in dem sich alle treffen können. Und es haben die Bewohner in ihren eigenen Wohnungen Sorgen und Ängste. Es gilt Vergangenes aufzuarbeiten und Spaltungen zu vermeiden“, so Hennefeld.

Existenz des Unterwegsseins

Christen seien aber nicht nur Wohnungsbewohner, sondern auch Pilger, Fremde in dieser Welt, und dies symbolisiere sich u. a. im Ökumenischen Zentrum in Genf. Dort gebe es eine Kapelle in Zeltform. Sie drücke aus, dass die christliche Existenz eher eine Existenz des Unterwegsseins ist und nicht des Städte- und Häuserbaus.

In diesem Zusammenhang nannte Hennefeld auch die Sorge um die Geflüchteten: „Christen müssten sich eher identifizieren mit dem fahrenden Volk, mit nomadisch lebenden Menschen, mit wandernden und flüchtenden Menschen als mit den Sesshaften und Situierten.“ Dem anderen eine Stätte zu bereiten, für den Bedürftigen zu sorgen, dem Obdachlosen eine Bleibe zu verschaffen, dem Schutzlosen Schutz und Sicherheit zu geben, sei der Auftrag.

Der ÖRKÖ stehe für diesen Auftrag und und habe mehrfach klar gesprochen, etwa mit dem Sozialwort und mit der Fortsetzung, dem Dokument über Solidarische Gemeinde. „Wer das ernst nimmt, wer sich daran orientiert, der wird keine Zweifel haben, wo die christlichen Kirchen stehen: auf der Seite der Schwachen und Armen, der Verfolgten und Notleidenden. Und er ist gut beraten, diesen Weg weiter zu gehen in dieser unübersichtlichen und zerfahrenen Welt, die so bedroht ist. In dieser geschwisterlichen Zusammenarbeit kann etwas spürbar werden von der Einheit in aller Vielfalt und Buntheit und doch sichtbar als eine Kirche Jesu Christi“, betonte der Superintendent.

Gemeinsame und tragfähige Basis

Der Ökumenische Rat der Kirchen ist ein Gremium, in dem christliche Kirchen zusammenkommen, um Themen zu beraten, die alle gemeinsam betreffen; etwa den Religionsunterricht oder generell das Verhältnis von Kirche und Staat. Er ist zudem die Stimme, mit der die Kirchen dann sprechen, wenn deutlich zum Ausdruck kommen soll, dass trotz aller konfessioneller Unterschiede und Kontroversen die christlichen Kirchen durch eine gemeinsame und tragfähige Basis verbunden sind.

Dem vor 60 Jahren gegründeten ÖRKÖ gehörten anfänglich Altkatholiken, Lutheraner, Reformierte und Methodisten. Die offizielle Gründungsversammlung fand am 12. Dezember 1958 in Wien statt. Aus den anfangs vier Kirchen wurden bis heute 16 Vollmitglieder, darunter auch - anders als beim Weltkirchenrat - die römisch-katholische Kirche. Sie ist seit 1994 Vollmitglied.

Auch Religionsunterricht Thema

Der Ökumenische Rat der Kirchen ist ein Gremium, in dem christliche Kirchen zusammenkommen, um Themen zu beraten, die alle gemeinsam betreffen; etwa den Religionsunterricht oder generell das Verhältnis von Kirche und Staat. Er ist zudem die Stimme, mit der die Kirchen dann sprechen, wenn deutlich zum Ausdruck kommen soll, dass trotz aller konfessioneller Unterschiede und Kontroversen die christlichen Kirchen durch eine gemeinsame und tragfähige Basis verbunden sind. Zahlreiche Institutionen bzw. Organisationen besitzen Beobachterstatus.

Die ÖRKÖ-Vollversammlung tritt üblicherweise zwei Mal im Jahr zusammen. Dazwischen führt der Vorstand - der jeweils auf drei Jahre bestellt wird - die Geschäfte. Vorsitzender des Ökumenischen Rates ist seit 1. Jänner 2017 Landessuperintendent Hennefeld.

religion.ORF.at/KAP

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