Papst nahm Rücktritt von US-Kardinal Wuerl an

Der Papst hat den Rücktritt des umstrittenen katholischen Erzbischofs von Washington, Kardinal Donald Wuerl, angenommen. Das teilte der Vatikan am Freitag mit.

Ein Nachfolger wurde noch nicht ernannt. Offenbar soll der 77-Jährige die US-Hauptstadt-Erzdiözese bis auf weiteres als Administrator leiten, wie US-Medien berichten. Kardinal Wuerl war in den vergangenen Wochen massiv unter Druck geraten, weil er in seiner Zeit als Bischof von Pittsburgh (1988-2006) an der Vertuschung von Missbrauchsfällen innerhalb des Klerus beteiligt gewesen sein soll.

Der Erzbischof von Washington, Kardinal Donald Wuerl

APA/AFP/Mandel Ngan

Kardinal Donald Wuerl

Die Generalstaatsanwaltschaft des US-Staates Pennsylvania hatte festgestellt, dass über sieben Jahrzehnte hinweg mehr als 300 Priester sich an über 1000 Kindern und Jugendlichen vergangen hatten. Die Kirchenoberen hatten nach Überzeugung der Ermittler teils trotz Kenntnis der Vorgänge nicht durchgegriffen. Die meisten Fälle sind strafrechtlich verjährt.

McCarricks Nachfolger

Zudem soll er von den sexuellen Vergehen seines Vorgängers in Washington, Theodore McCarrick (88), gewusst haben - was Wuerl bestreitet. Wuerl war 2006 als McCarricks Nachfolger zum Erzbischof der US-Hauptstadt sowie 2010 zum Kardinal ernannt worden. Bei einem jüngsten Treffen einer Delegation von US-Bischöfen mit dem Papst war Wuerl nicht dabei. Unter Leitung des Vorsitzenden der US-Bischofskonferenz, Kardinal Daniel DiNardo von Galveston-Houston, sprachen die Bischöfe im Vatikan mit dem Papst über Konsequenzen aus dem Pennsylvania-Bericht.

Laut Berichten von US-Medien war Wuerl bereits Ende August in den Vatikan gereist, um mit dem Papst über die Vertuschungsvorwürfe gegen ihn zu sprechen. Formal, wie vom Kirchenrecht für alle Diözesanbischöfe vorgesehen, hatte er seinen Amtsverzicht bereits mit Erreichen der Altersgrenze von 75 Jahren im November 2015 angeboten. Bisher hatte Franziskus ihn aber noch nicht angenommen, sondern Wuerl - wie häufig bei Leitern wichtiger Diözesen - weiter im Amt belassen.

Der am 12. November 1940 geborene Wuerl studierte in seiner Heimatstadt Pittsburgh und am Päpstlichen Nordamerika-Kolleg in Rom Theologie und Philosophie spricht sehr gut Latein. So eröffnete er 2012 die Bischofssynode im Vatikan mit einer lateinischen Rede.

Liberale Äußerungen zu Sexualmoral

International bekannt wurde Wuerl Ende 1985, als der Vatikan ihn zum Weihbischof in Seattle machte und ihm Aufgaben seines Erzbischofs Raymond Hunthausen übertrug. Wegen liberaler Äußerungen zu Sexualmoral und Friedenspolitik hatte Rom eine kirchliche Untersuchung gegen Hunthausen eingeleitet.

Wuerl sah sich zuletzt Rücktrittsforderungen aus dem Klerus und von Laien ausgesetzt. Der Streit ist auch Ausdruck eines Flügelkampfes innerhalb der katholischen Kirche der USA, der zwischen Anhängern von Papst Franziskus und Gegnern von dessen eher liberaler Linie, etwa im Umgang mit Homosexuellen, entbrannt ist. Wuerl gilt als Geistlicher, der die progressive Linie des Papstes unterstützt.

religion.ORF.at/APA/KAP

Mehr dazu: